Wilhelma – Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart

Neuzugang und Nachwuchs bei den Robben

Nalu und Hollo vergrößern die Seelöwen-Familie der Wilhelma

Seelöwin Evi mit ihrem Jungtier Hollo, das dank der Muttermilch schnell wächst.
Foto: Wilhelma Stuttgart

Lautstark, intelligent und verspielt: Von den großen Lieblingen vieler Wilhelma-Fans gibt es statt drei nun fünf Tiere. Bei den Kalifornischen Seelöwen, die meist schon am Haupteingang des Zoologisch-Botanischen Gartens in Stuttgart zu hören sind, ist in den vergangenen Wochen ein jungdynamisches Duo hinzugekommen. Mit Nalu ergänzt ein einjähriges Weibchen aus dem Grünen Zoo Wuppertal seit Mai den Harem um den Seelöwenbullen Unesco. Im Juni kam dann mit Hollo ein Eigengewächs zur Welt, das ab jetzt für Gäste gut sichtbar ist. „Beide Neulinge machen sich sehr gut“, berichtet Revierleiter Markus Kapp. „Nalu arbeitet beim täglichen Training schon sehr gut mit. Sie braucht aber noch etwas, bis sie voll ausgewachsen ist. Mit drei bis vier Jahren sind die Weibchen groß und schwer genug, um selbst Nachwuchs zu bekommen.“

Der kleine Seelöwen-Bulle Hollo ist am 7. Juni 2021 als Sohn von Evi und Unesco in der Wilhelma in Stuttgart zur Welt gekommen.

Die 20-jährige Evi hat damit viel Erfahrung. Sie ist die Mutter von Hollo, der das Seelöwenbecken bereits gerne nutzt. Der kleine Bulle schwimmt schon fleißig, unterbricht aber immer wieder seine Spielereien, um zu schlafen und zu trinken. Mindestens ein halbes Jahr säugt ihn seine Mutter. Ab dann beginnen die Jungtiere, zusätzlich etwas Fisch zu fressen. Die Milch der Seelöwen hat es in sich. Sie ist besonders fett und nahrhaft. So wachsen die Seelöwenjungen schnell und verdoppeln allein im ersten Monat ihr Gewicht. „Mit ungefähr einem Jahr müssen alle Jungtiere die Gruppe verlassen“, berichtet Kapp. „Sie würden sich mit dem jeweiligen Haremschef, bei uns also Unesco, nicht vertragen und werden dann in einem anderen Zoo unterkommen.“ Deswegen ist auch Nalu aus Wuppertal gekommen und aus dem Grund war die Fünfte im Bunde, Heaven, als Heranwachsende 2019 aus dem Tiergarten Nürnberg nach Stuttgart gewechselt.

Seelöwin Nalu (links) hat sich als Neuankömmling bereits mit Evi bekannt gemacht.
Foto: Jana Müller

Aktuell ist Unesco besonders aufgeregt, denn die Paarungszeit ist in vollem Gange. Der über 250 Kilo schwere Bulle buhlt in der Zeit kurz nach der Geburt der Jungtiere um die Gunst der Weibchen. In der Phase frisst er nur wenig und bewacht seinen Harem. In der Wilhelma hat er allerdings keine Konkurrenz zu fürchten. Die Tragzeit von Seelöwen dauert ziemlich genau elf Monate. Dies ist der Grund dafür, dass alle Seelöwen-Jungtiere jeweils im Juni zur Welt kommen.

Kalifornische Seelöwen sind an der Pazifikküste Nordamerikas verbreitet. Von Mexiko bis Kalifornien leben sie in großen Kolonien, in denen sie ihre Jungtiere zur Welt bringen. Außerhalb der Fortpflanzungszeit im Juni und Juli wandern sie bis hinauf nach Kanada. Sie sind besonders schnelle und elegante Schwimmer. Höchstgeschwindigkeiten von 40 Kilometern pro Stunde helfen ihnen bei der Jagd nach Fisch. Noch vor rund 100 Jahren waren Kalifornische Seelöwen so gut wie ausgestorben. Dank konsequenter Schutzbemühungen gilt ihr Bestand aber heute als gesichert.

Fotoalbum:

Text: Wilhelma, Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart Foto: (1-3) Wilhelma, Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart; (4-6) Jana Müller
28.07.2021

Erste Botanikschau 2021, die Gästen nicht verborgen bleibt

Fuchsien blühen in Wilhelma rechtzeitig zur Wiedereröffnung

Rund 550 Fuchsien aus 230 Arten und Sorten zeigt die Wilhelma in Stuttgart bis September in dem Wechselschauhaus ihrer historischen Gewächshauszeile.

Das Timing könnte nicht besser sein. Gefühlt waren die Gewächshäuser in der Wilhelma in Stuttgart coronabedingt eine halbe Ewigkeit geschlossen. Doch passend zu deren Wiedereröffnung im Juli zeigt sich die Fuchsienschau jetzt von ihrer schönsten Seite. Im Wechselschauhaus der historischen Gewächshauszeile präsentieren sich Blüten über Blüten, wohin man auch schaut: An nicht weniger als 550 Pflanzen aus 230 Arten und Sorten der vielseitigen Gattung baumeln bunte Glöckchen, schlenkern kleine Trompeten und tanzen dazu grazile Ballerinas. Jede Blüte ist nach ihrer Farbe und Form ein Hingucker. Hier betören strahlendes Weiß und zartes Pastell, dort beindrucken leuchtendes Orange, intensives Rot und sattes Lila – pur oder kombiniert.

„Es ist ein Glücksfall in unglücklichen Zeiten, dass unsere Gäste diesen Lichtblick jetzt erleben können“, sagt Wilhelma-Direktor Dr. Thomas Kölpin. „Von den traditionellen Höhepunkten unserer botanischen Schauen mussten dieses Jahr leider die Blütezeiten der Kamelien, der Azaleen und die Hauptblüte der Magnolien alle ohne Publikum bleiben. Aber jede Jahreszeit hat ihre Reize – die Fuchsien sind gerade besonders reizvoll.“

Diese Gattung der Familie der Nachtkerzengewächse geht auf etwa 120 bekannte Wildformen zurück. Die erste Art entdeckte der französische Botaniker Charles Plumier Ende des 17. Jahrhunderts auf der Antilleninsel Hispaniola und benannte sie nach dem Tübinger Ahnvater der Pflanzenkunde Leonhart Fuchs. Die meisten Wildarten stammen aus den Bergwäldern in Mittel- und Südamerika. Zu finden sind sie dort auf Berghängen in bis zu 3000 Metern Höhe und in den Randgebieten des tropischen Regenwalds. Von Natur aus benötigen Fuchsien luftige und zugleich schattige Standorte, die über ausreichend Feuchtigkeit und Nährstoffe verfügen.

Sie lassen sich relativ leicht kreuzen. So fanden ab dem 19. Jahrhundert immer mehr Züchter in Europa Gefallen an ihr. Von den für Garten und Balkon beliebten Zierpflanzen sind inzwischen mehr als 12.000 Züchtungen registriert. Zu sehen ist die Schau im Zoologisch-Botanischen Garten noch bis September.

