Wilhelma Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart

Seltener Zuchterfolg im Giraffenhaus zum zweiten Mal geglückt

Erneuter Nachwuchs bei den bedrohten Okapis

Die ersten Lebenswochen verbringt der jüngste Okapi-Nachwuchs versteckt im Schutz des warmen Stallgebäudes.
Foto: Wilhelma Stuttgart / Inga Dauter

Mit großen Augen, noch ganz vorsichtig, lugt der jüngste Nachwuchs der Wilhelma aus seinem warmen
Strohbett. Gerade einmal zwei Wochen alt ist das Okapi-Jungtier, das am Dienstag, 4. Oktober, kurz vor 4 Uhr geboren wurde. Zum ersten Mal seit 2011 wachsen damit zwei kleine Okapis gleichzeitig im Zoologisch-Botanischen Garten in Stuttgart auf. Erst im März war Thamani, die Halbschwester des Neuzugangs, auf die Welt gekommen. Ein wichtiger Zuchterfolg für den Erhalt der seltenen Kurzhalsgiraffen, von denen nur noch etwa 10.000 bis 20.000 Tiere in den Regenwäldern der Demokratischen Republik Kongo leben.

In der Wilhelma gab es bereits 1989 den ersten Okapi-Nachwuchs. Bis heute folgten 14 erfolgreiche
Nachzuchten. Der Zoologisch-Botanische Garten ist einer von sechs Zoos in Deutschland, die diese
anspruchsvollen Waldbewohner halten. Gemeinsam mit anderen Einrichtungen in Europa beteiligt er sich
am Europäischen Erhaltungszuchtprogramm (EEP), um den Okapi-Bestand in menschlicher Obhut zu sichern. Damit die Population genetisch gesund bleibt, tauschen die Zoos untereinander Tiere aus. Daher kam Jamili, die Mutter des kleinen Okapi-Bullen, vor etwa zwei Jahren aus Köln nach Stuttgart. Für ist sie ist es der erste Nachwuchs. Die nächtliche Geburt und die ersten Tage hat sie trotz ihrer Unerfahrenheit vorbildlich gemeistert. „Sie war schon etwas nervös und wir haben natürlich sehr auf die beiden geachtet“, sagt Revierleiter Daniel Wenning. „Denn bei einem Erstgeborenen weiß die Kuh vielleicht noch nicht viel mit ihrem Kalb anzufangen oder lässt es nicht trinken, weil das Euter schmerzt. Als wir morgens zum Dienstbeginn kamen, lag der Kleine aber schon im Stall und wurde von Jamili umsorgt, so wie man es sich wünscht.“

Dicht beisammen sind Mutter und Kind die ersten Wochen aber nur wenige Stunden am Tag. Okapi-Kälber sind Ablieger und halten sich zunächst im Unterholz versteckt. In dieser Zeit haben sie noch keinen Eigengeruch und setzen keinen Kot ab, um nicht zur Beute von Raubtieren zu werden. Regelmäßig ruft die Mutter ihren Nachwuchs zu sich, um ihn zu säugen und mit ihrer langen, blauen Zunge zu säubern. Auch Jamili zeigt dieses natürliche Verhalten und darf ihre Ausflüge auf der Außenanlage mehrfach am Tag unterbrechen, um im Innenbereich nach ihrem Sohn zu schauen. Selbst nachts halten die beiden instinktiv Abstand und schlafen getrennt im warmen und geschützten Stall. Etwa vier bis sechs Wochen wird es noch dauern, bis der Jungbulle erste kleine Streifzüge unternimmt. Sollte sich der Winter mild zeigen, wird er dann auch die Außenanlage kennenlernen.

Mutter Jamili darf zwischen Außenanlage und Stall pendeln. Alle paar Stunden schaut sie nach ihrem Jungtier, um es zu säugen und zu umsorgen.
Foto: Wilhelma Stuttgart / Inga Dauter

Während der noch namenlose Okapi-Bulle in zwei bis drei Jahren hoffentlich selbst als Stammhalter zum
Erhalt seiner Art beitragen kann, fördert der Zoologisch-Botanische Garten auch seine wildlebenden
Artgenossen im kongolesischen Ituri-Tal. Mit Mitteln aus ihrem Artenschutzbudget finanziert die Wilhelma
unter anderem die Ausrüstung der Wildhüter im Okapi Wildlife Reserve, damit die scheuen Waldgiraffen
nicht nur in Zoos, sondern auch in ihrem natürlichen Lebensraum weiterhin eine Heimat haben.

Text: Wilhelma – Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart Foto: Wilhelma Stuttgart / Inga Dauter
21.10.2022

Unterstützung für die Wilhelma

Das Stage Apollo Theater übernimmt Tierpatenschaft für Kamelfohlen der Wilhelma Stuttgart

Urkundenübergabe mit Patentier: Im Namen des Stage Apollo Theaters besuchen die Hauptdarsteller aus Disneys ALADDIN Rita Sebeh (Jasmin) und Gonzalo Campos López (Aladdin) die Wilhelma und erhalten eine Patenurkunde von dem stellvertretenden Direktor Volker Grün.
Foto: Convensis GmbH

Stage Entertainment schafft erneut Synergien im Ländle: Nachdem der weltweit führende Musicalproduzent bereits im August die Organisation „Stille Not“ von Gudrun Nopper unterstützt hat, folgt nun eine Kooperation mit der Wilhelma Stuttgart. Augenzwinkernd passend zum Musical Disneys ALADDIN übernimmt das Stage Apollo Theater die Tierpatenschaft für das Kamelfohlen Chris. Die Geburt des kleinen Kamelhengsts war eine der Sensationen des Jahres in der Wilhelma. Nach 13 Jahren wurde erstmals wieder ein Kamelfohlen im Zoologisch-Botanischen Garten Stuttgart geboren: Bei eisigen Temperaturen brachte Stute Chiara den Hengst am 01. April 2022 zur Welt, der von den Tierpflegerinnen und -pflegern und Besucherinnen und Besuchern sofort ins Herz geschlossen wurde. Auch die Stage Entertainment freut sich sehr über die seltene Geburt des Fohlens – und unterstützt dieses mit einer Patenschaft des Stage Apollo Theaters.

Die Hauptdarsteller aus Disneys ALADDIN Rita Sebeh (Jasmin) und Gonzalo Campos López (Aladdin) gemeinsam mit Kamelfohlen Chris
Foto: Convensis GmbH

Am 04. Oktober tritt die Tierpatenschaft offiziell in Kraft. Im Namen des Stage Apollo Theaters besuchen die Hauptdarsteller aus Disneys ALADDIN Rita Sebeh (Jasmin) und Gonzalo Campos López (Aladdin) das Fohlen in der Wilhelma und erhalten eine Patenurkunde von dem stellvertretenden Direktor Volker Grün. „Die Unterstützung des Stage Apollo Theaters mit einer Tierpatenschaft für unser Kamelfohlen bedeutet für die Wilhelma Stuttgart sehr viel. Die Spenden werden zu 100 % für das Wohlergehen der Tiere genutzt, z.B. in Form von Beschäftigungsmaterialien oder zur Aufrüstung der Anlagen. So konnten wir bereits eine mediterrane Anlage für unsere Griechischen Landschildkröten schaffen und den Bau des Hauses für Kleinsäuger, Vögel und Fleischfressende Pflanzen mitfinanzieren“, sagt Volker Grün. Dass sich Institutionen gegenseitig unterstützen und Kräfte bündeln, ist für die Stage Entertainment und ihre Theater eine Selbstverständlichkeit. Dieses Engagement leben auch die Stage Casts, die sich ebenfalls regelmäßig für vielfältige Projekte einsetzen.

Rita Sebeh und Chris verstehen sich perfekt.
Foto: Convensis GmbH

„Wir freuen uns sehr, erneut mit der Wilhelma Stuttgart zu kooperieren“, ergänzt Stephan Jaekel,
Unternehmenssprecher von Stage Entertainment Germany. „Die Erhaltung der Artenvielfalt liegt uns sehr
am Herzen. Seit einigen Jahren unterstützen wir deshalb Artenschutzprojekte der Wilhelma Stuttgart. Viele unserer Musicals zeigen tierische Protagonisten, daher ist es für uns etwas Schönes, uns außerhalb des Theaters für Tiere zu engagieren.“ Die Tierpatenschaft für das Kamelfohlen ist nicht die erste von Stage Entertainment für ein Tier der Wilhelma. Bereits im Jahr 2015 übernahm das Musical TARZAN eine
Patenschaft für Primaten im zoologisch-botanischen Garten. Begleitend dazu organisierte Stage
Entertainment seinerzeit eine Wohltätigkeitsveranstaltung für Artenschutzprojekte der Wilhelma.

Text: Wilhelma – Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart Foto: Convensis GmbH
07.10.2022

Seltener Neuzugang im Aquarium

Die Seefledermaus: Wenn ein Fisch auf seinen Flossen läuft

Selten gehalten und eigentümlich anzusehen: Die Seefledermaus. Sie schwimmt selten, sondern läuft mit ihren abstehenden Brust- und Bauchflossen über den Meeresboden.
Foto: Wilhelma Stuttgart

Ganz am Ende eines Ausflugs in das Aquarium, im letzten Becken vor dem Ausgang, erwartet die Gäste der Wilhelma seit neustem eine echte Rarität. Zwischen karibischen Riff-Fischen schwimmt dort seit Anfang September eine Seefledermaus, die nur selten in Zoos zu sehen ist. Im Zoologisch-Botanischen Garten in Stuttgart wird dieser ungewöhnliche Meeresbewohner nun erstmalig gehalten, was auch bei den erfahrenen Tierpflegerinnen und Tierpflegern der Wilhelma für neue Erkenntnisse sorgt.

„Da wir mit Seefledermäusen noch keine Erfahrung haben, ist es besonders spannend zu beobachten, wie
sich der Fisch bei uns verhält“, erklärt Revierleiter Matthias Schierle. „Sie sind nicht ganz einfach zu halten
und etwas heikel, wenn man sie an neues Futter gewöhnen möchte. Daher war unser Exemplar die ersten
drei Monate zur Eingewöhnung hinter den Kulissen.“ Dort wurde zunächst probiert, was der Seefledermaus am besten schmeckt. Als spezialisierte Jägerin stehen kleine Fische, Muscheln oder Schnecken auf ihrem Speiseplan. In der Wilhelma fiel die Wahl schließlich auf Sandgarnelen, die alle zwei Tage im Becken verstreut werden. Beobachtet man den Fisch dabei, wie er seiner Beute nachstellt, wird schnell klar: Die Seefledermaus ist keine besonders gute Schwimmerin. Stattdessen stolziert sie vorwiegend auf ihren stielartigen Brust- und Bauchflossen etwas ungelenk über den Meeresboden. Hat sie sich fast in Zeitlupe nah genug an ihr Opfer herangeschlichen, öffnet sie blitzartig das Maul und saugt ihre Beute regelrecht ein. Die modifizierten Flossen sind typisch für Seefledermäuse, die zur Ordnung der Armflosser zählen. An die breiten, abgeflachten, oft stacheligen Körper schließen sich schmale Schwänze an, was den Tieren insgesamt ein bizarres Aussehen verleiht. Verbreitet sind die verschiedenen Arten weltweit in tropischen und subtropischen Gewässern, abgesehen vom Mittelmeer.

