Speyer / Kommunalpolitik

Stellungnahme des Bürgerbegehren „Speyer kann mehr…“als Container bezüglich der Vorlage der Stadt Speyer zur Stadtratssitzung am 14.03.2023

Sehr geehrte Damen und Herren,

als Mitglied des Speyerer Stadtrates liegt Ihnen für die Sitzung am 14. März 2024 die Vorlage-Nr: 1844/2024 mit einer Beschlussempfehlung vor.

Zu dieser Beschlussempfehlung nehmen wir als Vertreter des Bürgerbegehrens wie folgt Stellung:

Ausgangspunkt:

Die Gemeindeordnung (GemO) regelt in § 17a Absatz 4 Satz 2. unter anderem „Das Bürgerbegehren muß die zu entscheidende Gemeindeangelegenheit in Form mit „Ja“ oder „Nein“ zu beantwortende Frage und eine Begründung enthalten“. Das ist der reine Gesetzestext und für jeden Leser verständlich.“

Inhalt des Bürgerbegehrens

Wie in Ihrer Vorlage zur Beschlußfassung richtig geschrieben ist, wurde das Bürgerbegehren mit folgender Frage durchgeführt: „Sind Sie dafür, daß auf städtischen Grundstücken der Stadt Speyer Unterkünfte in Containerbauten zwecks Unterbringung von Geflüchteten errichtet werden? Ja oder Nein“

Vorlage zur Beschlussfassung Seite 2 Absatz 2 (Eindeutigkeit)

  1. Wie von dem Fachbereich 1 die Auffassung vertreten wird, muß aus dem Bürgerbegehren eindeutig hervorgehen, ob sich das Bürgerbegehren insgesamt gegen die Errichtung einer Asylunterkunft oder gegen die zentrale Unterbringung von Geflüchteten richtet
  2. Die Zielsetzung der Personen, die das Bürgerbegehren unterzeichnet haben, muß zu erkennen geben, welche Zielsetzung diese Personen verfolgen.
  3. Aus Gründen der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit darf kein Zweifel am Inhalt des Bürgerbegehrens bestehen. Die Fragestellung muß in jedem Falle so bestimmt sein, dass Bürger erkennen können, für was oder gegen was sie ihre Stimme abgeben und wie weit die Bindungswirkung des Bürgerentscheids nach dessen Entscheidung reicht.

Antworten zu Punkt 1 -3 aus Sicht des Bürgerbegehrens

  1. Das Bürgerbegehren richtet sich wie aus der Frage erkennbar ausschließlich gegen die Bebauung mit Containern zur Unterbringung von Geflüchteten auf städtischen Grundstücken. Es geht klar aus der Frage hervor, dass das Ziel des Bürgerbegehrens nicht über eine zentrale Unterbringung von Geflüchteten per se diskutiert. Das Argument in der Beschlussvorlage auf Seite 3, Absatz 2 ist einfach falsch. Wir distanzieren uns von dieser Interpretation.
  2. Die Zielsetzung des Bürgerbegehrens ist klar – die Bebauung mit Containern zur Unterbringung von Geflüchteten soll verhindert werden. Die Argumentation des Bürgerbegehrens ist hinsichtlich der Unterbringung, sowie der Integration in unsere Gesellschaft als bedenklich ausformuliert. Hierzu existiert eine Studie der Konrad-Adenauer-Stiftung welche wir auf unserer Internetseite (www.buergerentscheid-speyer.de) verlinkt haben. Die Auffassung in der Beschlussvorlage, die Zielsetzung wäre nicht eindeutig, ist somit ebenso falsch.
  3. Die Fragestellung des Bürgerbegehrens ist eindeutig und wurde vorab durch den renommierten Verein Mehr Demokratie e.V. überprüft. Die Bürger haben ihre Stimme zu der geplanten Containerbauweise zur Unterbringung von Geflüchteten mit Ja oder Nein abgegeben. Es muss vom objektiven Empfängerhorizont der Unterschriftsleistenden ausgegangen werden. Dazu sind im § 17a Absatz 4 Satz 2 der Gemeindeordnung keine weiteren Regeln enthalten.