Fotogalerie:

Wilhelma, Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart
28.07.2021

Wilhelma – Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart / Freizeit

Hauptblütezeit im Maurischen Garten

Tropische Seerosen-Divas gedeihen in exotischem Ambiente

Das Seerosenbecken im Maurischen Garten umsäumen spektakuläre Lotosblumen.
Foto: Wilhelma Stuttgart

Der Sommer strahlt, der Urlaub steht bevor, aber die Reiseziele fehlen während der Pandemie? Die Wilhelma in Stuttgart stillt das Fernweh mit ihrer eigenen Exotik. Im Maurischen Garten entfalten sich in diesen Wochen die Reize ferner Länder von ihrer schönsten Seite rund um die Blüte der tropischen Seerosen. Baden im Mineralwasser der eigenen Quelle bei einer Wassertemperatur von 28 Grad, während sich auf der Oberfläche des 650 Quadratmeter großen Pools die verspielte Ornamentik orientalischer Architektur spiegelt: Die Diven unter den Wasserpflanzen haben es gut im Zoologisch-Botanischen Garten. Rund 40 Arten und Sorten der Gattung Nymphaea sind zu einem Motiv arrangiert, wie es dem impressionistischen Maler Claude Monet zu Ehren gereicht hätte. Von Mitte Juli bis Ende September ist es am prachtvollsten zu erleben.

Ausgewählt sind die Naturschönheiten nicht nur nach der Palette ihrer Farben, sondern auch der Abfolge ihrer Blüte. Nachtblüher mit zumeist weißen oder rötlichen Blüten bleiben bis in den Vormittag offen. Dagegen öffnen sich Tagblüher mittags bis in den späteren Nachmittag. Sie zeigen auch gelbe und blaue Töne. So ändert sich das Erscheinungsbild in einem täglichen Reigen.

Eintauchen in das verlockende Becken dürfen allerdings ausschließlich die Gärtnerinnen und Gärtner. Sie tun dies nicht zum eigenen Vergnügen, sondern als Servicepersonal der anspruchsvollen botanischen Badegäste. Zweimal pro Woche steigen dafür Marcus Hoffmann und Jasmin Langhammer in die Fluten, denn – anders als die rosa leuchtenden Lotosblumen am Beckenrand – ist der Seerosenteich nicht selbstreinigend. Die beiden entfernen dann verwelkte Blätter, schneiden ausladende Pflanzen zurück, damit alle Seerosen genug Platz haben, und fischen Algen heraus. Das ist nicht ohne Tücken. Nicht sichtbar unter den vielen Blättern müssen sie die 71 Pflanztröge umgehen und über das Heizgestänge steigen, welches das Becken durchzieht, damit für die Tropengewächse immer „Warmbadetag“ ist. Gut 800.000 Liter Wasser gilt es, auf Temperatur halten. Bei der Arbeit kommen Hoffmann und Langhammer kräftig ins Schwitzen, denn, um sich vor den Stacheln der Victorien zu schützen, tragen sie trotz des warmen Wassers Neoprenanzüge.

Gärtner Marcus Hoffmann musste nach dem Unwetter die riesigen Blätter der Victorien zurückklappen, damit sie nicht absterben.
Foto: Wilhelma Stuttgart

Zu diesen als Riesenseerosen bekannten Victorien musste Hoffmann vor kurzem zu einem Sondereinsatz ausrücken. Der große Sturm im Juni hatte den Teich aufgepeitscht und es geschafft, die wagenradgroßen Blätter, die dank ihrer kräftigen Struktur eine Tragkraft von über 40 Kilo haben, von der Wasseroberfläche anzuheben und zusammenzufalten. Ohne sie zurückzuklappen, wären sie für die Photosynthese verloren gewesen und wären abgestorben.

Sehen sie hier das Fotoalbum zur Seerosenblüte:

Wilhelma – Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart
24.07.2021

Junge Tierart auf neuer Huftieranlage

Erstmalige Geburt von Kälbern bei den Yaks der Wilhelma

Yak-Kuh Tara hat Tashima am 1. Juli auf der vor einem Jahr eröffneten Anlage geboren.
Foto: Wilhelma Stuttgart

Die neue Anlage für asiatische Huftiere hat gefruchtet. Erstmals in der Geschichte der Wilhelma sind Yaks in dem Zoologisch-Botanischen Garten in Stuttgart geboren worden. Vor einem Jahr waren im Juni 2020 die Yaks und die Kamele in das neue Gemeinschaftsgehege eingezogen. Nun haben beide Kühe dieser Grunzochsen Kälber geboren. Da die urigen Hochgebirgsrinder erst seit kurzem im Bestand der Wilhelma sind, handelt es sich bei dem Nachwuchs um eine Premiere in Stuttgart.

Originell ist dabei, dass die schwarz-braune Kuh Salome mit Sonam ein schwarz-weißes Kalb bekam, dagegen die schwarz-weiße Kuh Tara mit Tashima ein ganz schwarzes Kalb in die Welt setzte. Vater ist in beiden Fällen der schwarz-weiße Bulle Skunk. Die Vererbungsgenetik macht es möglich. Für Skunk und Salome, die beide als Jungtiere aus dem Münchner Tierpark Hellabrunn gekommen waren, sind es die ersten Nachkommen. Tara, die aus Görlitz nach Schwaben kam, hatte ihren Erstling Tarek beim Einzug in die Wilhelma dabei. Er ist im vergangenen Herbst in den Tierpark Cottbus weitergegeben worden. Hoffnung auf erste Kälber keimte auf, als Skunk im September beim Decken der Kühe beobachtet wurde. Und pünktlich neun Monate später war es so weit: Den Anfang machte der kleine Sonam am 27. Juni, seine Halbschwester Tashima folgte schon am 1. Juli. Ihre Mütter brachten die Kälber jeweils ohne Probleme auf der Anlage zur Welt.

Das Yak-Kalb Sonam wagt sich schon in die Gesellschaft der Trampeltiere.
Foto: Wilhelma Stuttgart

Auch für die Kamele ist der Nachwuchs auf der Anlage ein Novum. So ließ sich die erstmalige Mutter Salome anfangs etwas irritieren, als die neugierigen Kamele Interesse an dem Kälbchen zeigten. Sie hat sich aber rasch in ihre Mutterrolle gut eingefunden. Und die vier Trampeltiere lassen sich ihrerseits nicht aus der Ruhe bringen, wenn ihnen Sonam als das quirligere der beiden Kälber um die Beine springt. Auf der 4000 Quadratmeter großen Fläche gibt es aber auch genug Platz, um sich bei Bedarf aus dem Weg zu gehen.

In der Natur leben Yaks im Himalaya in Höhen bis über 4000 Meter. Ihre Schulterhöhe beträgt bei Kühen zirka 1,10 Meter, bei Bullen bis zu 1,80 Meter. Beide Geschlechter verfügen über geschwungene Hörner, die bis zu einen Meter lang werden. Im Hochgebirge dienen Yaks den Bergbauern als vielseitige Lieferanten von Milch, Wolle, Leder und Fleisch. Getrocknet eignet sich ihr Dung als Brennstoff. Zudem finden sie als Reit- und Tragtiere Verwendung.

Sehen sie hier das Fotoalbum zu den Yak-Kälbern:

Wilhelma – Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart
24.07.2021

Wilhelma – Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart

Neuer Erfolg für internationales Artenschutz-Programm

Wertvolles Erbe von Dshamilja: Drillinge bei Schneeleoparden

Bei den kleinen Schneeleoparden in der Wilhelma in Stuttgart steht nichts außer Rennen und Raufen, Klettern und Kratzen auf dem Programm. Im April 2021 kamen Drillinge auf die Welt.