„Weil die Seefledermäuse die Möglichkeit der besonderen Fortbewegung zum Jagen brauchen, ist ein
Sandboden wichtig für die Haltung“, erläutert Matthias Schierle. „Wir haben unser Becken sogar speziell für diese Art neu eingerichtet und passende Mitbewohner ausgesucht.“ Kuba-Schweinslippfisch, Königs-
Feenbarsch und Zwergkaiserfisch sind beispielsweise als Gesellschafter im Karibikbecken unterwegs. Mit der leuchtend gelben, blauen und roten Farbenpracht der anderen Riff-Fische kann die Seefledermaus allerdings nicht mithalten. Sie nutzt lieber den körnigen Untergrund, um möglichst wenig aufzufallen. Wer genau hinschaut, kann sie aber mit etwas Glück bei der Garnelenpirsch beobachten.

Wilhelma – Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart
28.09.2022

Pflanzensammlung überrascht durch besondere Formen und Farben

Chili-Schau lockt nicht nur Schärfe-Fans in die Wilhelma

Trotz ihres für Chilis charakteristischen Aussehens ist die Capsicum annuum „Medusa“ mit dem Schärfegrad 0 sehr mild.
Foto: Wilhelma Stuttgart / Sabine Tomas

In der Wilhelma ist die Chili-Saison eröffnet. Besucherinnen und Besucher können im historischen Wintergarten des Zoologisch-Botanischen Gartens in Stuttgart die ganze Vielfalt der beliebten Früchte erleben. Von der schärfsten Chili der Welt, „Carolina Reaper“ genannt, bis zu den Capsicum pubescense, die ihre Besonderheit im Inneren verbergen, gibt es nicht nur Wissenswertes über diese Nachtschattengewächse zu lernen, sondern auch eine Farbenpracht und Formenvielfalt der Paprikapflanzen zu bestaunen. Capsicum pubescense sind dabei die einzigen Chilis mit schwarzen Samen. Über 100 Sorten aus neun Arten, darunter sechs Wildarten, erwarten Interessierte nun bis Mitte Oktober bei ihrem Gang durch die historische Gewächshauszeile der Wilhelma. Eine Zusammenstellung von weltweit aus Chilis hergestellten Produkten wie Chili-Schokolade oder Chili-Zahnpasta ergänzen den Rundgang durch die Welt dieser Gewürzpflanze.

Die Chili-Schau im historischen Wintergarten der Wilhelma lockt mit einer bunten Vielfalt an Gewächsen.
Foto: Wilhelma Stuttgart / Sabine Tomas

Im allgemeinen Sprachgebrauch wird die Frucht der Chili-Pflanze als Schote bezeichnet. Das ist nur eines von vielen Missverständnissen, die die Chili umgeben. Bei der Frucht handelt es sich botanisch eigentlich um eine Beere, nicht um eine Schote. Schon der Weg des Paprikagewächses nach Europa war von falschen Annahmen geprägt. Christoph Kolumbus war es, der die Pflanze aus Südamerika auf die iberische Halbinsel brachte. Da er davon ausging, einen Seeweg nach Indien entdeckt zu haben, verortete er die Heimatregion der Chili in Asien. Diese Fehleinschätzung hat sich bis heute in der Namensgebung mancher Arten erhalten. So spricht man beispielsweise von Capsicum chinense, obwohl die Pflanze nicht in China, sondern in Südamerika heimisch ist. Die Wildformen der Chili haben kleine, rote und runde Früchte, die nach oben wachsen. So können sie von Vögeln gut gesehen und leicht abgepflückt werden. Im Gegensatz zu Säugetieren spüren diese die Schärfe nicht. Bei Säugetieren löst das in Chilis enthaltene Capsaicin ein Schmerzempfinden aus, indem es ein bestimmtes Rezeptorprotein stimuliert. Vögeln wiederum fehlt ein Proteinsegment, weshalb sie diesen Schmerz nicht spüren. Sie scheiden die Samen der Früchte andernorts unbeirrt wieder aus und tragen so zur Verbreitung und zum Fortbestand der Wildformen bei.

Capsicum chinense „Carolina Reaper“ gilt als schärfste Chili der Welt.
Foto: Wilhelma Stuttgart / Sabine Tomas

Die Farben- und Formenvielfalt, die sich von langen, dünnen Streifen bis zu rundlichen, tomatenähnlichen
Früchten erstreckt und von Schwarz über Violett bis zu den bekannten Farben Rot, Orange und Grün reicht, ist das Ergebnis von Züchtungen. Auch die extreme Schärfe, die bei einigen Exemplaren mittlerweile die Scoville-Skala, mit der Schärfe gemessen wird, sprengt, ist das Ergebnis jahrelanger Züchtungen. Chili-Expertin Fenja Baumgärtner, die sich in der Wilhelma um die Anzucht und Pflege der vielfältigen Gewächse kümmert, fasziniert weniger die Schärfe als der enorme Formenschatz und die Farbvielfalt, die sich in den Blüten und Früchten der Chili-Pflanzen wiederfinden. Ihr Wissen und ihre jahrelange Erfahrung in der Betreuung der zur Gattung Capsicum gehörenden Gewächse gibt sie gerne an Auszubildende weiter.

Die Capsicum chinense „Fidalgo Roxa“ besticht durch ihre violette Färbung.
Foto: Wilhelma Stuttgart / Sabine Tomas

Text: Wilhelma – Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart Foto: Wilhelma Stuttgart / Sabine Tomas
09.09.2022

Hauptblütezeit im Maurischen Garten

Warmer Sommer lässt tropische Seerosen kräftig aufblühen

Die Victorien bilden als Riesenseerosen wagenradgroße Blätter rund um ihre Blüten aus.
Foto: Wilhelma

Da kann der Sommer noch so heiß sein: Zu warm wird es den tropischen Seerosen nie. Die Gärtnerinnen und Gärtner, die sie in der Wilhelma pflegen, kommen tüchtig ins Schwitzen, wenn sie die Wasserpflanzen bis zum Oberkörper eingetaucht pflegen. Doch die Seerosen gedeihen in warmem Wasser und bei kräftigem Sonnenschein besonders gut. Trockenheit wäre für die Nymphaea ein Problem, doch mit seiner eigenen Quelle hat der Zoologisch-Botanische Garten in Stuttgart kein Nachschubproblem für das 650 Quadratmeter große Becken inmitten des Maurischen Gartens.

Während die Seerosen ihre Blätter auf der Wasseroberfläche ablegen, ragen die Lotosblumen weit darüber
hinaus.
Foto: Wilhelma Stuttgart

Hier vor der exotischen Kulisse der historischen Gebäude im orientalischen Stil haben rund 40 Arten und
Sorten dieser Naturschönheiten ihre volle Pracht entfaltet, umrahmt von Lotosblumen, die hoch über die
sacht plätschernden Wellen hinausragen, die eine kleine Fontäne in Bewegung hält. Bis Ende September
zeigen sie ihre größte Opulenz. Den Wasserspiegel bedecken hier wagenradgroß riesige Blätter der Victorien, die sich ringförmig anordnen – dort schmücken Gruppen zierlicher Blüten den Teich mit einer breiten Palette von Farben. Mit einem Blick für Optik und Tagesverlauf zugleich arrangiert wachsen Nachtblüher, die bis in den Vormittag mit oft weißen oder rötlichen Tönen locken, neben Tagblühern, die mittags und nachmittags gelbes und blaues Kolorit hinzufügen. Freude daran haben nicht nur die auf den Parkbänken verweilenden Menschen, sondern auch Bienen, Wasserläufer, Libellen und Teichhühner nutzen das Idyll als Lebensraum.

Rund 40 Arten und Sorten von tropischen Seerosen sind in dem Becken arrangiert.
Foto: Wilhelma Stuttgart

Die Blüten halten keinen ganzen Sommer. In vielen Wachstumszyklen erneuern sich die Seerosen regelmäßig. Die großen Wildformen der Victoria amazonica und Victoria cruziana, die der einstige Hausherr König Wilhelm I. von Württemberg in einem der Gewächshäuser schon seit 1851 gezüchtet hatte, bekommen zum Beispiel pro Woche zwei bis drei neue Blätter und fast immer eine einzelne Blüte, die sich jeweils nur kurz öffnet. In der Mitte des eindrucksvollen Blätterrings öffnet diese an einem Tag ganz in Weiß ihre weiblichen Bestandteile, tags darauf in helles Rosé getaucht zeigt sie ihre männliche Seite. So verhindert die Pflanze, dass sie sich selbst bestäubt.

Auch Bienen, Wasserläufer, Libellen und Teichhühner nutzen das Idyll als Lebensraum.
Foto: Wilhelma

Wilhelma – Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart
31.08.2022

Lange Ohren und gestreifte Beine

Drolliger Nachwuchs bei hoch bedrohten Somali-Wildeseln

Nachwuchs bei den seltenen Somali-Wildeseln in der Wilhelma in Stuttgart. Seit kurzem ist das Fohlen draußen zu sehen.

Toben, schlafen, trinken – das sind im Moment die wichtigsten Dinge im jungen Leben des kleinen Somali-Wildesels der Wilhelma. Knapp drei Wochen alt ist der kleine Hengst, der im Zoologisch-Botanischen Garten in Stuttgart behütet und umsorgt heranwachsen kann. Für den Erhalt seiner Art ist der Jungspund ein echter Schatz, denn der Somali-Wildesel gehört zu den am stärksten bedrohten Säugetieren weltweit.

Diese letzte überlebende Unterart des Afrikanischen Wildesels besiedelte ursprünglich weite Teile Ostafrikas, heute beschränkt sich das Verbreitungsgebiet nur noch auf die Savannen und Halbwüsten Somalias, Eritreas und Äthiopiens. Trockene Gräser, dornige Büsche und steinige Hänge prägen den Lebensraum der genügsamen Esel, die sogar einige Tage ohne Wasser auskommen können. Ihre größte Bedrohung ist – wie so oft – der Mensch: Die Wildesel werden für ihr Fleisch gejagt und müssen mit den Nutztieren der Bevölkerung um Wasser und Weideland konkurrieren. Der Bestand wird auf maximal 600 Tiere geschätzt, womit der Somali-Wildesel unmittelbar an der Schwelle zum Aussterben steht. Umso wichtiger ist die koordinierte Zucht in den Zoos, die für die Sicherung bedrohter Arten eng zusammenarbeiten. Um eine stabile, gesunde Population zu erhalten, gibt es für die Somali-Wildesel ein Internationales Zuchtbuch und ein Europäisches Erhaltungszuchtprogramm, an dem sich seit 1980 auch die Wilhelma in Stuttgart beteiligt. 200 der seltenen Esel leben in zoologischen Einrichtungen weltweit. Fast alle davon stammen über mehrere Generationen von Wildfängen ab, die in den 1970er Jahren nach Basel und Israel importiert wurden.