Kassatorisches Bürgerbegehren

Die Auffassung – dem §17a der Gemeindeordnung im Übrigen nicht zu entnehmen – es seien keine Alternativvorstellungen zum Ratsbeschluß hinreichend konkret formuliert worden, ist schlichtweg falsch.
Sowohl in der Begründung die auf allen Unterschriftenlisten abgedruckt ist als auch in den Bürgersammlungen vor Ort (auch Stadtratsmitglieder waren anwesend und haben mitdiskutiert) sowie in der Bürgerversammlung im Judomaxx am 20. Juli 2023 wurde ausführlich über Alternativen diskutiert. Es wurde von sehr vielen Bürgern gewünscht und darauf hingewiesen, dass eine menschenwürdige Unterbringung der Flüchtlinge dezentral in festen Wohngebäuden innerhalb des Stadtgebietes klar zu bevorzugen ist. Die Unterbringung in Containern wurde als teuer, nicht nachhaltig, menschenunwürdig, und Integrationsverhindernd beschrieben. Die Bürgerinitiative hat es begrüßt, dass verschiedentlich dezentrale Unterbringungsformen verfolgt werden. Auch auf unserer Internetseite und in unserer Petition haben wir von Beginn an Alternativen benannt.

Zudem ist der in der Beschlussvorlage genannte Beschluss des OVG Koblenz vom 03.03.2017 ein Beleg dafür, dass wir die Alternativen ausreichend aufgezeigt haben. Im genannten Fall, bei dem ein Bürgerbegehren bezüglich einer straßenbaulichen Maßnahme initiiert werden sollte, forderten die Initiatoren lediglich, dass sich der Gemeinderat erneut mit der Angelegenheit befassen sollte ohne selbst eine Alternative zu benennen. Dies ist bei uns nicht der Fall.

Gesetzeswidriges Ziel

Wir sind äußerst verwundert und irritiert zu lesen, dass das Bürgerbegehren nach § 17a Abs.2 Nr.9 GemO als gesetzeswidrig eingestuft wird. Nach konsultieren des Vereins Mehr Demokratie e.V., sowie mehrerer positiv angenommenen Bürgerbegehren sehr ähnlicher Art in anderen Bundesländern, ein demokratisches Mittel zur Ermittlung einer bürgernahen Entscheidung in dieser Form versuchen abzulehnen, erscheint uns Bürgern gegenüber als arrogante Reaktion.

Seit kurzem gibt es im ganzen Land Demonstrationen auf zu mehr Demokratie. Viele von Ihnen sowie ihre Parteikollegen haben sich dem angeschlossen. Es scheint weit her damit, wenn Demokratie eben auch ein wenig unbequem und aufwendig werden kann.

Am Samstag, 9. März 2024, war unter „Patricks Woche“ für uns Speyerer Bürger in der Rheinpfalz zu lesen:

„Ähnlich könnte es werden, wenn sich Seiler in der Stadtratssitzung kommende Woche zur geplanten Zurückweisung des Bürgerbegehrens gegen Flüchtlingscontainer äußern wird. Auffällig ist: Ja, es gibt Bürgerbeteiligung – aber nach den Regeln, die die Stadt aufstellt. Und irgendwann wird in der Verwaltung dann eben entschieden und nicht mehr hin- und herdiskutiert.“
Wäre es nicht gerade in der heutigen Zeit geboten, eine wohlwollende Auslegung für ein Bürgerbegehren zu verfolgen, welches sich 7,5% der Wahlberechtigten ihrer Stadt wünschen?

Aus Gründen der Förderung unserer demokratischen Mittel, unter dem Aspekt der bürgernahen Politik und im Namen von mindestens 7,5% Speyerer Bürgerinnen und Bürger möchten wir Sie als Stadtratsmitglied bitten, der Beschlussvorlage nicht zuzustimmen und den Weg zu einem Bürgerentscheid freizugeben. Setzen sie ein Zeichen und lassen sie uns alle zusammen mehr Demokratie wagen.

Wir sind weiterhin davon überzeugt:

Speyer kann mehr – als Container

Alexander Romanski, Inna Sevilla, Iwona Ehlis
10.03.2024

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