Ein tapsiges Trio erobert in der Wilhelma alle Herzen. Kaum sind sie für die Gäste des Zoologisch-Botanischen Gartens in Stuttgart besser zu sehen, sind Dawa, Karma und Nyima „Everybody’s Darlings“. Die Besucher und Besucherinnen begeistern sich an den kleinen Raubkätzchen mit der besonderen Familiengeschichte. Und die Zoologie-Fachleute freut der wichtige Zuchterfolg bei dieser seltenen Abstammungslinie der bedrohten Schneeleoparden. Die Weltnaturschutzunion IUCN stuft den Bestand dieser Tierart mit weniger als 4000 Tieren in der Natur als gefährdet ein.

Bei den kleinen Schneeleoparden in der Wilhelma in Stuttgart steht nichts außer Rennen und Raufen, Klettern und Kratzen auf dem Programm. Mutter Kailash muss auch als Spielgefährtin herhalten. Im April 2021 brachte sie Drillinge auf die Welt.

Am 11. April geboren, blieben die anfangs jeweils etwa ein halbes Kilo leichten Drillinge bis Mitte Juni mit Mutter Kailash in der Wurfbox. Nach der ersten Impfung durften sie dann das erste Mal vor die Tür. Meist frühmorgens und abends wagten sie die ersten Ausflüge unter den Argusaugen von Kailash. Vater Ladakh trifft seinen Nachwuchs vorerst nur als interessierter Zaungast hinter dem Netz zum Nachbargehege. Denn die zwölf Wochen alten Welpen sind noch ungestüm und teilweise unbeholfen auf den Pfoten. Deshalb sollen sie, bevor die Familie zusammengeführt wird, zuerst ohne den Kater in Ruhe die Gebirgslandschaft kennen lernen, ihre Kräfte ausprobieren und Körperkontrolle üben. Dafür wechseln sie ab Donnerstag auf die obere Anlage. Dort können die Gäste sie auf Augenhöhe beim Toben und Turnen, Raufen und Rangeln beobachten.

Wenn die kleinen Schneeleoparden in der Wilhelma in Stuttgart ihre ersten Klettertouren wagen, ist Mutter Kailash nie weit entfernt. Im April 2021 brachte sie Drillinge auf die Welt.

„Zu erleben, wie die drei lebensfrohen Kätzchen unbekümmert aufwachsen, ist herrlich“, sagt Wilhelma-Direktor Dr. Thomas Kölpin. „Wegen der ergreifenden Vorgeschichte sind unsere kleinen Helden aber für den Artenschutz heute schon große Stars. Es ist ein mustergültiges Beispiel, wie der Artenschutz in der Natur und den Zoos ineinander greift.“ Dass die drei Mädchen überhaupt auf die Welt kommen konnten, geht letztlich auf eine internationale Kooperation zurück. Denn als Töchter von Kailash sind sie Enkelinnen von Dshamilja. Ihr kommt eine spezielle Bedeutung innerhalb des Erhaltungszuchtprogramms der europäischen Zoos zu.

Bei den kleinen Schneeleoparden in der Wilhelma in Stuttgart steht nichts außer Rennen und Raufen, Klettern und Kratzen auf dem Programm. Im April 2021 kamen Drillinge auf die Welt.

Dshamilja, die im Jahr 2000 im zentralasiatischen Hochgebirge von Tadschikistan geboren wurde, war mit nur fünf Monaten in die Schlagfalle von Wilderern geraten und hatte dadurch ein Drittel ihres rechten Hinterfußes eingebüßt. Dies führte dazu, dass sie Zeit ihres Lebens stark hinkte. Eine Anti-Wilderer-Einheit entdeckte das verletzte Jungtier auf einem Schwarzmarkt in Bischkek, der Hauptstadt Kirgisien, und beschlagnahmte es. Ohne Mutter und mit dieser Verstümmelung war an ein eigenständiges Leben in der Wildnis nicht zu denken. Im Zoo Zürich mit seiner langjährigen Zuchterfahrung mit Schneeleoparden konnte Dshamilja in dem geschützten Umfeld menschlicher Obhut aufwachsen. Sie erreichte das hohe Alter von 19 Jahren und hatte sogar mehrfach Nachwuchs. Unter ihren drei Söhnen und vier Töchtern war 2010 auch Kailash, die Ende 2011 in die Wilhelma kam und die Familiengeschichte fortschreibt.

Bei den kleinen Schneeleoparden in der Wilhelma in Stuttgart steht nichts außer Rennen und Raufen, Klettern und Kratzen auf dem Programm. Im April 2021 kamen Drillinge auf die Welt.

„Es motiviert unheimlich zu sehen, dass durch die Zusammenarbeit nicht nur das Einzeltier vor dem Tod gerettet werden konnte, sondern dies über Generationen dazu beiträgt, dass die einmalige Großkatzenart noch eine Zukunft hat“, sagt Kölpin. Die Zoos halten und züchten viele bedrohte Arten als Reserve. Doch dafür soll kein gesundes Tier der Natur entzogen werden. Um im Zootierbestand die genetische Vielfalt zu erhalten und so eine robuste Gesundheit der Tiere zu gewährleisten, erfolgt in internationaler Absprache ein genaues Management, welche Kater und Katzen Zuchtpaare bilden. Kommt einmal über einen Sonderfall wie Dshamilja ein Tier aus der Wildbahn hinzu, ist es wichtig, diese seltene Abstammungslinie fortsetzen. „Für Kailash ist dies ihr dritter Wurf“, erklärt die Raubtier-Kuratorin, Dr. Ulrike Rademacher. „Bei dem wertvollen Nachwuchs sind wir besonders froh darüber, dass es wieder geklappt hat. Denn Kailash kommt mit elf Jahren in ein Katzenalter, in dem das keine Selbstverständlichkeit mehr ist.“ Kailash hat in der Wilhelma bereits einmal Drillinge und zuletzt Zwillinge aufgezogen. Die 2013 geborenen Kamal, Karim und Laila wurden damals über die Zuchtkoordinatoren an Zoos in Portugal, USA und Belgien vermittelt, um eigene Familien gründen zu können. Von den inzwischen ebenfalls herangewachsenen Jungtieren, die 2019 auf die Welt kamen, ist Askar im Juni im Parco Faunistico Le Cornelle bei Mailand platziert worden. Auf Malou wartet der Zoo Salzburg.

Bei den kleinen Schneeleoparden in der Wilhelma in Stuttgart steht nichts außer Rennen und Raufen, Klettern und Kratzen auf dem Programm. Im April 2021 kamen Drillinge auf die Welt.

Die Wilhelma hält seit 30 Jahren Schneeleoparden. Dabei gelang die Nachzucht insgesamt jetzt zum 13. Mal. „Dass wir jetzt so schnell zwei Würfe hintereinander hatten, zeigt, dass sich Kailash und Ladakh auf der neuen 2018 eröffneten Anlage sehr wohl fühlen und ihre Jungtiere dort gut aufziehen können“, sagt Rademacher. Mit Zuschüssen des Fördervereins hatte die Wilhelma auf 730 Quadratmetern eine geräumige Gebirgslandschaft gestaltet, die sich mehrfach unterteilen lässt, wenn es die Aufzucht erfordert.

Wenn die kleinen Schneeleoparden in der Wilhelma in Stuttgart ihre ersten Klettertouren wagen, ist Mutter Kailash nie weit entfernt. Im April 2021 brachte sie Drillinge auf die Welt.