Der kleine Hengst, der am 16. Juli zur Welt kam und den Namen Robert erhielt, ist bereits das 14. Jungtier im Zoologisch-Botanischen Garten. Für Stute Sina war es nicht die erste Geburt, sie kümmert sich liebevoll und routiniert um ihren Sohn. Die erste Zeit durften die beiden noch im geschützten Stall und im Vorgehege verbringen, bevor es vergangene Woche zum ersten Mal auf die Außenanlage ging. „Zur Sicherheit haben wir den Wassergraben im Gehege zur Hälfte abgelassen“, berichtet Tierpfleger Jürgen Spetzler. „Wie alle unsere Fohlen ist der Kleine nämlich erstmal ins Wasserbecken geplumpst, konnte aber direkt wieder sicher stehen.“ Auch Mutter Sina behält ihr Jungtier gut im Blick und die anderen drei Stuten auf Abstand, sollten sie zu viel Interesse an dem Neuzugang zeigen. Veränderungen in der Herde sind schließlich selten, denn Herrenbesuch gibt es für die Damen nur im Frühjahr und Sommer. Wildeselhengste leben als Einzelgänger, häufig sogar in einem eigenen Territorium, das sie gegen Eindringlinge verteidigen. An der Erziehung ihrer Sprösslinge haben sie kein Interesse. Daher lebt Gigolo, der Vater des Fohlens, in der Regel auf dem Tennhof, der nicht-öffentlichen Außenstelle der Wilhelma.

Robert darf als festes Mitglied der Herde nun erst einmal in Ruhe seine Kindheit genießen und heranwachsen. „Bis zu anderthalb Jahre kann er bei uns und in der Gruppe bleiben“, erklärt Jürgen Spetzler. „Spätestens wenn er die Stuten decken möchte, müssen wir ihn natürlich trennen und an einen anderen Zoo vermitteln.“ Bis dahin ist aus dem Fohlen aber längst ein ausgewachsener Junghengst geworden, der sein eigenes Revier sicherlich zu schätzen wissen wird.

Wilhelma – Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart
03.08.2022

Wilhelma – Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart

IUCN-Mitgliedschaft als Zeichen gewachsener internationaler Bedeutung

Wilhelma in Weltnaturschutzunion aufgenommen

Die „Rote Liste“ weist auch Asiatische Elefanten als im Bestand „stark gefährdet“ aus. Diese Einstufung auf der bekannten IUCN-Skala zeigen Wilhelma-Direktor Dr. Thomas Kölpin, Finanzstaatssekretärin Dr. Gisela Splett und Stefanie Reska, Leiterin der Stabsstelle für Artenschutz und Umweltbildung der Wilhelma (von links).
Foto: Wilhelma Stuttgart

Die Wilhelma gewinnt im Engagement gegen das Artensterben international weiter an Bedeutung. Hierfür setzt sich der Zoologisch-Botanische Garten in Stuttgart seit einigen Jahren immer stärker ein. Aufgrund ihrer gewachsenen Rolle im weltweiten Einsatz für die Biodiversität ist die Wilhelma jetzt in die auf diesem Gebiet größte und renommierteste Vereinigung aufgenommen worden: die IUCN (International Union for Conser­vation of Nature), bekannt für die „Rote Liste“ der gefährdeten Arten. Die Aufnahme einer Einzeleinrichtung ist eher selten für die Weltnaturschutzunion, in der ansonsten in erster Linie staatliche Institutionen und große Nicht-Regierungs-Organisationen am Tisch sitzen. Um in diesen Kreis zu gelangen, wird die Unter­stützung von zwei aktuellen Mitgliedern und das Votum der IUCN-Versammlung benötigt.

„Natur- und Artenschutz dürfen nicht an Grenzen Halt machen. Ein globales Netzwerk kann die Umwelt und ihre Flora und Fauna effektiv schützen“, sagt Finanzstaatssekretärin Dr. Gisela Splett. „Die Wilhelma ist bei internationalen Kooperationen als wissenschaftlich geleitete Institution eine wichtige Partnerin mit Expertinnen und Experten aus Zoologie, Botanik und Tiermedizin.“ Als einer der artenreichsten Zoos und als Botanischer Garten könne der Landesbetrieb langjährige Erfahrung mit der Haltung, Zucht und Gesundheit vieler bedrohter Tierarten sowie der Pflege und Vermehrung seltener Pflanzenarten einbringen, so Splett.

Wilhelma-Direktor Dr. Thomas Kölpin sieht in der Mitgliedschaft einen wichtigen Schritt: „Die Aufnahme in die IUCN ist nicht nur ein Beleg unserer Reputation, sondern auch ein Türöffner, um uns in Zukunft ver­stärkter einbringen zu können. Diese Anerkennung zeigt das gewonnene Gewicht der Wilhelma und verleiht ihr noch mehr Gewicht.“ Ziel sei es, Forschung zu begleiten, Projekte zu beraten und Gelder zu generieren, um Programme für den Artenschutz „ex-situ“ und „in-situ“ voranzutreiben: also durch die Nachzucht von Reservepopulationen seltener Arten in menschlicher Obhut und den Erhalt ihrer Lebensräume in den Herkunftsregionen. Die Wilhelma hat ihr Engagement in den vergangenen Jahren immer weiter gesteigert und seit 2019 zirka 2,5 Millionen Euro in rund zwei Dutzend Artenschutzprojekte weltweit investiert, die bei Sonderaktionen der Stabsstelle für Artenschutz und Umweltbildung sowie durch den Artenschutz-Euro beim Kauf von Wilhelma-Eintrittskarten dafür gespendet wurden.

Mit ihren mehr als 1.400 Mitgliedsorganisationen in 170 Ländern analysiert die 1948 gegründete IUCN kontinuierlich die Entwicklung der Tierbestände und stuft deren Gefährdungsstatus ein. Sie beobachtet und kategorisiert  Schutzgebiete und koordiniert ein „Wissensnetzwerk“ aus zirka 16.000 Fachleuten, die sich in Kommissionen und Regionalkomitees sowie Spezialistengruppen zu bestimmten Arten austauschen. So arbeitet Wilhelma-Direktor Kölpin in der IUCN-Expertengruppe für Asiatische Elefanten mit.

Zudem publiziert sie zahlreiche Positionspapiere und hat maßgeblichen Anteil an der Entwicklung internationaler Standards im Umwelt- und Naturschutz, etwa für Auflagen bei dem Handel mit gefährdeten Arten. Bisherige Mitglieder aus Deutschland sind zum Beispiel das Bundesministerium für Umwelt und Naturschutz, das Bundesamt für Naturschutz und die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammen­arbeit sowie der WWF Deutschland und die Zoologische Gesellschaft für Arten- und Populationsschutz (ZGAP). Die Wilhelma ist nach Leipzig und Köln erst der dritte Zoo hierzulande, der Aufnahme in die Weltnaturschutz­union gefunden hat.

Wilhelma – Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart
10.05.2022

Wilhelma – Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart

Neue Tierarten in der Wilhelma

Tapire und Servale ermöglichen spannende Vergleiche

Zwei Flachland-Tapire sind auf der Südamerika-Anlage eingezogen. Foto: Wilhelma Stuttgart

Zwei zusätzliche Tierarten ergänzen neuerdings den vielseitigen Bestand der Wilhelma in Stuttgart. So sind jetzt erstmals Flachlandtapire zu beobachten, die größte Wildtierart Südamerikas. Und mit Servalen kehrt eine Kleinkatzenart nach elf Jahren Pause in den Zoologisch-Botanischen Garten zurück. „Diese Neuzugänge erlauben unseren Gästen spannende Vergleiche“, sagt Wilhelma-Direktor Dr. Thomas Kölpin. „Zum einen können sie die südamerikanischen Tapire und unsere asiatischen Schabrackentapiren mit ihrer markanten Schwarzweißfärbung im Kontrast betrachten. Und bei den Servalen zeigen sich natürliche starke Unterschiede zu unseren Großkatzen, wie Löwen und Jaguare.“

Untergekommen sind die Flachlandtapire im Südamerika-Bereich der Wilhelma in der Nähe von Brillenbären und Mähnenwölfen, Alpakas und Ameisenbären. In der Natur leben sie in der nördlichen Hälfte Südamerikas gleichermaßen in Feuchtgebieten und Sumpfwälder wie auch Savannen und Grasland. Sie erreichen bei den größeren Weibchen eine Schulterhöhe von knapp 1,20 Meter und ein Gewicht von an die 300 Kilo. Typisch ist der stark ausgeprägte Nackenkamm – und wie bei allen Tapiren der bewegliche Rüssel, der aus Nase und Oberlippe gebildet ist und zum Greifen genutzt wird. Anders als die Schabrackentapire ist ihr Fell dunkelbraun oder schwarzbraun. Nur die Kehle und der untere Teil des Gesichts sind grau. Über drei Jahrzehnte hat sich ihre Zahl um ein Drittel verringert. Daher gelten sie inzwischen als bedrohte Tierart. Die beiden Neuzugänge aus dem Zoo im ungarischen Veszprém sind der knapp 16-jährige Hermanek und seine Tochter Radir, die sieben Jahre und acht Monate alt ist.

Servale gab es zuletzt 2011 in der Wilhelma, danach ausschließlich größere Raubkatzen. Dass sie zoologisch zu den Kleinkatzen zählen, kann dabei irreführend wirken. Keine andere Katze hat im Verhältnis längere Beine. Ihr schlanker Körper kann auf eine Länge von gut 90 Zentimeter kommen: bei einer Schulterhöhe von an die 65 Zentimetern und einem Gewicht bis 15 Kilogramm. Auffällig sind die auf dem schmalen Kopf sehr hoch aufragenden Ohren. So sind Servale hervorragend an die Jagd von kleinen Nagetieren in hohem Gras angepasst. Kleine Vögel, Eidechsen, Schlangen und Frösche verschmähen sie ebenfalls nicht. So finden sie sich in fast allen Gebieten Afrikas bis in Höhen von 3000 Metern zurecht. Lediglich tropischen Regenwald und Wüste meiden sie. Südlich der Sahara sind sie weit verbreitet. Nördlich davon begrenzt sich ihr Vorkommen auf einen Streifen von Guinea an der Westküste bis Somalia im Osten.

Zur Eingewöhnung leben die neuenServale vorerst im Raubtierhaus. Foto: Wilhelma Stuttgart

Die beiden neuen Servale der Wilhelma sind noch sehr jung und erst im vergangenen Sommer geboren. Daher sind sie vorerst in benachbarten Gehegen getrennt untergebracht, damit sie sich zum vorsichtigen Kennenlernen zunächst nur sehen, riechen und hören können. Für den Anfang sind der Kater Nio aus dem Zoo Osnabrück und die Katze Duma aus Dvůr Králové in Tschechien in der Zeile der Raubtiere zwischen den Revieren der Löwen und Jaguaren anzutreffen. Im Laufe des Jahres entsteht für sie ein eigenes Gehege im Bereich der afrikanischen Arten in der Nähe von den Gorillas, Bonobos und Somali-Wildeseln.

