Wilhelma – Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart

Geburt während der Corona-Schließung

Nachwuchs der Zweifingerfaultiere erkundet Amazonienhaus

Die ersten Wochen verbringt das kleine Faultier auf dem Bauch seiner Mutter Edeka. Vater Flash beteiligt sich nicht an der Aufzucht.
Foto: Wilhelma Stuttgart

Ungerührt von der Corona-Schließung der Wilhelma gehen die Faultiere im Zoologisch-Botanischen Garten in Stuttgart ihrem gemächlichen Leben nach. Ihre ganze Aufmerksamkeit gilt dem jüngsten Nachwuchs. Zum Jahresende waren Mutter Edeka und Vater Flash Eltern ihres zweiten Nachkommens geworden, der neuerdings immer vorwitziger aus dem langen Fell der Mutter hervorlugt. Das Kleine interessiert sich inzwischen auch für feste Kost und lässt sich von dem Trubel im Gehege um ihn herum nicht aus der Ruhe bringen. In dem kleinen Reich geht es nämlich nicht weniger quirlig zu als sonst – auch wenn derzeit keine Gäste dabei zuschauen. Die Familie der Zweifingerfaultiere teilt sich das Gehege im Amazonienhaus mit anderen südamerikanischen Tieren: Goldkopflöwenäffchen, Weißkopfsakis und Waldschildkröten.

In der Natur sind die Zweifingerfaultiere im Norden Südamerikas und in Mittelamerika beheimatet, wo sie die Baumkronen der Regenwälder selten verlassen. Pro Tag bewegen sie sich nur wenige hundert Meter, indem sie sich betont langsam von Ast zu Ast hangeln. Meist hängen sie kopfüber herab und schlafen bis zu 15 Stunden täglich. Raubtiere oder Greifvögel können sie so im dichten Laub schwer entdecken. Auch die Verdauung der Faultiere arbeitet im Zeitlupentempo: Nur einmal die Woche klettern sie vom Baum, um sich zu erleichtern. Denn sie ernähren sich vor allem von Laub und Knospen. Um aus der energiearmen Kost genug Nährstoffe zu ziehen, verwertet der Körper das Futter durch eine hohe Fermentation langsam und gründlich.

In der Wilhelma besteht der Faultier-Speiseplan hingegen vor allem aus Gemüse, wie Möhren oder Sellerie. Auch das Jungtier, das mit der Geburt ein vollständiges Gebiss hat, untersucht bereits neugierig den Inhalt der Futterschüsseln. „Schon in der ersten Woche hat es an den gekochten Kartoffeln geschnuppert, die unsere Faultiere besonders mögen“, berichtet Tierpflegerin Kerstin Beigang. „Bis es richtig mitisst, wird es aber ein wenig dauern.“ Denn im Moment bleibt die Muttermilch die Hauptnahrung für das kleine Faultier. Und ab und an probiert es vorsichtig von dem Salat, den Edeka vertilgt. So lernt es, welche Nahrung genießbar ist, und wird Schritt für Schritt auf ein selbstständiges Leben vorbereitet.

Auch das Klettern muss es erst noch meistern. Im Alter von etwa acht Wochen verlässt ein junges Faultier zum ersten Mal den Logenplatz auf dem Bauch der kopfüber hängenden Mutter und versucht, sich an Ästen entlang zu hangeln. „Wir müssen dann ein wenig darauf achten, dass Edeka ihren Nachwuchs nicht verliert“, erzählt Beigang. „Bei ihrem ersten Jungtier Espa war sie unerfahren und hat es anfangs manchmal bei ihren Ausflügen allein hängen lassen. Erst auf dem Rückweg hat sie es wieder eingesammelt.“ Bis zu zehn Monate genießt der Nachwuchs den Schutz der Mutter und kehrt immer wieder zu seinem Platz auf ihrem Bauch zurück. Wenn er selbstständig wird, geht er eigene Wege. So konnte die Wilhelma Espa im Juli mit 15 Monaten an den Zoo Rostock abgeben. Während Edeka sich fürsorglich zeigt, kümmert sich Vater Flash naturgemäß wenig um den Sprössling. Da Zweifinger-Faultiere Einzelgänger sind und vorwiegend zur Paarung zusammenfinden, beteiligt er sich nicht an der Aufzucht. Das Geschlecht des Jungtiers ist mit bloßem Auge nicht festzustellen. Erst wenn die Gen-Analyse einer Haarprobe Klarheit schafft, erhält es einen Namen.