Direktor Kölpin betont: „Wie das Schicksal von Dshamilja zeigt, müssen der Schutz gegen die Bedrohung in der Natur, die Rettung verletzter Tiere und die Nachzucht Hand in Hand gehen. Die Wilhelma beteiligt sich daher an allen Aspekten aktiv. Dawa, Karma und Nyima sind sicher die besten Botschafterinnen ihrer Art. Wir würden uns freuen, wenn wir dadurch zusätzliche Unterstützung erhalten, die wir zielgerichtet investieren können.“ Die Wilhelma engagiert sich außer im Europäischen Erhaltungszuchtprogram auch direkt vor Ort, indem sie sich mit dem Naturschutzbund Deutschland (NABU) im Lebensraum der Schneeleoparden für deren Schutz einsetzt. Mit Spenden fördert der Zoologisch-Botanische Garten unter anderem eine Anti-Wilderer-Einheit und ein Rehabilitationszentrum für beschlagnahmte und verletzte Tiere in Kirgistan. Die Gelder setzen sich zusammen aus dem eigene Artenschutz-Budget der Wilhelma, Tier-Patenschaften, dem Artenschutz-Euro, den Gäste beim Kauf von Eintrittskarten freiwillig beisteuern können, sowie gezielten Spenden für das Schutzprojekte.

Wilhelma, Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart
11.07.2021

Wilhelma – Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart

Große Tierhäuser nach acht Monaten wieder geöffnet: Überraschung wartet im Terrarium

Neues Australienkrokodil trägt noch ein Geheimnis

Australienkrokodil Bong lebt jetzt in der seiner Heimat nachgebildeten Halle.
Foto: Wilhelma Stuttgart

Manche Ecken der Wilhelma gilt es neu zu entdecken. Denn nach fast acht Monaten durfte der Zoologisch-Botanische Garten in Stuttgart seit kurzem erstmals wieder seine großen Tierhäuser öffnen. Die dort seit Mitte Oktober geborenen Jungtiere kannten bisher gar keine Gäste. Während das kleine Zweifingerfaultier über ein „Starfoto“ zumindest schon im Internet beliebt ist, hält das Aquarien- und Terrariengebäude eine Überraschung bereit.

In der Abgeschiedenheit der Corona-Schließung ist Ende April ein neues Krokodil eingezogen, das selbst noch ein kleines Rätsel aufgibt. Der Neuzugang aus dem Zoo Frankfurt komplettiert das Quartett der beiden australischen Krokodilarten. Auf dem Fünften Kontinent leben die kleineren Australienkrokodile nur im Süßwasser von Flüssen und Sümpfen, die großen Leistenkrokodile dagegen vertragen Salzwasser und sind daher auch in Mündungsbereichen und im Meer zu finden. So begegnen sich die beiden Arten in der Natur in manchen Regionen. Die Krokodilhalle ist einer solchen Gegend im Nordosten Australiens in der Landschaftsgestaltung und Vegetation nachgebildet: dem Daintree-Nationalpark.

Foto: Wilhelma Stuttgart

Bei den Leistenkrokodilen verfügte die Wilhelma bereits über ein prominentes Pärchen mit Frederick, dem mit 4,31 Meter Länge und 520 Kilo Gewicht größten Krokodil Deutschlands, und Tong, dem springenden weißen Krokodil. Nun hat auch das dagegen mit gerade 1,60 Meter und 15 Kilo zierliche Australienkrokodil Gesellschaft bekommen. „Billa war bisher sehr zurückhaltend und wird immer munterer und agiler“, sagt Wilhelma-Direktor und Reptilienexperte Dr. Thomas Kölpin. „Jetzt legt sie sich sogar mit unserem Neuzugang Bong an, wenn es gilt, sich die leckersten Futterhappen zu schnappen.“ Ob Bong der geschätzt 35-Jährigen ein echter Partner wird oder eher eine beste Freundin: Das ist noch die entscheidende Frage. Denn bei dem erst sieben Jahre alten und 1,25 Meter langen Tier sind die äußeren Geschlechtsmerkmale naturgemäß nur wenige Millimeter groß.

Foto: Wilhelma Stuttgart

Krokodile besitzen keine Geschlechtschromosomen. So entscheidet die Temperatur im Bruthügel aus Erde und Pflanzen, ob aus einem Ei ein Männchen oder Weibchen schlüpft: unter 30 Grad definitiv ein Weibchen, über 34 Grad ein Männchen. Dazwischen ist beides möglich. Weil Bong nicht in einem Inkubator ausgebrütet wurde, sondern in der Krokodilanlage des Zoos Frankfurt schlüpfte, gibt es keine Gewissheit darüber. Doch das ist erst einmal nachrangig, denn bei Australienkrokodilen setzt die Geschlechtsreife erst nach deutlich mehr als zehn Jahren ein. Daher ist der Name Bong neutral gewählt. Er fußt auf einem Wortspiel, denn im Zusammenklang ist Billabong ein Ausdruck, der in Australien verwendet wird für den Altarm eines Flusses oder ein Wasserloch, das sich nur in der Regenzeit füllt und für Mensch und Tier eine wichtige Quelle ist.

Der Größenunterschied zwischen Bong (vorne) und Billa ist deutlich.
Foto: Wilhelma Stuttgart

In der Wilhelma werden die beiden Arten getrennt gehalten, um jedes Risiko zu vermeiden. Doch eigentlich gehören die Kleinen nicht ins Beuteschema der Großen und es kommt auch keine Futterneid auf. Denn die Australienkrokodile sind mit ihren langgezogenen spitzen Mäulern für den Fischfang spezialisiert, während die schwergewichtigen Leistenkrokodile vor allem Jagd auf Säugetiere und große Vögel machen.

Wilhelma – Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart
07.07.2021

Wilhelma, Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart

Geburten auf dem Schaubauernhof bei Poitou-Eseln und Limpurger Rindern

Fohlen und Kälbchen bei seltenen alten Nutztierrassen

Das Stutfohlen Lucille ist der jüngste Nachwuchs von Mutter Brise der seltenen alten Nutztierrasse der Poitou-Esel in der Wilhelma in Stuttgart.
Foto: Wilhelma Stuttgart

Bei den alten Nutztierrassen auf dem Schaubauernhof der Wilhelma gab es Nachwuchs. Doch könnte der Kontrast kaum größer sein. Das Kälbchen der Limpurger Rinder kommt bei Farbe und Form ganz nach seinen Eltern. Das Fohlen der Poitou-Esel wirkt dagegen aus der Art geschlagen. Statt des typischen gelbraunen Zottelfells, das als Rastamähne die wuchtige Körperform der Erwachsenen verdeckt, trägt die schlanke junge Stute figurbetont ein eng anliegendes Plüschfell ganz in Schwarz. Ohne Hippiefrisur wirken beim kleinen Langohr die Lauscher gewaltig. Mit noch schlaksigen Beinen und schlackernden Ohren tollt das Jungtier in Galoppsprüngen um die geduldige Mutter Brise herum, die sich altersgemäß geruhsam-behäbig bewegt.

Doch ist es nur eine Frage der Zeit, bis offenbar wird, dass die kleine Lucille durchaus nach der Mutter schlägt. Jeweils nach etwa einem Jahr kommt bei den Fohlen die bekannte Fellfarbe, und das Haarkleid wallt immer üppiger und die Statur wird stämmiger. Denn die auch „Riesenesel“ genannte Rasse bringt mit bis zu 450 Kilo die schwersten Esel der Welt hervor. Bei einer Schulterhöhe von bis zu 1,50 Metern zählen sie auch zu den größten Eselrassen. Dafür waren sie früher geschätzt. Der seit dem 10. Jahrhundert bekannte „Baudet du Poitou“ aus dem Westen Frankreichs kam damals nicht selbst als Nutztier zum Einsatz, sondern diente der Kreuzung mit großen Kaltblutpferden. So entstanden kräftige und widerstandsfähige Maultiere, die in der Landwirtschaft und als Transporttiere beim Militär begehrt waren, bevor die Maschinen Einzug hielten. Ohne diesen Bedarf ging danach allerdings der Gesamtbestand bis in die 1970er Jahre weltweit auf 44 Tiere zurück. Erst die international koordinierte Zucht, an der sich auch die Wilhelma seit 2007 beteiligt, konnte die Rasse vor dem Aussterben bewahren. Mittlerweile gibt es wieder über 500 der charismatischen Poitou-Esel.