Text: Wilhelma – Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart Foto: Wilhelma Stuttgart
29.04.2022

Doppelter Spaß für die Jüngsten

Tobender Tiernachwuchs und neuer Wasserspielplatz für Kinder

Toben will der Nachwuchs: ob bei Mensch oder Tier. Aktuell bietet die Wilhelma in Stuttgart beides mit vielen Geburten auf dem Schaubauernhof und einer Erweiterung des Amazonienspielplatzes. In den Osterferien ist das Streichelgehege einer der wichtigsten Anlaufpunkte für Familien. Denn rund um die Feiertage kamen bei den Kamerunschafen, Skudden und Afrikanischen Zwergziegen gleich 19 Jungtiere zur Welt. Vielleicht werden die zwei Dutzend noch voll, denn weitere Mutterschafe und Geißen sind trächtig.

Eine Besonderheit in diesem Jahr ist das allererste Lamm bei den Border-Leicester-Schafen. Die ulkig anzusehende Rasse mit den senkrecht aufragenden Ohren ist erst seit gut einem Jahr im Bestand des Zoologisch-Botanischen Gartens. Auch für das junge Muttertier ist es ein Erstling. Da das Kleine nicht bei ihr trinkt, müssen die Pflegerinnen und Pfleger es mit der Flasche aufziehen. Mit etwas krummen Beinen springt es noch nicht so sicher umher wie die anderen Sprösslinge, die ihre Kräfte testen und miteinander messen, aber es wird immer kräftiger.

Kinder können nicht nur den Lämmern und Zicklein beim Herumtollen zusehen, sondern haben jetzt eine zusätzliche Möglichkeit, sich selbst auszutoben. Passend zu der sonnigen Jahreszeit hat die Wilhelma auf dem Hauptspielplatz vor dem Amazonienhaus den Wasserspielbereich erweitert. Auf den 1000 Quadratmetern warten neben Kletteranlage, Rutschen, Schaukeln und Labyrinth nun neue Spielgeräte für die Wasserratten unter den Mädchen und Jungen. Mit einer Archimedischen Spirale können sie Wasser nach oben kurbeln und herabfließen lassen. Wassertische mit Staustufen und Weichen laden zum Experimentieren ein und Pumpen sorgen für ein spritziges Vergnügen und auch Abkühlung an heißen Tagen. Die Kinder haben hier die Möglichkeit, die in dem nahgelegenen Amazonienhaus gewonnenen Eindrücke gemeinsam in tatkräftige Energie umzuwandeln und ihre Fantasie so weiter zu beflügeln. Dabei steht in dem neuen Wasserbereich das Miteinander im Vordergrund. Während die einen kurbeln und pumpen, öffnen oder schließen andere zum Beispiel eine Schleuse. Das geht am besten gemeinsam.

Text: Wilhelma – Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart Foto: Wilhelma Stuttgart
22.04.2022

Wilhelma – Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart

Ruhestand nach 47 Jahren Wilhelma / Überraschung zum Abschied

„Crocodile Harry“ hinterlässt großen Eindruck

Harry Aberle bringt mit Frederick, das größte Krokodil Deutschlands, zum Springen.
Foto: Harald Löffler / Eye-of-the-Tiger

„Jeder Tag kann mein letzter sein“, ist das Credo von Harry Aberle, dem Spezialisten in der Wilhelma für die gefährlichsten Krokodile mit einer Beißkraft von einer Tonne und die größte Giftspritze unter den Schlangen, die Gabunviper. An Ostern ist nun sein letzter Tag gekommen im Zoologisch-Botanischen Garten in Stuttgart: nach 47 Jahren. Dass der 64-Jährige den Ruhestand überhaupt erreicht, verdankt er seinem umsichtigen Umgang mit den ihm anvertrauten Tieren aller Arten. „Routine ist Segen und Fluch zugleich“, weiß er. Bei gefährlichen Tiere entscheiden Kleinigkeiten: Jeder Griff muss sitzen, tausend Mal, ohne gedankenlos zu werden. Seine zupackende Art war Triebfeder und Lebensversicherung einer außergewöhnlichen Laufbahn.

International bekannt ist er dafür, dass er Tong, dem weißen Leistenkrokodil, in jahrelangem Training das Springen beigebracht hat. In der Natur schnappen sich die Panzerechsen so Vögel, Reptilien oder Säugetiere, die auf Ästen über dem Fluss sitzen. Eine öffentliche Fütterung dieser Art gibt es in Europa kein zweites Mal.

Aberle leitet das Tierpflege-Team im Terrarium, das rund 100 Arten von Reptilien und Amphibien hütet: von Krokodilen und Schlangen über verschiedenste Echsen und Schildkröten bis zu Fröschen. Zum Abschied hat er eine Überraschung parat: „Freddy. Freddy, komm!“ Sein lautes Kommando verhallt. Wenn der Revierleiter ruft, springt kein Azubi. Dafür kommt im Wasser Bewegung auf. Gut getarnt, wie aus dem Nichts, gleitet Frederick heran: das größte Krokodil Deutschlands. Aufs Wort wuchtet der Koloss ohne jeden Anlauf seine 520 Kilo bis zu den Hinterbeinen aus dem Wasser und schnappt mit seinen 64 Zähnen nach dem Huhn in der Hand des Pflegers hoch über ihm. Doch während das mehr als 4,30 Meter lange Leistenkrokodil wieder ins Wasser kracht, klatscht niemand. Diese Fütterung von Frederick vor Publikum zu probieren, wäre selbst „Crocodile Harry“ zu heikel. Sein jüngster Erfolg als Krokodilflüsterer, den er mit dem riesigen Bullen anfangs nicht für möglich hielt, erfüllt ihn mit Stolz, doch ein Hasardeur ist er nicht. So ließ der angehende Ruheständler die rekordverdächtige Aktion kurz vor seinem Ausscheiden zunächst nur von der Kamera für die Nachwelt festhalten.

„Die Wilhelma hat rund 100 Tierpflegerinnen und -pfleger, die eine super Arbeit machen, aber Harry Aberle ist ein Unikat“, sagt Direktor Dr. Thomas Kölpin. „Er hat nicht nur mit großer Energie über Jahrzehnte an der Weiterentwicklung des Terrariums mitgearbeitet. Als Dienst an der Allgemeinheit hat er sein Fachwissen auch nach außen getragen, um Polizei und Feuerwehr zu schulen, wie sie richtig reagieren, falls sie bei einem Einsatz unerwartet auf potenziell gefährliche Reptilien oder Spinnen stoßen.“ Im Zweifel ist er auf Anruf der Blaulicht-Fraktion zu jeder Tages- oder Nachtzeit selbst ausgerückt, um in Amtshilfe Tiere mit null bis acht Beinen sicher einzufangen oder deren Art zu bestimmen.

„Nicht zuletzt durch seine unterhaltsame Art hat Harry Aberle einen enormen Wiedererkennungswert gewonnen“, meint Kölpin. „Über die Zoo-Dokuserien im Fernsehen ist er zu einem Markenzeichen der Wilhelma geworden, das frei Schnauze spricht. Eine große Klappe soll ihm als Krokodilpfleger gestattet sein.“

In und für die Wilhelma gelebt, hat der Vaihinger gefühlt eigentlich schon immer. Denn als der kleine Harry Laufen lernte, machte er seine ersten eigenen Schritte in der Wilhelma „vor den Flamingos“, so berichteten ihm seine Eltern. In der Schule antwortete er auf die Frage, was er einmal werden möchte, schon damals: Pfleger in der Wilhelma. Sein Lehrer erwiderte wenig pädagogisch: „Auf Dich haben die gerade noch gewartet.“ Obwohl die Stellen in der Zootierpflege äußerst begehrt sind und die Wilhelma teilweise hundert Mal mehr Bewerbungen erhält als sie Ausbildungsplätze hat, machte Aberle seinen Weg. Nach einem Schulpraktikum 1972 begann er 1975 seine Lehre, und arbeitete danach bis 1989 im Aquarium, bevor er zu seinen geliebten Reptilien gewechselt ist. Seit 2015 ist er Revierleiter im Terrarium.

Harry Aberle war über Jahrzehnte der Wilhelma-Spezialist für Giftschlangen, wie diese als Brillenschlange bekannte Kobra.
Foto: Harald Löffler / Eye-of-the-Tiger

„Eine hemmungslose Begeisterung für das Terrarium und die Wilhelma als Ganzes“, attestiert ihm Isabel Koch, die zoologische Kuratorin für den Bereich. „Tiere können ihn nicht aus der Ruhe bringen, aber es regt ihn auf, wenn irgendwo auf dem Gelände etwas nicht in Ordnung ist.“ So zeichnet ihn der Wille aus, immer noch etwas zu verbessern. Neben der Betreuung der Tiere bewies er ein Händchen für die Gestaltung der Gehege und Freude am Detail. „Auf seinen privaten Reisen durch die Weltgeschichte hat er sein gutes Auge für Landschaften und Proportionen geschult“, sagt Koch. „Zusammen mit seinem handwerklichen Geschick ist er für mich darin unerreicht, wenn es darum geht, große Landschaften und auch kleine Terrarien optisch ansprechend und artgerecht auszustatten.“ So hat er etwa im Taggecko-Gehege den Teil eines Gummibaums einer Kautschuk-Plantage nachgebaut. Dass ihm das täuschend echt gelungen ist, macht ihm heute noch eine diebische Freude: „Manche Besucher warten wirklich davor, ob der Milchsaft tropft“, erzählt Aberle.

Ein legendäres Tier, das er gepflegt hatte, war der „Große Weiße“: ein mächtiger Krokodilbulle, der nach seinem Tod im Jahr 2000 vom benachbarten Naturkundemuseum präpariert wurde. Die Wilhelma erhielt als Anschauungsmaterial für Schulklassen den Abguss eines seiner Hinterfüße. Typisch Aberle: Bei dem großen Umbau der Krokodilhalle 2006 war er es, der damit noch schnell in den frisch modellierten Boden Spuren prägte. So schuf er einen natürlicheren Anblick der Uferlandschaft und verewigte den „Großen Weißen“. Aberle hinterlässt selbst große Fußstapfen, wenn er an Ostern einen der wohl spektakulärsten Arbeitsplätze in Deutschland freimacht. Diesen neu zu besetzen, fällt nicht leicht. Bis 5. Mai läuft die Bewerbungsfrist.

Text: Wilhelma – Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart Foto: Harald Löffler / Eye-of-the-Tiger
12.04.2022

Erster Nachwuchs bei Trampeltieren seit 2009

Wintereinbruch: Kaltstart ins Leben für kleines Kamelfohlen

Ein Ereignis mit doppeltem Seltenheitswert für Stuttgart: Erstmals seit 13 Jahren haben die Trampeltiere in der Wilhelma Nachwuchs. Das Fohlen der auf Hitze und Trockenheit spezialisierten Wüstenbewohner kam ausgerechnet während des späten Wintereinbruchs Anfang April mit Frost und Schnee zur Welt. Mit der Geburt schließt sich ein Kreis im Zoologisch-Botanischen Garten. Die Stute Chiara war 2009 das letzte Trampeltier gewesen, das in der Wilhelma geboren wurde. Nun ist sie selbst die Mutter des ersten Jungtiers nach der längeren Pause.