Der Nachwuchs wird zwar noch einige Zeit lang gesäugt, versucht sich aber gelegentlich schon an einem Salatblatt.
Foto: Wilhelma Stuttgart

Wilhelma – Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart
28.01.2021

Wilhelma – Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart

Erster deutscher Zoo in „Globaler Koalition für Artenvielfalt“ der Europäischen Kommission

Wilhelma ruft zum Schulterschluss gegen das Artensterben auf

Wilhelma-Direktor Dr. Thomas Kölpin präsentiert ein Banner zum Beitritt zur globalen Koalition „Vereint für die Artenvielfalt“ mit Stefanie Reska, Leiterin von Umweltbildung und Artenschutz, am Flamingo-Gehege.
Foto: Wilhelma

Als erster deutscher Zoo und Botanischer Garten ist die Wilhelma jetzt der globalen Koalition „Vereint für die Artenvielfalt“ beigetreten. Mitten in der Corona-Pandemie fällt es schwer, den Blick für weitere große Menschheitsfragen zu schärfen. Doch steht 2021 mit der UNO-Konferenz für Biodiversität im chinesischen Kunming eine fundamentale Weichenstellung an, um das weltweit beispiellose Artensterben zumindest zu verlangsamen. Wissenschaftler warnen, dass bereits eine Million Arten unmittelbar bedroht sind. Deshalb hofft die Wilhelma in Stuttgart mit diesem Schritt ein Zeichen zu setzen und weitere Facheinrichtungen zu einem Schulterschluss und der Unterzeichnung eines gemeinsamen offiziellen Aufrufs zu motivieren. Dies soll der UNO-Tagung in der Öffentlichkeit den Weg bereiten und die Entschlusskraft der internationalen Gemeinschaft stärken.

Wilhelma-Direktor Dr. Thomas Kölpin präsentiert ein Banner zum Beitritt zur globalen Koalition „Vereint für die Artenvielfalt“ mit Stefanie Reska, Leiterin von Umweltbildung und Artenschutz, vor einer Gewächshauskuppel des Maurischen Landhauses.
Foto: Wilhelma Stuttgart

Die Europäische Kommission hatte diese Koalition #UnitedforBiodiversity am Welttag des Artenschutzes 2020 ins Leben gerufen. Sie ruft Nationalparks, Forschungszentren, Wissenschafts- und Naturkundemuseen, Botanische Gärten, Zoos und Aquarien auf, gemeinsam aufzutreten, um dem Erhalt der Natur eine stärkere Stimme zu geben, mit dem sich die 15. Vertragsstaatenkonferenz (COP15) des Übereinkommens über die biologische Vielfalt 2021 auseinandersetzen wird. Bisher zeigen international mehr als 150 Einrichtungen Flagge, vor allem in Frankreich und Spanien. Nach dem öffentlichen Beitritt des Naturhistorischen Museums Biotopia in München und des Zoologischen Forschungsmuseums Alexander Koenig in Bonn schließt sich die Wilhelma offiziell als dritte Einrichtung aus Deutschland an. Die Koalition wird ebenfalls vom Verband der Zoologischen Gärten (VdZ) unterstützt, der alle ihre Mitglieder aus Deutschland, Österreich und der Schweiz zum Beitritt einlädt.

„Für die Zukunft des Lebens auf der Erde gibt es drei zentrale Herausforderungen, die eng verknüpft sind“, sagt Wilhelma-Direktor Dr. Thomas Kölpin, „den Klimawandel, das Artensterben und die stetig wachsende Weltbevölkerung. Sie hängen zusammen, weil dieses Wachstum sowohl den Ausstoß an klimarelevanten Gasen verstärkt als auch die ausufernden Siedlungsgebiete und Landwirtschaftsflächen fast ungebremst in die Lebensräume der Tiere vordringen lässt.“ Der immer engere Kontakt zwischen Menschen und Wildtieren erleichtere nicht zuletzt auch das Überspringen von bis dahin unbekannten tödlichen Krankheitserregern, wie schon bei Ebola, HIV oder SARS und jetzt Corona. Solche Pandemien machten leidvoll deutlich, dass globale Phänomene auch nur global in den Griff zu bekommen seien. Jede Tier- oder Pflanzenart, die aussterbe, sei unwiederbringlich verloren. Damit sinke zugleich auch die Widerstandsfähigkeit des ganzen Ökosystems, sich durch seine Vielfalt auf wandelnde Rahmenbedingungen wie die Klimaerwärmung einstellen zu können. Die Wechselbeziehungen und direkten Auswirkungen menschlicher Aktivitäten hätten zu der akuten, sich weiter verschärfenden Klima- und Naturkrise geführt.