Das Kalb der Limpurger Rinder ist den Eltern wie aus dem Gesicht geschnitten.
Foto: Wilhelma Stuttgart

Auch das Limpurger Rind schaut auf eine lange Tradition. Es gilt als die älteste heute noch lebende Rinderrasse Württembergs. Benannt ist sie nach der früheren Grafschaft Limpurg südlich von Schwäbisch Hall. Ihre Vielseitigkeit machte sie sehr nützlich. Im 17. Jahrhundert aus verschiedenen südwestdeutschen Gelbviehschlägen gezüchtet, diente das Limpurger Rind sowohl als Arbeitstier und lieferte zudem Milch und letztlich Fleisch. Später waren es wiederum der Einzug des Maschineneinsatzes in der Landwirtschaft sowie spezialisierte Züchtungen für Milch oder Fleisch, die das Limpurger Rind zunehmend verdrängten. Die Züchtervereinigung Limpurger Rind e.V. setzt sich – unterstützt von der Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen (GEH) – dafür ein, dass die Zucht fortgesetzt wird.

Fotogalerie:

Wilhelma, Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart
20.06.2021

Wilhelma Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart

Lockerungen greifen ab sofort auch in der Wilhelma

Keine Testpflicht am Eingang der Wilhelma

Ab dem 14. Juni 2021 ist auch das Faultierjungtier, welches im Menschenaffenhaus lebt, zu sehen.
Foto: Jessy Henssler

Mit dem Inkrafttreten der aktuellen Corona-Landesverordnung werden auch in der Wilhelma erste Lockerungsschritte vollzogen. Ab 8. Juni 2021, muss beim Einlass kein negativer Corona-Test mehr vorgelegt werden. Außerdem wird die Maskenpflicht im Außenbereich gelockert. Diese gilt nur noch in den gekennzeichneten Bereichen, also an Engstellen, in Innenräumen und bei besonders durch das Virus gefährdeten Tierarten.

Auch die Gastronomie kann in der Wilhelma wieder öffnen. Jedoch wird hier für die Nutzung des Innen- und Außenbereichs auch weiterhin ein negativer Corona-Test, ein Impf- bzw. ein Genesungsnachweis benötigt. Die Kontrolle von diesen Tests erfolgt direkt vor Ort durch Marché, den Gastronomiepartner der Wilhelma. Eine Verpflegung ist allerdings auch ohne einen Testnachweis weiterhin an den Imbissständen und Kiosken möglich.

„Wir freuen uns sehr, dass wir der Normalität in kleinen Schritten näher kommen“, sagt Wilhelma-Direktor Dr. Thomas Kölpin. „Die sinkenden Coronazahlen erlauben uns zudem, die maximalen Besucherzahlen etwas anzuheben. So sind ab sofort 6.000 Personen über den Tag verteilt im Zoologisch-Botanischen Garten Stuttgart zugelassen.“

Des Weiteren sind die nächsten Lockerungen bereits in Sicht: Ab kommender Woche Montag, 14. Juni 2021, werden die ersten Häuser wieder geöffnet. Das Amazonienhaus, das Aquarium- und Terrarium, das Insektarium und das Menschenaffenhaus können so wieder besucht werden. Hier gilt Maskenpflicht und der Zugang wird reguliert.

Wichtig ist, dass sich an dem Buchungsverfahren nichts ändert. Bis auf Weiteres können Tickets für die Wilhelma nur online gebucht werden. Dies gilt auch für Jahreskarteninhaber*innen und Fördervereinsmitglieder, die auch weiterhin eine kostenlose Terminbuchung brauchen. Auch für das Parkhaus müssen die Tickets online erworben werden. Sobald die Häuser öffnen, wird auch der Eintrittspreis angepasst. Ab dem 14. Juni gilt dann wieder der Normaltarif von 20 Euro pro Erwachsenem und acht Euro pro Kind.

Text: Wilhelma, Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart Foto: Jessy Henssler
09.06.2021

Schwalbenfreundliches Haus: NABU zeichnet Wilhelma in Stuttgart aus

Glücksboten ziehen im Zoo ein – Baumaterial vom Schlammbad der Elefanten

Die Wilhelma ist am 07.06.2021 als Schwalben freundlicher Zoo ausgezeichnet worden.

Stuttgart – Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer. Das bekannte Sprichwort hat sich Wilhelma-Direktor Dr. Thomas Kölpin zu Herzen genommen. Sein Artenschutz-Engagement hat der Chef des Zoologisch-Botanischen Gartens in Stuttgart kurzerhand auf die gefiederten Glücksboten ausgeweitet. Für sie wurden 21 Nisthilfen in und an den Ställen aufgehängt. Der NABU würdigt heute (7.6.) dieses Engagement für die bedrohten Agrarvögel mit einer Auszeichnung als „Schwalbenfreundliches Haus“. „Diese Auszeichnung hat die Wilhelma redlich verdient. Auf dem Gelände finden die flinken Insektenjäger alles, was das Schwalbenherz begehrt – ungestörte Brutplätze, reichlich Insekten als Nahrung sowie Lehmpfützen für den Nestbau“, sagt der NABU-Landesvorsitzende Johannes Enssle.

Wilhelma-Schwalben nisten in exotischer Nachbarschaft

Offene Ställe bieten hervorragende Nistplätze für die Glücksboten. Während sie für gewöhnlich in Kuh- und Pferdeställen nisten, brüten die Wilhelma-Schwalben in exotischer Nachbarschaft. Rauchschwalben haben ihre kugeligen Lehmnester hoch über den Köpfen von Alpakas, Schraubenziegen und Rindern in die Stallecken gebaut. Im Schlammbad der Elefanten und in den Pfützen der umliegenden Gehege finden sie Lehm als Baumaterial. Nach Pfingsten haben die Auszubildenden der Wilhelma eigens eine weitere Lehmpfütze neben dem Stall der Trampeltiere angelegt. Insekten jagen die Schwalben im angrenzenden Rosensteinpark, am nahen Neckar und auf den vielen Blühflächen des Zoos.

Artenvielfalt vor der Haustüre schützen

Damit die muntere Schwalbenschar weiterwächst, hat die Wilhelma damit begonnen, künstliche Nisthilfen für Mehl- und Rauchschwalben anzubringen. „Als erster deutscher Zoo ist die Wilhelma in Stuttgart Anfang des Jahres der globalen Koalition für Artenvielfalt der Europäischen Kommission beigetreten. Unsere Verpflichtung fassen wir so auf, uns neben dem Engagement für den weltweiten Artenschutz auch konkret für die Artenvielfalt vor der Haustüre einzusetzen“, betont Wilhelma-Direktor Kölpin. In den neu errichteten Stallungen der Yaks, Trampeltiere und Mesopotamischen Damhirsche wurden daher dieses Jahr fünf zusätzliche Nisthilfen für die einzeln nistenden Rauchschwalben angebracht. Am Trampeltierstall und am ehemaligen Straußenstall können zudem bald Mehlschwalben-Familien die Kunstnester an der Außenfassade beziehen. Für die in Kolonien brütenden Mehlschwalben wurden 16 Nester installiert.