Die neue Anlage für Asiatische Huftiere, die 2020 eröffnet wurde, bietet gute Voraussetzung für die Aufzucht. Anders als bei der früheren Koppel am Schaubauernhof, lassen sich hier Muttertier und Fohlen von dem Kamelhengst, aber auch den neuen Mitbewohnern, den Hausyaks, abtrennen, um damit sie in den ersten Tagen in Ruhe ihre Beziehung aufbauen können. Das ist bei Trampeltieren besonders wichtig, damit die Stute ihr Jungtier annimmt und säugt.

„Die ersten Stunden sind entscheidend, bis das Neugeborene bei der Mutter trinkt“, sagt Revierleiter Stephan Paspalaris. „Sonst versiegt die Milchproduktion.“ Als der kleine Hengst, der am 1. April gegen 7 Uhr geboren wurde, nach einigen Stunden noch etwas unbeholfen auf den Beinen stand, haben ihn die Tierpflegerinnen und -pfleger deshalb ans Euter geführt und angesetzt. „Zwei Portionen Milchersatz haben wir am Anfang zugefüttert, damit er schnell zu Kräften kommt“, berichtet Paspalaris. Seither klappt es und Chiara versorgt ihren Erstling selbstständig. Bei Kamelen ist die Muttermilch ein rechter Powerdrink, der sehr nahrhaft ist und viel Vitamin C enthält. Bereits nach drei Monaten haben sich so bei den Jungtieren die Fettspeicher in den beiden für Trampeltiere typischen Höckern auf dem Rücken gefüllt und aufgerichtet. Auch wenn sie rund ein dreiviertel Jahr gesäugt werden, nehmen die Fohlen schon nach wenigen Wochen auch festes Futter auf.

Hauskamele sind als widerstandsfähige Nutztiere, die Hitze wie Kälte trotzen und Trockenheit lange erdulden, in Grasländern, Halbwüsten und winterkalten Wüsten von Kleinasien bis in die Mandschurei sehr beliebt. Sie dienen seit rund 4500 Jahren als Reit- und Lasttiere und liefern Fleisch, Milch, Wolle, Leder und Dung als Brennstoff. Wildkamele sind hingegen sehr selten geworden. Derzeit geht man von einem Restbestand von weniger als 1000 Tieren aus, die noch in China und der Mongolei anzutreffen sind. Daher gilt das Wildkamel als vom Aussterben bedroht.

In der Wilhelma ist vermutlich auch die Stute Faya trächtig. Allerdings hat sie noch kein Euter gebildet. Es kann also bei ihr mit dem Nachwuchs noch dauern. Trampeltiere haben eine Tragzeit von 13 Monaten.

Wilhelma – Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart
08.04.2022

Wilhelma – Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart

Neubau für Kleinsäuger, Vögel und Insektivoren ist fertig

  • Finanzstaatssekretärin Gisela Splett: „Der Neubau bereichert die Artenvielfalt der Wilhelma um eine ganze Reihe von außergewöhnlichen Tier- und Pflanzenarten“
  • Wilhelma-Direktor Dr. Thomas Kölpin: „Wer glaubt, in der Wilhelma schon alles gesehen zu haben, wird hier viele weitere Facetten der Tier- und Pflanzenwelt entdecken“

Der Neubau für Kleinsäuger, Vögel und Insektivoren ist fertig gestellt. Finanzstaatssekretärin Gisela Splett hat am Mittwoch (13. April) den Neubau gemeinsam mit Wilhelma-Direktor Dr. Thomas Kölpin eröffnet.

Finanzstaatssekretärin Gisela Splett:
„Der Neubau bereichert die Artenvielfalt des Zoologisch-Botanischen Gartens in Stuttgart um eine ganze Reihe von außergewöhnlichen Tier- und Pflanzenarten. Die Gehege und Volieren sehen aus wie ein Ausschnitt der Natur in der Heimat der Tiere. Sie enthalten auch die Vegetation aus der jeweiligen Region. Das gibt den Tieren ein möglichst natürliches Umfeld. Und für die Gäste ist das Erlebnis umso einprägsamer.“

Direktor der Wilhelma Dr. Thomas Kölpin:
„Wer glaubt, in der Wilhelma schon alles gesehen zu haben, wird hier viele weitere Facetten der Tier- und Pflanzenwelt entdecken, die es lohnt, genauer zu beobachten.“

Anzutreffen sind zum Beispiel die Tamanduas, die mit ihren langen Krallen und einem Greifschwanz in den Bäumen klettern. Der Wegekuckuck, bekannt aus Comicfilmen als „Roadrunner“, erlegt seine Beute im Laufschritt und nimmt es selbst mit Schlangen und Vogelspinnen auf. Unterirdisch leben die unbehaarten Nacktmulle. Für die Wissenschaft sind sie zudem spannend, weil sie zum Beispiel ein extrem geringes Schmerzempfinden haben und nie an Krebs erkranken.

„Das zeigt, dass wir Menschen unglaublich viel von der Tier- und Pflanzenwelt lernen können, deren Fähigkeiten wir immer noch nicht ganz durchschauen“, betont Kölpin. „Umso wichtiger ist es, diese Artenvielfalt sichtbar zu machen, um mehr Unterstützung für ihren Schutz weltweit zu gewinnen.“

Im Neubau gibt es noch weitere Arten im Miniaturformat: etwa den Kleinkantschil, ein Zwerghirsch. Oder die Afrikanischen Zwergfalken, die kleinsten Falken der Welt. Für diese unterschiedlichen Tierarten haben die Gärtnerinnen und Gärtner das 620 Quadratmeter große Gebäude in zwei Zonen aufgeteilt: Die eine Hälfte ist als Regenwald bepflanzt, die andere als Savannenlandschaft. Die größte Besonderheit aus botanischer Sicht sind die Schaubeete für Insektivoren, die so genannten fleischfressenden Pflanzen. Bisher waren diese nur im Sommer auf den Subtropenterrassen zu sehen. Passend klimatisiert können sie nun erstmals das ganze Jahr über gezeigt werden.

Die verschiedensten Bedürfnisse an den Lebensraum unter einem Dach zu erfüllen, war für die Architekten eine Herausforderung. Es galt, eine Kombination aus Massivbauweise, und luftig-heller Gewächshaus-Konstruktion zu schaffen. Da sich die Innenluft an Scheiben stärker als an Wänden abkühlt, entsteht darin ein größeres Temperaturgefälle als in geschlossenen Häusern. Damit dadurch kein Luftzug entsteht, wirken dem Ventilatoren entgegen.

Die Gesamtkosten beliefen sich auf 3,2 Millionen Euro. Der Förderverein steuerte 200.000 Euro für die Gestaltung der Volieren bei. Die Gesellschaft für Fleischfressende Pflanzen im deutschsprachigen Raum brachte 10.000 Euro für die Insektivoren-Sammlung auf.

Sehen Sie hier einen Rundgang durch den Neubau:

Sehen Sie hier das Video zur Eröffnung:

Sehen Sie hier das Fotoalbum zum Neubau und der Eröffnung:

Sehen Sie hier Impressionen aus der Wilhelma Stuttgart:

Text: Gemeinsame Pressemeldung des Finanzministeriums Baden-Württemberg und Wilhelma Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart Foto: Speyer 24/7 News, jek & dak Video: Speyer 24/7 News, dak
13.04.2022

Wilhelma – Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart

Neuzugang und Nachwuchs bei den Robben

Nalu und Hollo vergrößern die Seelöwen-Familie der Wilhelma

Seelöwin Evi mit ihrem Jungtier Hollo, das dank der Muttermilch schnell wächst.
Foto: Wilhelma Stuttgart

Lautstark, intelligent und verspielt: Von den großen Lieblingen vieler Wilhelma-Fans gibt es statt drei nun fünf Tiere. Bei den Kalifornischen Seelöwen, die meist schon am Haupteingang des Zoologisch-Botanischen Gartens in Stuttgart zu hören sind, ist in den vergangenen Wochen ein jungdynamisches Duo hinzugekommen. Mit Nalu ergänzt ein einjähriges Weibchen aus dem Grünen Zoo Wuppertal seit Mai den Harem um den Seelöwenbullen Unesco. Im Juni kam dann mit Hollo ein Eigengewächs zur Welt, das ab jetzt für Gäste gut sichtbar ist. „Beide Neulinge machen sich sehr gut“, berichtet Revierleiter Markus Kapp. „Nalu arbeitet beim täglichen Training schon sehr gut mit. Sie braucht aber noch etwas, bis sie voll ausgewachsen ist. Mit drei bis vier Jahren sind die Weibchen groß und schwer genug, um selbst Nachwuchs zu bekommen.“

Der kleine Seelöwen-Bulle Hollo ist am 7. Juni 2021 als Sohn von Evi und Unesco in der Wilhelma in Stuttgart zur Welt gekommen.

Die 20-jährige Evi hat damit viel Erfahrung. Sie ist die Mutter von Hollo, der das Seelöwenbecken bereits gerne nutzt. Der kleine Bulle schwimmt schon fleißig, unterbricht aber immer wieder seine Spielereien, um zu schlafen und zu trinken. Mindestens ein halbes Jahr säugt ihn seine Mutter. Ab dann beginnen die Jungtiere, zusätzlich etwas Fisch zu fressen. Die Milch der Seelöwen hat es in sich. Sie ist besonders fett und nahrhaft. So wachsen die Seelöwenjungen schnell und verdoppeln allein im ersten Monat ihr Gewicht. „Mit ungefähr einem Jahr müssen alle Jungtiere die Gruppe verlassen“, berichtet Kapp. „Sie würden sich mit dem jeweiligen Haremschef, bei uns also Unesco, nicht vertragen und werden dann in einem anderen Zoo unterkommen.“ Deswegen ist auch Nalu aus Wuppertal gekommen und aus dem Grund war die Fünfte im Bunde, Heaven, als Heranwachsende 2019 aus dem Tiergarten Nürnberg nach Stuttgart gewechselt.

Seelöwin Nalu (links) hat sich als Neuankömmling bereits mit Evi bekannt gemacht.
Foto: Jana Müller

Aktuell ist Unesco besonders aufgeregt, denn die Paarungszeit ist in vollem Gange. Der über 250 Kilo schwere Bulle buhlt in der Zeit kurz nach der Geburt der Jungtiere um die Gunst der Weibchen. In der Phase frisst er nur wenig und bewacht seinen Harem. In der Wilhelma hat er allerdings keine Konkurrenz zu fürchten. Die Tragzeit von Seelöwen dauert ziemlich genau elf Monate. Dies ist der Grund dafür, dass alle Seelöwen-Jungtiere jeweils im Juni zur Welt kommen.

Kalifornische Seelöwen sind an der Pazifikküste Nordamerikas verbreitet. Von Mexiko bis Kalifornien leben sie in großen Kolonien, in denen sie ihre Jungtiere zur Welt bringen. Außerhalb der Fortpflanzungszeit im Juni und Juli wandern sie bis hinauf nach Kanada. Sie sind besonders schnelle und elegante Schwimmer. Höchstgeschwindigkeiten von 40 Kilometern pro Stunde helfen ihnen bei der Jagd nach Fisch. Noch vor rund 100 Jahren waren Kalifornische Seelöwen so gut wie ausgestorben. Dank konsequenter Schutzbemühungen gilt ihr Bestand aber heute als gesichert.

Fotoalbum:

Text: Wilhelma, Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart Foto: (1-3) Wilhelma, Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart; (4-6) Jana Müller
28.07.2021

Erste Botanikschau 2021, die Gästen nicht verborgen bleibt

Fuchsien blühen in Wilhelma rechtzeitig zur Wiedereröffnung

Rund 550 Fuchsien aus 230 Arten und Sorten zeigt die Wilhelma in Stuttgart bis September in dem Wechselschauhaus ihrer historischen Gewächshauszeile.

Das Timing könnte nicht besser sein. Gefühlt waren die Gewächshäuser in der Wilhelma in Stuttgart coronabedingt eine halbe Ewigkeit geschlossen. Doch passend zu deren Wiedereröffnung im Juli zeigt sich die Fuchsienschau jetzt von ihrer schönsten Seite. Im Wechselschauhaus der historischen Gewächshauszeile präsentieren sich Blüten über Blüten, wohin man auch schaut: An nicht weniger als 550 Pflanzen aus 230 Arten und Sorten der vielseitigen Gattung baumeln bunte Glöckchen, schlenkern kleine Trompeten und tanzen dazu grazile Ballerinas. Jede Blüte ist nach ihrer Farbe und Form ein Hingucker. Hier betören strahlendes Weiß und zartes Pastell, dort beindrucken leuchtendes Orange, intensives Rot und sattes Lila – pur oder kombiniert.

„Es ist ein Glücksfall in unglücklichen Zeiten, dass unsere Gäste diesen Lichtblick jetzt erleben können“, sagt Wilhelma-Direktor Dr. Thomas Kölpin. „Von den traditionellen Höhepunkten unserer botanischen Schauen mussten dieses Jahr leider die Blütezeiten der Kamelien, der Azaleen und die Hauptblüte der Magnolien alle ohne Publikum bleiben. Aber jede Jahreszeit hat ihre Reize – die Fuchsien sind gerade besonders reizvoll.“

Diese Gattung der Familie der Nachtkerzengewächse geht auf etwa 120 bekannte Wildformen zurück. Die erste Art entdeckte der französische Botaniker Charles Plumier Ende des 17. Jahrhunderts auf der Antilleninsel Hispaniola und benannte sie nach dem Tübinger Ahnvater der Pflanzenkunde Leonhart Fuchs. Die meisten Wildarten stammen aus den Bergwäldern in Mittel- und Südamerika. Zu finden sind sie dort auf Berghängen in bis zu 3000 Metern Höhe und in den Randgebieten des tropischen Regenwalds. Von Natur aus benötigen Fuchsien luftige und zugleich schattige Standorte, die über ausreichend Feuchtigkeit und Nährstoffe verfügen.

Sie lassen sich relativ leicht kreuzen. So fanden ab dem 19. Jahrhundert immer mehr Züchter in Europa Gefallen an ihr. Von den für Garten und Balkon beliebten Zierpflanzen sind inzwischen mehr als 12.000 Züchtungen registriert. Zu sehen ist die Schau im Zoologisch-Botanischen Garten noch bis September.

Fotogalerie:

Wilhelma, Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart
28.07.2021

Wilhelma – Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart

Neuer Erfolg für internationales Artenschutz-Programm

Wertvolles Erbe von Dshamilja: Drillinge bei Schneeleoparden

Bei den kleinen Schneeleoparden in der Wilhelma in Stuttgart steht nichts außer Rennen und Raufen, Klettern und Kratzen auf dem Programm. Im April 2021 kamen Drillinge auf die Welt.

Ein tapsiges Trio erobert in der Wilhelma alle Herzen. Kaum sind sie für die Gäste des Zoologisch-Botanischen Gartens in Stuttgart besser zu sehen, sind Dawa, Karma und Nyima „Everybody’s Darlings“. Die Besucher und Besucherinnen begeistern sich an den kleinen Raubkätzchen mit der besonderen Familiengeschichte. Und die Zoologie-Fachleute freut der wichtige Zuchterfolg bei dieser seltenen Abstammungslinie der bedrohten Schneeleoparden. Die Weltnaturschutzunion IUCN stuft den Bestand dieser Tierart mit weniger als 4000 Tieren in der Natur als gefährdet ein.

Bei den kleinen Schneeleoparden in der Wilhelma in Stuttgart steht nichts außer Rennen und Raufen, Klettern und Kratzen auf dem Programm. Mutter Kailash muss auch als Spielgefährtin herhalten. Im April 2021 brachte sie Drillinge auf die Welt.

Am 11. April geboren, blieben die anfangs jeweils etwa ein halbes Kilo leichten Drillinge bis Mitte Juni mit Mutter Kailash in der Wurfbox. Nach der ersten Impfung durften sie dann das erste Mal vor die Tür. Meist frühmorgens und abends wagten sie die ersten Ausflüge unter den Argusaugen von Kailash. Vater Ladakh trifft seinen Nachwuchs vorerst nur als interessierter Zaungast hinter dem Netz zum Nachbargehege. Denn die zwölf Wochen alten Welpen sind noch ungestüm und teilweise unbeholfen auf den Pfoten. Deshalb sollen sie, bevor die Familie zusammengeführt wird, zuerst ohne den Kater in Ruhe die Gebirgslandschaft kennen lernen, ihre Kräfte ausprobieren und Körperkontrolle üben. Dafür wechseln sie ab Donnerstag auf die obere Anlage. Dort können die Gäste sie auf Augenhöhe beim Toben und Turnen, Raufen und Rangeln beobachten.

Wenn die kleinen Schneeleoparden in der Wilhelma in Stuttgart ihre ersten Klettertouren wagen, ist Mutter Kailash nie weit entfernt. Im April 2021 brachte sie Drillinge auf die Welt.

„Zu erleben, wie die drei lebensfrohen Kätzchen unbekümmert aufwachsen, ist herrlich“, sagt Wilhelma-Direktor Dr. Thomas Kölpin. „Wegen der ergreifenden Vorgeschichte sind unsere kleinen Helden aber für den Artenschutz heute schon große Stars. Es ist ein mustergültiges Beispiel, wie der Artenschutz in der Natur und den Zoos ineinander greift.“ Dass die drei Mädchen überhaupt auf die Welt kommen konnten, geht letztlich auf eine internationale Kooperation zurück. Denn als Töchter von Kailash sind sie Enkelinnen von Dshamilja. Ihr kommt eine spezielle Bedeutung innerhalb des Erhaltungszuchtprogramms der europäischen Zoos zu.

Bei den kleinen Schneeleoparden in der Wilhelma in Stuttgart steht nichts außer Rennen und Raufen, Klettern und Kratzen auf dem Programm. Im April 2021 kamen Drillinge auf die Welt.

Dshamilja, die im Jahr 2000 im zentralasiatischen Hochgebirge von Tadschikistan geboren wurde, war mit nur fünf Monaten in die Schlagfalle von Wilderern geraten und hatte dadurch ein Drittel ihres rechten Hinterfußes eingebüßt. Dies führte dazu, dass sie Zeit ihres Lebens stark hinkte. Eine Anti-Wilderer-Einheit entdeckte das verletzte Jungtier auf einem Schwarzmarkt in Bischkek, der Hauptstadt Kirgisien, und beschlagnahmte es. Ohne Mutter und mit dieser Verstümmelung war an ein eigenständiges Leben in der Wildnis nicht zu denken. Im Zoo Zürich mit seiner langjährigen Zuchterfahrung mit Schneeleoparden konnte Dshamilja in dem geschützten Umfeld menschlicher Obhut aufwachsen. Sie erreichte das hohe Alter von 19 Jahren und hatte sogar mehrfach Nachwuchs. Unter ihren drei Söhnen und vier Töchtern war 2010 auch Kailash, die Ende 2011 in die Wilhelma kam und die Familiengeschichte fortschreibt.

Bei den kleinen Schneeleoparden in der Wilhelma in Stuttgart steht nichts außer Rennen und Raufen, Klettern und Kratzen auf dem Programm. Im April 2021 kamen Drillinge auf die Welt.

„Es motiviert unheimlich zu sehen, dass durch die Zusammenarbeit nicht nur das Einzeltier vor dem Tod gerettet werden konnte, sondern dies über Generationen dazu beiträgt, dass die einmalige Großkatzenart noch eine Zukunft hat“, sagt Kölpin. Die Zoos halten und züchten viele bedrohte Arten als Reserve. Doch dafür soll kein gesundes Tier der Natur entzogen werden. Um im Zootierbestand die genetische Vielfalt zu erhalten und so eine robuste Gesundheit der Tiere zu gewährleisten, erfolgt in internationaler Absprache ein genaues Management, welche Kater und Katzen Zuchtpaare bilden. Kommt einmal über einen Sonderfall wie Dshamilja ein Tier aus der Wildbahn hinzu, ist es wichtig, diese seltene Abstammungslinie fortsetzen. „Für Kailash ist dies ihr dritter Wurf“, erklärt die Raubtier-Kuratorin, Dr. Ulrike Rademacher. „Bei dem wertvollen Nachwuchs sind wir besonders froh darüber, dass es wieder geklappt hat. Denn Kailash kommt mit elf Jahren in ein Katzenalter, in dem das keine Selbstverständlichkeit mehr ist.“ Kailash hat in der Wilhelma bereits einmal Drillinge und zuletzt Zwillinge aufgezogen. Die 2013 geborenen Kamal, Karim und Laila wurden damals über die Zuchtkoordinatoren an Zoos in Portugal, USA und Belgien vermittelt, um eigene Familien gründen zu können. Von den inzwischen ebenfalls herangewachsenen Jungtieren, die 2019 auf die Welt kamen, ist Askar im Juni im Parco Faunistico Le Cornelle bei Mailand platziert worden. Auf Malou wartet der Zoo Salzburg.

Bei den kleinen Schneeleoparden in der Wilhelma in Stuttgart steht nichts außer Rennen und Raufen, Klettern und Kratzen auf dem Programm. Im April 2021 kamen Drillinge auf die Welt.

Die Wilhelma hält seit 30 Jahren Schneeleoparden. Dabei gelang die Nachzucht insgesamt jetzt zum 13. Mal. „Dass wir jetzt so schnell zwei Würfe hintereinander hatten, zeigt, dass sich Kailash und Ladakh auf der neuen 2018 eröffneten Anlage sehr wohl fühlen und ihre Jungtiere dort gut aufziehen können“, sagt Rademacher. Mit Zuschüssen des Fördervereins hatte die Wilhelma auf 730 Quadratmetern eine geräumige Gebirgslandschaft gestaltet, die sich mehrfach unterteilen lässt, wenn es die Aufzucht erfordert.