Als Heim für Schwalben ist die Wilhelma optimal, stimmt der NABU-Schwalbenbeauftragte Rudi Apel zu: „Wir freuen uns über das Engagement der Wilhelma sehr. Als Zoologisch-Botanischer Garten kann sie ihren Bildungsauftrag nutzen, um über die heimische Artenvielfalt und ihren Schutz aufzuklären. Weil er in der Stadt und doch mitten im Grünen liegt, finden die Schwalben ausreichend Nahrung.“ Das ist auch lebenswichtig, denn für die Versorgung ihrer Jungen ist jedes Schwalbenpaar auf etwa ein Kilogramm Insekten pro Saison angewiesen. Zur Förderung der Insektenvielfalt hat die Wilhelma die Mähzeiten der Grünflächen angepasst. Eine Vielzahl an Blühflächen laden jetzt Insekten zum Nektartanken und Pollensammeln ein.

Hintergrund: Das Projekt „Schwalbenfreundliches Haus“: www.NABU-BW.de/schwalben

Weitere Informationen über Schwalben:

  • Schwalben kehren jedes Jahr an ihre Brutplätze zurück. Die ersten Schwalben trafen dieses Jahr um den 20. April in der Wilhelma in Stuttgart ein. Als Langstreckenzieher legen sie teils mehr als 12.000 Flugkilometer aus ihrem Winterquartier zurück.
  • In der Wilhelma brüten bisher Rauchschwalben. Sie sind an ihren langen Schwanzspießen und der braunroten Färbung an Kehle und Stirn erkennbar. Sie nisten in Ställen und Scheunen. Die blauschwarze Mehlschwalbe mit leuchtend weißem Bürzel und Bauch baut ihr Nest an rau verputzte Hauswände unter geschützten Dachvorsprüngen. Auch für sie wurden Nisthilfen installiert.
  • NABU-Auszeichnung: Seit dem Start der bundesweiten Aktion 2017 wurden rund 6.300 Häuser ausgezeichnet. In Baden-Württemberg gibt es die Aktion zum Schwalbenschutz schon seit 2007, seitdem wurden rund 2.100 Plaketten in alle Landesteile versandt.
  • Rückgang: Von 1980 bis 2016 hat sich die Zahl der Rauchschwalbenpaare mehr als halbiert. Auch der Bestand der Mehlschwalbe ist im Sinkflug. Ursachen dafür sind unter anderem der Verlust von Lebensräumen, Insektenschwund, fehlende Nistplätze durch Haussanierung und moderne Ställe sowie die Vogeljagd in Südeuropa und Nordafrika. Schwalben und ihre Nester sind durch das Bundesnaturschutzgesetz ganzjährig geschützt.

Kooperationspartner: Der NABU und die Wilhelma arbeiten ebenfalls für den Erhalt der Schneeleoparden zusammen. Die Wilhelma unterstützt das NABU-Programm zum Schutz der Schneeleoparden in der Wildnis Kirgisiens durch Spendenaktionen.

NABU Baden-Württemberg und Wilhelma – Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart
09.06.2021

Wilhelma, Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart

Fünf Mal Nachwuchs in sechs Wochen

Jungtiere sorgen für turbulente Tage bei den Totenkopfäffchen

Huckepack auf dem Rücken der Mutter lernen die Kleinen die Welt kennen.
Foto: Wilhelma

Eine echte Rasselbande wächst bei den ohnehin turbulenten Totenkopfäffchen der Wilhelma in Stuttgart heran. Gleich fünf Mal in den vergangenen sechs Wochen hat sich Nachwuchs eingestellt und den Affentrupp von 15 auf 20 anwachsen lassen. Im Zoologisch-Botanischen Garten sind die südamerikanischen Primaten zwischen Palmen und Papageien auf den Subtropenterrassen zu finden.

Die Jungtiere starten kurz nach der Geburt in ein bewegtes Leben. Instinktiv greifen die Traglinge nach dem Fell der Mutter und klettern auf deren Rücken. Dort krallen sie sich als Passagiere mit einem Klammerreflex fest, damit sie ungeachtet aller Akrobatik der Mütter beim Klettern und Springen von Ast zu Ast stets „an Bord“ bleiben. Zu Beginn kümmert sich allein die Mutter um ihren Spross, später helfen Tanten und ältere Schwestern beim Babysitting und bringen die Kleinen zum Säugen zurück. Über drei bis vier Monate erlangen die jungen Affen schrittweise ihre Selbstständigkeit in der quirligen Welt des Huschens und Hangelns, des Balancierens und Balgens mit Altersgenossen.

Über drei bis vier Monate werden die Jungtiere allmählich selbstständig.
Foto: Jana Müller

Bei den Totenkopfaffen geben in der Gruppe die Weibchen den Ton an. Die Männchen bleiben die meiste Zeit etwas außen vor und nehmen in der Paarungszeit gezielt an Gewicht und Statur zu, um den potenziellen Partnerinnen zu imponieren. Sie ernähren sich vielseitig: In der Natur ergänzen neben Früchten und Samen Eier, Frösche und auch Kleinvögel den Speiseplan. Allerdings erreichen selbst ausgewachsene Tiere lediglich ein Gewicht von einem Kilo. Für ihr sprunghaftes Leben in den Baumkronen der Wälder Boliviens und Brasiliens ist das von Vorteil, ebenso wie der zum Austarieren hilfreiche Schwanz. Der ist mit 40 Zentimetern sogar länger als der 30 Zentimeter messende Körper.

Innerhalb von sechs Wochen sind fünf Totenkopfäffchen in der Wilhelma in Stuttgart geboren worden.
Foto: Jana Müller

Die Wilhelma beteiligt sich an dem Europäischen Erhaltungszucht-Programm (EEP) für diese Schwarzkappen-Totenkopfaffen. Eine Koordinationsstelle managt den Bestand in den europäischen Zoos, damit die Gruppen genetisch möglichst breit aufgestellt sind und gesunden, widerstandsfähigen Nachwuchs bekommen. Dafür, dass die kleinen Publikumslieblinge dauerhaft fit und munter bleiben, können die Besucherinnen und Besucher etwas beitragen. Denn die Totenkopfäffchen sind gesellig und neugierig. Deshalb zeigen die Tiere gegenüber den Wilhelma-Gästen wenig Scheu und stecken sogar die Hände durchs Gitter. Damit sie nicht krank werden, dürfen sie auf keinen Fall gefüttert werden. Denn die Tiere machen beim Fressen keinen Unterschied, was gut und was schädlich für sie ist, sondern stecken alles in den Mund.

Fotogalerie:

Wilhelma – Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart

Zuchtprogramm der Zoos rettete Tierart vor Aussterben

In der Natur ausgerottete Davidshirsche neu in der Wilhelma

Bei dem Hirsch (blaue Ohrmarke) sind die Hornansätze zu erkennen.
Foto: Wilhelma Stuttgart

Besondere Botschafter sind in die Wilhelma eingezogen. Die Neulinge erzählen eine traurige Geschichte mit einer positiven Wendung. Die aus Asien stammenden Davidshirsche würden gar nicht mehr existieren ohne den internationalen Einsatz von Zoos in Europa. Im Zoologisch-Botanischen Garten in Stuttgart äsen jetzt seit genau 20 Jahren erstmals wieder ein Hirsch und zwei Kühe dieser eindrucksvollen Art, fast so groß wie ein Rothirsch. In der Natur sind sie längst ausgerottet. Auch in menschlicher Obhut standen sie vor dem Aus. Sie stehen heute als Erfolgsstory dafür, dass Zoos Tierarten vor dem Aussterben retten können.