Wenn die kleinen Schneeleoparden in der Wilhelma in Stuttgart ihre ersten Klettertouren wagen, ist Mutter Kailash nie weit entfernt. Im April 2021 brachte sie Drillinge auf die Welt.

Direktor Kölpin betont: „Wie das Schicksal von Dshamilja zeigt, müssen der Schutz gegen die Bedrohung in der Natur, die Rettung verletzter Tiere und die Nachzucht Hand in Hand gehen. Die Wilhelma beteiligt sich daher an allen Aspekten aktiv. Dawa, Karma und Nyima sind sicher die besten Botschafterinnen ihrer Art. Wir würden uns freuen, wenn wir dadurch zusätzliche Unterstützung erhalten, die wir zielgerichtet investieren können.“ Die Wilhelma engagiert sich außer im Europäischen Erhaltungszuchtprogram auch direkt vor Ort, indem sie sich mit dem Naturschutzbund Deutschland (NABU) im Lebensraum der Schneeleoparden für deren Schutz einsetzt. Mit Spenden fördert der Zoologisch-Botanische Garten unter anderem eine Anti-Wilderer-Einheit und ein Rehabilitationszentrum für beschlagnahmte und verletzte Tiere in Kirgistan. Die Gelder setzen sich zusammen aus dem eigene Artenschutz-Budget der Wilhelma, Tier-Patenschaften, dem Artenschutz-Euro, den Gäste beim Kauf von Eintrittskarten freiwillig beisteuern können, sowie gezielten Spenden für das Schutzprojekte.

Wilhelma, Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart
11.07.2021

Wilhelma – Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart

Große Tierhäuser nach acht Monaten wieder geöffnet: Überraschung wartet im Terrarium

Neues Australienkrokodil trägt noch ein Geheimnis

Australienkrokodil Bong lebt jetzt in der seiner Heimat nachgebildeten Halle.
Foto: Wilhelma Stuttgart

Manche Ecken der Wilhelma gilt es neu zu entdecken. Denn nach fast acht Monaten durfte der Zoologisch-Botanische Garten in Stuttgart seit kurzem erstmals wieder seine großen Tierhäuser öffnen. Die dort seit Mitte Oktober geborenen Jungtiere kannten bisher gar keine Gäste. Während das kleine Zweifingerfaultier über ein „Starfoto“ zumindest schon im Internet beliebt ist, hält das Aquarien- und Terrariengebäude eine Überraschung bereit.

In der Abgeschiedenheit der Corona-Schließung ist Ende April ein neues Krokodil eingezogen, das selbst noch ein kleines Rätsel aufgibt. Der Neuzugang aus dem Zoo Frankfurt komplettiert das Quartett der beiden australischen Krokodilarten. Auf dem Fünften Kontinent leben die kleineren Australienkrokodile nur im Süßwasser von Flüssen und Sümpfen, die großen Leistenkrokodile dagegen vertragen Salzwasser und sind daher auch in Mündungsbereichen und im Meer zu finden. So begegnen sich die beiden Arten in der Natur in manchen Regionen. Die Krokodilhalle ist einer solchen Gegend im Nordosten Australiens in der Landschaftsgestaltung und Vegetation nachgebildet: dem Daintree-Nationalpark.

Foto: Wilhelma Stuttgart

Bei den Leistenkrokodilen verfügte die Wilhelma bereits über ein prominentes Pärchen mit Frederick, dem mit 4,31 Meter Länge und 520 Kilo Gewicht größten Krokodil Deutschlands, und Tong, dem springenden weißen Krokodil. Nun hat auch das dagegen mit gerade 1,60 Meter und 15 Kilo zierliche Australienkrokodil Gesellschaft bekommen. „Billa war bisher sehr zurückhaltend und wird immer munterer und agiler“, sagt Wilhelma-Direktor und Reptilienexperte Dr. Thomas Kölpin. „Jetzt legt sie sich sogar mit unserem Neuzugang Bong an, wenn es gilt, sich die leckersten Futterhappen zu schnappen.“ Ob Bong der geschätzt 35-Jährigen ein echter Partner wird oder eher eine beste Freundin: Das ist noch die entscheidende Frage. Denn bei dem erst sieben Jahre alten und 1,25 Meter langen Tier sind die äußeren Geschlechtsmerkmale naturgemäß nur wenige Millimeter groß.

Foto: Wilhelma Stuttgart

Krokodile besitzen keine Geschlechtschromosomen. So entscheidet die Temperatur im Bruthügel aus Erde und Pflanzen, ob aus einem Ei ein Männchen oder Weibchen schlüpft: unter 30 Grad definitiv ein Weibchen, über 34 Grad ein Männchen. Dazwischen ist beides möglich. Weil Bong nicht in einem Inkubator ausgebrütet wurde, sondern in der Krokodilanlage des Zoos Frankfurt schlüpfte, gibt es keine Gewissheit darüber. Doch das ist erst einmal nachrangig, denn bei Australienkrokodilen setzt die Geschlechtsreife erst nach deutlich mehr als zehn Jahren ein. Daher ist der Name Bong neutral gewählt. Er fußt auf einem Wortspiel, denn im Zusammenklang ist Billabong ein Ausdruck, der in Australien verwendet wird für den Altarm eines Flusses oder ein Wasserloch, das sich nur in der Regenzeit füllt und für Mensch und Tier eine wichtige Quelle ist.

Der Größenunterschied zwischen Bong (vorne) und Billa ist deutlich.
Foto: Wilhelma Stuttgart

In der Wilhelma werden die beiden Arten getrennt gehalten, um jedes Risiko zu vermeiden. Doch eigentlich gehören die Kleinen nicht ins Beuteschema der Großen und es kommt auch keine Futterneid auf. Denn die Australienkrokodile sind mit ihren langgezogenen spitzen Mäulern für den Fischfang spezialisiert, während die schwergewichtigen Leistenkrokodile vor allem Jagd auf Säugetiere und große Vögel machen.

Wilhelma – Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart
07.07.2021

Wilhelma / Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart

Zwei Brillenbären aus Zoo Frankfurt in Wilhelma eingezogen

Große Klettermaxe füllen verwaiste Bärenanlage mit viel Leben

Nach der Quarantäne durften die Brillenbären, hier Cashu, auf die Außenanlage.
Foto: Wilhelma

Ruhig geworden war es auf der Bärenanlage der Wilhelma in Stuttgart. Schlagartig ist das jetzt anders: Zwei Neuankömmlinge aus dem Zoo Frankfurt haben die zuletzt während einer Renovierung verwaiste Landschaft in Besitz genommen. Im Moment beschnüffeln und beäugen die beiden Brillenbären jeden Zentimeter. Nach ihrer Ankunft Ende April mussten Cashu und ihre Tochter Suyana standardmäßig zunächst zur Quarantäne in den Innenställen bleiben und sich eingehenden Gesundheitschecks unterziehen.

Neugierig nahm Cashu die Außenanlage in Augenschein.
Foto: Wilhelma Stuttgart

Die Eingewöhnungsphase ist vorüber. Wandern und Klettern, Baden und Fischen sind jetzt angesagt. So viel Aktivität war auf dem Bärenhügel lange nicht mehr zu beobachten. Denn die bisherigen Bewohner waren die Erstbezieher von 1991, als die Anlage eröffnet wurde. Zuletzt hatten diese Senioren ihren Lebensabend sehr geruhsam verbracht haben. Neugierig und aktiv erkunden dagegen nun Cashu und Suyana jede Ecke und jeden Winkel der für die Brillenbären größer gewordenen Anlage.

Besonderes Interesse von Cashu fanden die Fische im Wasserbecken.
Foto: Wilhelma Stuttgart

„Es macht Spaß zu sehen, wie aktiv sie das Gelände nutzen“, sagt Wilhelma-Direktor Dr. Thomas Kölpin. „Das ist spannend für die Tiere und für die Besucher attraktiv.“ Bisher war die Gesamtanlage aus drei Gehegen aufgeteilt für Brillenbären und Syrische Braunbären. Nachdem der letzte Bewohner im November in hohem Alter gestorben war, hat die Wilhelma das ganze Terrain den Brillenbären zugeschlagen. „Weil sie im Bestand bedroht sind, möchten wir die Brillenbären stärker fördern“, erklärt Kölpin. „Im Zuge unserer Artenschutz-Maßnahmen unterstützen wir zudem ein Projekt zum Erhalt der Lebensräume in Südamerika.“ Braunbären gibt es im Verhältnis dazu noch recht zahlreich.

Das Brillenbär-Weibchen Cashu inspizierte auch eine riesige Hängematte.
Foto: Wilhelma Stuttgart

Bei Neulingen in der Wilhelma ist es anfangs ungewiss, wie sie ihr Domizil annehmen. Von den beiden Bärendamen zeigte die erfahrene 18-jährige Cashu gleich Forscherdrang und maß das Gelände Pfote um Pfote aus. Die dreijährige Tochter Suyana schaute dagegen zunächst lieber aus sicherer Warte im Durchgang zwischen Innen- und Außengehege zu, wie ihre Mutter als Pfadfinderin „Neuland“ betrat. Inzwischen folgt sie deren Beispiel, wenn auch nach dem Motto „lieber vorsichtig als vorwitzig“.

Cashu nahm ausgiebig die Witterung in alle Richtungen auf.
Foto: Wilhelma Stuttgart

Nach dem Tod des fast 31-jährigen Brillenbären Ambrose im November hatte der Zoologisch-Botanische Garten die Zeit ohne Tierbesatz genutzt, Leitungen zu erneuern, den Pflanzenbestand zu pflegen und viele  Extras für die künftigen Bewohnerinnen einzurichten. Denn während Braunbären sehr bodenständig leben, lieben Brillenbären es, zu klettern und in der Höhe zu schlafen. So entstanden verschiedene Kletterareale mit mehreren hohen Bäumen. Unterstände wurden gebaut, so dass die Bären aussuchen können, ob sie auf deren Dächern in der Sonne liegen möchten oder sich darunter im Schatten ausruhen. Stabile Hängematten laden die Tiere zu einem Nickerchen ein. Als Sonderkonstruktion ist ein „Rüttelbaum“ hinzugekommen: An einer flexiblen Stange hängt ein Korb mit Leckereien, wie Nüssen oder Früchten. Sie ist zu dünn zum Hochklettern. Die Bären müssen herausfinden, dass die Leckereien durch die Maschen des Korbs herabfallen, wenn sie daran rütteln. „Mich freut, dass die vielen Möglichkeiten bei Cashu und Suyana super ankommen“, sagt die Raubtier-Kuratorin Dr. Ulrike Rademacher. Wasser, Land und Höhe sind gleichermaßen beliebt. „Wir haben beobachtet, wie sie schon versuchen, Fische zu fangen, und in die Spitze des zehn Meter hohen Kletterbaums kraxeln“, berichtet Rademacher.