Einst besiedelten sie die Sumpfgebiete des östlichen Asiens. Die Zahl der begehrten Davidshirsche war immer weiter gesunken, bis es im 19. Jahrhundert nur noch eine Herde im so genannten Südlichen Hirschgarten bei Peking, einem Jagdrevier der chinesischen Kaiser, gab. Das Überleben solcher Einzelvorkommen ist äußerst bedroht, weil eine Seuche oder Naturkatastrophe die gesamte Art auslöschen kann. Auch dieser Restbestand fand sein jähes Ende, als eine Flut 1895 den Park ereilte. Viele Tiere ertranken, einige flohen aus dem Revier, wurden jedoch außerhalb von Wilderern erlegt. Einzelne Überlebende wurden in den Kriegswirren des Boxeraufstands 1900 geschossen. Der letzte Davidshirsch in Asien starb 1922 im Zoo von Peking, so heißt es.

Benannt sind sie nach dem französischen Pater Armand David, der sie 1865 als erster Europäer in China sah und Felle zur zoologischen Erstbeschreibung nach Europa schickte. Dass die Milus, wie sie auch genannt werden, überhaupt erhalten geblieben sind, lag einzig und allein daran, dass außerhalb ihres angestammten Lebensraums Zoos im fernen Europa eine Population gehalten haben, die als Reserve dienen konnte. Denn Diplomaten aus Frankreich, Großbritannien und Deutschland hatten in der Folge vom Kaiser einige lebende Exemplare der seltenen Milus als Präsent bekommen. Diese wenigen Tiere führten sie im Park des Herzogs von Bedford, der bereits exotische Hirscharten in seinen Gärten hielt, zu einer Herde zusammen. In dieser erfolgreichen Zucht wuchs die Zahl über Generationen auf 300 Tiere an, aus denen Zoos nach dem Zweiten Weltkrieg weitere Zuchtgruppen aufbauten. So konnten inzwischen Davidshirsche nach Asien zurückgeführt werden. In einem Naturreservat für Milus in China leben mittlerweile rund 2000 von ihnen. Das Happy End wäre erreicht, wenn sie sich dort auch in der Natur wieder dauerhaft etablieren könnten.

Die beiden Milu-Kühe kamen aus dem Tierpark Berlin in die Wilhelma.
Foto: Wilhelma Stuttgart

Angepasst sind die Davidshirsche auf das Leben in sumpfigen Gebieten, wie tief gelegenes und zeitweilig überschwemmtes Gras- oder Marschland. Ihre großen Hufe sind spreizbar, was ein Einsinken verhindert. Sie ernähren sich dort gleichermaßen von Gräsern, Schilf und Wasserpflanzen sowie Sträuchern. Sie vertragen starke Temperatur-Unterschiede von minus 15 bis plus 35 Grad. Von allen Hirschen haben Milus den längsten Schwanz, der mit seiner schwarzen Quaste an Esel erinnert und 35 Zentimeter Länge erreichen kann. In der Wilhelma gab es Davidshirsche bereits einmal von 1993 bis 2001. Von den drei jetzt rund einjährigen Tieren erhielt die Wilhelma das Männchen aus dem Zoopark Chomutov im tschechischen Erzgebirge, die beiden Weibchen aus dem Tierpark Berlin.

Wilhelma – Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart
30.05.2021

Wilhelma / Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart

Zwei Brillenbären aus Zoo Frankfurt in Wilhelma eingezogen

Große Klettermaxe füllen verwaiste Bärenanlage mit viel Leben

Nach der Quarantäne durften die Brillenbären, hier Cashu, auf die Außenanlage.
Foto: Wilhelma

Ruhig geworden war es auf der Bärenanlage der Wilhelma in Stuttgart. Schlagartig ist das jetzt anders: Zwei Neuankömmlinge aus dem Zoo Frankfurt haben die zuletzt während einer Renovierung verwaiste Landschaft in Besitz genommen. Im Moment beschnüffeln und beäugen die beiden Brillenbären jeden Zentimeter. Nach ihrer Ankunft Ende April mussten Cashu und ihre Tochter Suyana standardmäßig zunächst zur Quarantäne in den Innenställen bleiben und sich eingehenden Gesundheitschecks unterziehen.

Neugierig nahm Cashu die Außenanlage in Augenschein.
Foto: Wilhelma Stuttgart

Die Eingewöhnungsphase ist vorüber. Wandern und Klettern, Baden und Fischen sind jetzt angesagt. So viel Aktivität war auf dem Bärenhügel lange nicht mehr zu beobachten. Denn die bisherigen Bewohner waren die Erstbezieher von 1991, als die Anlage eröffnet wurde. Zuletzt hatten diese Senioren ihren Lebensabend sehr geruhsam verbracht haben. Neugierig und aktiv erkunden dagegen nun Cashu und Suyana jede Ecke und jeden Winkel der für die Brillenbären größer gewordenen Anlage.

Besonderes Interesse von Cashu fanden die Fische im Wasserbecken.
Foto: Wilhelma Stuttgart

„Es macht Spaß zu sehen, wie aktiv sie das Gelände nutzen“, sagt Wilhelma-Direktor Dr. Thomas Kölpin. „Das ist spannend für die Tiere und für die Besucher attraktiv.“ Bisher war die Gesamtanlage aus drei Gehegen aufgeteilt für Brillenbären und Syrische Braunbären. Nachdem der letzte Bewohner im November in hohem Alter gestorben war, hat die Wilhelma das ganze Terrain den Brillenbären zugeschlagen. „Weil sie im Bestand bedroht sind, möchten wir die Brillenbären stärker fördern“, erklärt Kölpin. „Im Zuge unserer Artenschutz-Maßnahmen unterstützen wir zudem ein Projekt zum Erhalt der Lebensräume in Südamerika.“ Braunbären gibt es im Verhältnis dazu noch recht zahlreich.

Das Brillenbär-Weibchen Cashu inspizierte auch eine riesige Hängematte.
Foto: Wilhelma Stuttgart

Bei Neulingen in der Wilhelma ist es anfangs ungewiss, wie sie ihr Domizil annehmen. Von den beiden Bärendamen zeigte die erfahrene 18-jährige Cashu gleich Forscherdrang und maß das Gelände Pfote um Pfote aus. Die dreijährige Tochter Suyana schaute dagegen zunächst lieber aus sicherer Warte im Durchgang zwischen Innen- und Außengehege zu, wie ihre Mutter als Pfadfinderin „Neuland“ betrat. Inzwischen folgt sie deren Beispiel, wenn auch nach dem Motto „lieber vorsichtig als vorwitzig“.