Das erfahrene Brillenbär-Weibchen Cashu erkundete gleich beim ersten Ausgang die Außenanlage und nutzte die Klettermöglichkeiten.
Foto: Wilhelma Stuttgart

In der Wilhelma sind sie neben anderen Klettertieren zu erleben: den Steinböcken aus den Alpen und einer Schneeziege aus den Rocky Mountains in Nordamerika. Bergbewohner sind also auf dieser Seite des Hangs unter sich. Der Brillenbär wird auch Andenbär genannt. Denn ursprünglich lebt dieses größte Raubtier Südamerikas in dem Gebirgszug von Venezuela bis Argentinien auf Höhen zwischen 200 und 4000 Metern Höhe. Er mag die Nebelwälder dort. Geschickt klettert er trotz seiner behäbigen Gestalt die Stämme hinauf zu den Bromelien, die auf Astgabeln siedeln. Der Allesfresser bevorzugt Triebe und Früchte solcher Aufsitzer-Pflanzen. Aber auch Nüsse und Samen, Insekten und Kleintiere sowie Eier und Aas füllen seinen Magen.

Das junge Brillenbär-Weibchen Suyana war zunächst zögerlich, als das erste Mal das Tor zur Außenanlage aufging. Vom Durchgang zum Innenstall beobachtete sie, wie ihre Mutter Cashu das Gelände erkundete.
Foto: Wilhelma Stuttgart

In der Natur geht der Bestand der Brillenbären beständig zurück. Ihr Lebensraum zerfällt in immer kleinere Parzellen, weil besonders der Landbedarf für die Rinderhaltung zu immer weiteren Waldrodungen führt. Deshalb fördert die Wilhelma seit 2020 eine Artenschutz-Organisation in Ecuador, um dort das Habitat der Brillenbären zu erhalten. Mit Geldern aus ihrem Artenschutz-Budget und Spenden der Besucherinnen und Besucher konnte die Wilhelma der Naturschutzorganisation „Jocotoco“ bereits dreimal dabei helfen, die Schutzgebiete „Tapichalaca“ und „Narupa“ durch den Ankauf von Land um insgesamt mehr als 320 Hektar zu erweitern. In beiden Reservaten werden regelmäßig Brillenbären beobachtet, die dort auch Nachwuchs bekommen.

Wilhelma, Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart
20.05.2021

Wilhelma – Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart

Start am Mittwoch zu vergünstigtem Sondertarif mit Online-­Tickets und Maskenpflicht

Wilhelma-Außenbereiche mit negativem Schnelltest wieder offen

Noch sind die Wege leer. Ab Mittwoch füllt sich die Wilhelma wieder.
Foto: Wilhelma Stuttgart

Mit vorsichtigem Optimismus öffnet die Wilhelma in Stuttgart ab Mittwoch, 28. April, wieder ihre Tore für das Publikum trotz der weiter anhaltenden Pandemie. Das neue Bundesinfektionsschutzgesetz erlaubt die Freigabe der Außenbereiche in Zoos und Botanischen Gärten, soweit zusätzlich zu dem bestehenden Hygienekonzept alle Gäste ab dem sechsten Lebensjahr auch einen negativen Corona-Schnelltest haben, der nicht älter als 24 Stunden sein darf. „Je vorsichtiger wir sind, desto optimistischer ist die Prognose, dass die Öffnung diesmal von längerer Dauer ist“, sagt Direktor Dr. Kölpin. „Das wäre zu schön, weil die Wilhelma im Frühjahr aufblüht und wir den Menschen das quirlige Tierleben gerne zeigen.“ Im März hatte der Park nur wenige Wochen auf. Wegen der Einschränkungen senkt die Wilhelma ihre Eintrittspreise auf den Wintertarif. Erwachsene zahlen 15 Euro, inklusive eines „Artenschutz-Euros“ für Schutzprojekte, die die Wilhelma in aller Welt unterstützt. Kinderkarten gibt es zu 5,50 Euro. Kinder unter sechs Jahren haben freien Eintritt.

Noch sind die Wege leer. Ab Mittwoch füllt sich die Wilhelma wieder.
Foto: Wilhelma Stuttgart

Die Besucherinnen und Besucher sollen für ein paar Stunden auf andere Gedanken kommen, aber dürfen natürlich nicht alles um sie herum vergessen. Da auch die Corona-Tests keine absolute Sicherheit bieten, ist vorgeschrieben, dass nur Schnelltests von offizieller Stelle akzeptiert werden – keine Selbsttests. Für den Abgleich ist ein Lichtbildausweis vorzulegen, wie Personalausweis, Reisepass oder Führerschein. Bei Kindern unter 16 reichen Geburtsurkunde oder Versichertenkarte. Für einen sicheren Betrieb für Mensch und Tier gelten zudem die bewährten Vorkehrungen weiter: Maske, Abstand, Online-Ticket. Bei der Mund-Nase-Bedeckung, die auf dem ganzen Gelände nötig ist, sind Masken nach medizinischem Standard oder der FFP2-Norm vorgeschrieben. Kinder unter sechs Jahren sind davon ausgenommen, bei Kindern von sechs bis 14 Jahren genügt eine Alltagsmaske. Damit es am Eingang keine Warteschlangen gibt, muss für jeden Besuch online ein Ticket für ein festes Einlasszeitfenster gebucht werden. Das gilt auch für den kostenlosen Besuch von Jahreskarten-Inhabern und Fördervereinsmitgliedern. Alle Kassen bleiben geschlossen. Nach dem gestaffelten Zutritt dürfen alle bis zur Parkschließung bleiben: im April bis 19.30 Uhr und ab Mai bis 20 Uhr. Für genügend Abstand sorgt dabei das Besucherlimit von 4000 Personen pro Tag auf dem 30 Hektar großen Gelände. Die Tier- und Pflanzenhäuser sind wegen der geringeren Belüftung geschlossen. Die Freiflugvoliere und das Streichelgehege am Schaubauernhof unter freiem Himmel sind dagegen zugänglich.

Selbst bei den Brillenpinguinen scheint sich herumzusprechen, dass der Park öffnet.
Foto: Wilhelma Stuttgart

Wegen der zusätzlichen Kontrollen ist nur der Haupteingang geöffnet, die Nebeneingänge Pragstraße und Rosensteinpark bleiben geschlossen. Die Schnelltests müssen von einer anerkannten Teststelle, wie einer Apotheke oder einem Testzentrum vorgenommen und bescheinigt werden. Es bietet sich an, dass die Besucherinnen und Besucher entsprechende Möglichkeiten in ihrem Heimatort vor der Anreise nutzen. Es gibt jedoch auch in Bad Cannstatt in fußläufiger Nähe Testzentren: zum Beispiel auf dem Schiff des Neckar-Käpt’ns direkt gegenüber vom Haupteingang der Wilhelma, in der Badstraße vor dem Amtsgericht und auf dem Wasen.

Wilhelma – Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart
27.04.2021

Zahl der Unterstützer in Krisenjahr fast verdoppelt / Erdmännchen sind Spitzenreiter

Wilhelma verzeichnet 1000. Patenschaft für Tiere und Pflanzen

Wilhelma-Direktor Dr. Thomas Kölpin überreichte dem zehnjährigen Anton Hopp die Urkunde über die Erdmännchen-Patenschaft.
Foto: Wilhelma Stuttgart

In der Krise steigt die Solidarität mit der Wilhelma. Seit der Zoologisch-Botanische Garten in Stuttgart wegen der Corona-Beschränkungen nur wenige oder, wie derzeit wieder, gar keine Gäste empfangen darf, schließen immer mehr Menschen eine Patenschaft für Tiere oder Pflanzen ab. Jetzt konnte die Traditionseinrichtung erstmals 1000 Patenschaften innerhalb von zwölf Monaten verzeichnen. Der kleine Jubilar ist ein großer Zoofan: Von seinen Eltern erhielt der zehnjährige Anton Hopp die Patenschaft für ein Erdmännchen zu Ostern geschenkt. Der Viertklässler aus Plüderhausen im Remstal möchte später selbst einmal Tierpfleger werden: „Eigentlich mag ich alle Tiere auf der Welt – außer Schnecken, die sind langweilig“, sagt der Junge.

Wilhelma-Direktor Dr. Thomas Kölpin überreichte dem zehnjährigen Anton Hopp die Urkunde über die Erdmännchen-Patenschaft.
Foto: Wilhelma Stuttgart

Seit durch die Pandemie auch in den Kassen der Wilhelma Ebbe herrscht, hat sich die Zahl der Patenschaften fast verdoppelt. Den Direktor tröstet diese Entwicklung etwas: „Alle Kolleginnen und Kollegen gehen Tag für Tag unverzagt ihrer Arbeit nach, um die Tiere und Pflanzen über die Runden zu bringen“, sagt Dr. Thomas Kölpin. „Es schmerzt uns alle sehr, dass der Park leer bleibt. Deshalb muntern uns diese Patenschaften auf, mit denen die Menschen zeigen, dass ihr Herz sehr an der Wilhelma hängt.“ Neben der moralischen Stärkung sind diese Spenden auch ein echtes Zubrot – nicht weil sonst die Tiere hungern müssten, sondern weil sie der Wilhelma erlauben, sich trotz wegbrechender Einnahmen weiterzuentwickeln. „Dieses Geld fließt nie in Betriebskosten, sondern immer in konkrete Projekte“, betont Kölpin. Waren das in der Vergangenheit zum Beispiel die Umgestaltung des Flamingoteichs oder der Bau der mediterranen Schildkrötenanlage, so halfen die Patengelder zuletzt das Schneeleoparden-Gehege zu optimieren und das Seelöwenbecken zu sanieren.

Anton Hopp bekam von seinen Eltern die Patenschaft für ein Erdmännchen geschenkt.
Foto: Wilhelma Stuttgart

Die Vielzahl der meist kleinen Spenden ist für die Wilhelma durchaus ein Faktor: Durch die Schließung des Parks fallen neben den Eintrittsgeldern schließlich auch alle anderen Einnahmen weg, die mit einem Besuch verbunden sind, wie Gastronomie und Angebote wie Führungen, Kindergeburtstage oder Tierbegegnungen. Von Patinnen und Paten kamen in den vergangenen zwölf Monaten rund 220.000 Euro zusammen. „Für diese bemerkenswerte Unterstützung in der für alle schwierigen Zeit danke ich herzlich“, sagt der Direktor.

Anton Hopp bekam von seinen Eltern die Patenschaft für ein Erdmännchen geschenkt.
Foto: Wilhelma Stuttgart

Dass die Jubiläumspatenschaft ausgerechnet für ein Erdmännchen abgeschlossen wurde, ist kein großer Zufall. Zwar kann man eine Patenschaft für jede der fast 1200 Tierarten und 8500 Pflanzenarten und -sorten der Wilhelma übernehmen. Doch die Erfahrung zeigt, dass die Wahl nur auf rund 140 Arten fällt. Und darunter sind die putzigen Erdmännchen einsame Spitzenreiter mit 270 Patinnen und Paten. Mit viel Abstand folgen auf Rang zwei die Brillenpinguine mit 61 und auf Rang drei dann die Schneeeulen mit 52. Den vierten Platz teilen sich derzeit die Totenkopfäffchen und die Zweifingerfaultiere mit je 46.

Wilhelma – Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart
27.04.2021