Cashu nahm ausgiebig die Witterung in alle Richtungen auf.
Foto: Wilhelma Stuttgart

Nach dem Tod des fast 31-jährigen Brillenbären Ambrose im November hatte der Zoologisch-Botanische Garten die Zeit ohne Tierbesatz genutzt, Leitungen zu erneuern, den Pflanzenbestand zu pflegen und viele  Extras für die künftigen Bewohnerinnen einzurichten. Denn während Braunbären sehr bodenständig leben, lieben Brillenbären es, zu klettern und in der Höhe zu schlafen. So entstanden verschiedene Kletterareale mit mehreren hohen Bäumen. Unterstände wurden gebaut, so dass die Bären aussuchen können, ob sie auf deren Dächern in der Sonne liegen möchten oder sich darunter im Schatten ausruhen. Stabile Hängematten laden die Tiere zu einem Nickerchen ein. Als Sonderkonstruktion ist ein „Rüttelbaum“ hinzugekommen: An einer flexiblen Stange hängt ein Korb mit Leckereien, wie Nüssen oder Früchten. Sie ist zu dünn zum Hochklettern. Die Bären müssen herausfinden, dass die Leckereien durch die Maschen des Korbs herabfallen, wenn sie daran rütteln. „Mich freut, dass die vielen Möglichkeiten bei Cashu und Suyana super ankommen“, sagt die Raubtier-Kuratorin Dr. Ulrike Rademacher. Wasser, Land und Höhe sind gleichermaßen beliebt. „Wir haben beobachtet, wie sie schon versuchen, Fische zu fangen, und in die Spitze des zehn Meter hohen Kletterbaums kraxeln“, berichtet Rademacher.

Das erfahrene Brillenbär-Weibchen Cashu erkundete gleich beim ersten Ausgang die Außenanlage und nutzte die Klettermöglichkeiten.
Foto: Wilhelma Stuttgart

In der Wilhelma sind sie neben anderen Klettertieren zu erleben: den Steinböcken aus den Alpen und einer Schneeziege aus den Rocky Mountains in Nordamerika. Bergbewohner sind also auf dieser Seite des Hangs unter sich. Der Brillenbär wird auch Andenbär genannt. Denn ursprünglich lebt dieses größte Raubtier Südamerikas in dem Gebirgszug von Venezuela bis Argentinien auf Höhen zwischen 200 und 4000 Metern Höhe. Er mag die Nebelwälder dort. Geschickt klettert er trotz seiner behäbigen Gestalt die Stämme hinauf zu den Bromelien, die auf Astgabeln siedeln. Der Allesfresser bevorzugt Triebe und Früchte solcher Aufsitzer-Pflanzen. Aber auch Nüsse und Samen, Insekten und Kleintiere sowie Eier und Aas füllen seinen Magen.

Das junge Brillenbär-Weibchen Suyana war zunächst zögerlich, als das erste Mal das Tor zur Außenanlage aufging. Vom Durchgang zum Innenstall beobachtete sie, wie ihre Mutter Cashu das Gelände erkundete.
Foto: Wilhelma Stuttgart

In der Natur geht der Bestand der Brillenbären beständig zurück. Ihr Lebensraum zerfällt in immer kleinere Parzellen, weil besonders der Landbedarf für die Rinderhaltung zu immer weiteren Waldrodungen führt. Deshalb fördert die Wilhelma seit 2020 eine Artenschutz-Organisation in Ecuador, um dort das Habitat der Brillenbären zu erhalten. Mit Geldern aus ihrem Artenschutz-Budget und Spenden der Besucherinnen und Besucher konnte die Wilhelma der Naturschutzorganisation „Jocotoco“ bereits dreimal dabei helfen, die Schutzgebiete „Tapichalaca“ und „Narupa“ durch den Ankauf von Land um insgesamt mehr als 320 Hektar zu erweitern. In beiden Reservaten werden regelmäßig Brillenbären beobachtet, die dort auch Nachwuchs bekommen.

Wilhelma, Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart
20.05.2021

Wilhelma – Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart

Geburten bei seltenen Dscheladas und Mähnenspringern

Quirlige Affenjunge und Lämmer auf der Felsenanlage

Sieben Jungtiere der Dscheladas sind jetzt auf der Felsenanlage zu sehen.
Foto: Wilhelma Stuttgart

Auf den Fußwegen der Wilhelma herrscht durch die Besucherzahl-Begrenzung wegen Corona gerade weniger Betrieb. Für die Gehege gilt das dagegen nicht. Im Gegenteil: In einer der quirligsten Tiergemeinschaften des Zoologisch-Botanischen Gartens in Stuttgart geht es derzeit noch turbulenter zu als sonst. Die Affenbande der Dscheladas ist von Ende Februar bis Ende April durch gleich siebenfachen Nachwuchs um ein Drittel von 22 auf 29 Tiere gewachsen. Auch bei den Mitbewohnern der Afrika-WG, den Mähnenspringern, gab es im April zwei Geburten. Mit den beiden Lämmern springen jetzt 19 der Hornträger über die Felsenanlage. Die fünf kleinen Klippschliefer betrachten das Gewimmel mit der ihnen typischen Gelassenheit.

Umgeben von Erwachsenen wirken die wenige Wochen alten Jungtiere winzig.
Foto: Wilhelma Stuttgart

Bei den Dscheladas hat damit der Wechsel der Haremschefs vom vergangenen Sommer jetzt gleich das erste Mal Frucht getragen. Ihre beiden Vorgänger hatten als Zuchtmänner in der Wilhelma seit 2014 zahlreiche Kinder hinterlassen und zogen deshalb in andere Zoos weiter: Haryon in den Yorkshire Wildlife Park in England und Hope in den Zoologischen Garten in der Zitadelle von Besançon in Ostfrankreich. Ihre Nachfolger Achim und Johann kamen aus dem NaturZoo im westfälischen Rheine, der für seine erfolgreiche Dschelada-Zucht bekannt ist. Rheine und Wilhelma zählen zu den Säulen des europäischen Erhaltungszuchtprogramms für diese Affenart, die in der Natur immer seltener wird. In der Wildnis lebt sie im Hochland von Äthiopien in 1800 bis 4400 Metern Höhe auf Gebirgswiesen und in Felsschluchten, wo sie sich vor allem von Gräsern und Samen ernährt. Ihr geschätzter Wildbestand von 200.000 Tieren geht seit den 1970er Jahren zurück – nicht zuletzt wegen der immer häufigeren Dürren in der Region am Horn von Afrika.

Je aktiver die Kleinen werden, umso besser müssen die Mütter auf sie Acht geben.
Foto: Wilhelma Stuttgart

In Stuttgart hat nun wohl vor allem Achim ganze Arbeit geleistet. Denn ihm folgen die meisten Weibchen. Während die Männer, die an ihrem eindrucksvollen Poncho-artigen Fellmantel gut zu erkennen sind, an der Spitze der Gruppe stehen, sind es doch die Weibchen, die entscheiden, wem sie sich anschließen. Und da hat der etwas ältere Achim mit seinen sieben Jahren und vier Monaten offenbar einen Beliebtheitsvorsprung gegenüber dem sechseinhalb Jahre alten Johann, der öfter abseits sitzt.

Im April sind zwei Lämmer der Mähnenspringer geboren worden.
Foto: Wilhelma Stuttgart

Die sieben Mütter haben derweil alle Hände voll zu tun. Entweder sie halten die Säuglinge vor der leuchtend roten nackten Brust, die den Dscheladas auch den Namen Blutbrustpaviane einträgt, oder sie tragen sie unter dem Bauch, wenn sie ihre Sprösslinge über Stock und Stein transportieren. Die schon etwas Älteren unter den Jüngsten reiten inzwischen manchmal auf dem Rücken der Mutter. Je aktiver die Kleinen werden, je selbstständiger deren Ausflüge und je kühner die Turnübungen werden, desto mehr sind die Mütter bemüht, sie im Griff zu behalten: oft im Wortsinne, dann halten sie ihre Sprösslinge am Schwanz an der kurzen Leine.

Wilhelma – Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart
13.05.2021