Wilhelma-Direktor Dr. Thomas Kölpin präsentiert ein Banner zum Beitritt zur globalen Koalition „Vereint für die Artenvielfalt“ mit Stefanie Reska, Leiterin von Umweltbildung und Artenschutz, vor dem Maurischen Landhaus.
Foto: Wilhelma Stuttgart

„Um diese irreparablen Schäden so gering wie möglich zu halten, muss die UN-Biodiversitätskonferenz von Kunming Ergebnisse gleicher Tragweite wie das Pariser Klimaschutz-Abkommen erreichen“, betont Kölpin. „Das kann nur gelingen, wenn ein steigendes Interesse und Problembewusstsein in der Öffentlichkeit den Handlungsdruck für die Delegationen aufbaut. Da ist es wichtig, dass vor allem die Fachleute an einem Strang ziehen und dem Thema in Deutschland, Europa und der ganzen Welt noch mehr Gehör verschaffen.“

Die Wilhelma gehört mit normalerweise mehr als anderthalb Millionen Besucherinnen und Besucher jedes Jahr zu den beliebtesten Freizeiteinrichtungen und außerschulischen Lernorten in Baden-Württemberg. „Bei so vielen naturinteressierten Gästen haben wir die Möglichkeit, aber auch die Verantwortung, die ökologischen Zusammenhänge und den Handlungsbedarf aufzuzeigen“, so der Direktor. Die Wilhelma gehört mit fast 1200 Tierarten und rund 8500 Pflanzenarten und -sorten zu den artenreichsten Institutionen der Welt. Auf 30 Hektar hält und züchtet sie bedrohte Tier- und Pflanzenarten und macht dazu zahlreiche umweltpädagogische Angebote für Jung und Alt. Zudem fördert sie weltweit rund 20 Artenschutz-Projekte. Die Gestaltung ihrer derzeit neu entstehenden Asienanlagen stellt die Wilhelma unter den Blickwinkel des Mensch-Tier-Konfliktes.

Als erster Zoo und Botanischer Garten in Deutschland tritt die Wilhelma der globalen Koalition „Vereint für die Artenvielfalt“ bei. Die Wilhelma fördert den Artenschutz weltweit an vielen Orten. Zur Bekanntgabe des Beitritts sind Direktor Dr. Thomas Kölpin und Stefanie Reska, Leiterin von Umweltbildung und Artenschutz, vor den Infotafeln zu dem Engagement am Eingang der Wilhelma zu sehen.
Foto: Wilhelma Stuttgart

Die Globale Koalition für Biodiversität geht auf die Initiative von Virginijus Sinkevičius zurück, dem EUKommissar für Umwelt, Meere und Fischerei. „Alle Arten, von den Bakterien bis zu den Säugetieren, von den Pflanzen bis zu den Insekten, sind Teile des einen großen Puzzles des Lebens. Sie sind alle miteinander verbunden und hängen voneinander ab“, sagt er und hebt hervor: „Doch eine dieser Spezies, unsere Spezies, ist jetzt für die Klimakrise und die Krise der Natur verantwortlich und verursacht einen massiven Verlust der Artenvielfalt. Indem wir die Ökosysteme der Erde zerstören, gefährden wir Menschen unsere Nahrung, unsere Gesundheit, unsere Wirtschaft und unsere eigene Zukunft.“ Deshalb sei es höchste Zeit, die Weichen neu zu stellen. Sinkevičius appelliert: „Weltweit zeigen uns Botanische Gärten, Zoos, Parks, Museen, Forschungszentren und Aquarien, was wir auf diesem Planeten schützen oder wiederherstellen müssen. Wir müssen dringend handeln – auf allen Ebenen, von der lokalen bis zur globalen –, sonst existiert künftig die einzige Chance, die Natur zu erleben, nur noch in diesen Institutionen. Das wäre ein Versagen der Menschheit. Es ist Zeit für uns, wieder eine Verbindung mit der Natur einzugehen.“

Der Aufruf der Europäischen Kommission, sich der Bewegung für den Erhalt der Artenvielfalt anzuschließen, findet sich im Internet unter #UnitedforBiodiversity: https://ec.europa.eu/environment/nature/biodiversity/coalition/index_en.htm

Wilhelma – Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart
19.01.2021

Wilhelma – Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart

Rückblick 2020 und Ausblick 2021

Wilhelma startet mit Glücksferkeln und Hoffnung ins neue Jahr

Mit einer Blüte der Sorte „Nuccio‘s Pearl“, hier in ihrer Kameliensammlung zu sehen, hat die Wilhelma 2020 den Siegerpokal der 17. Deutschen Kamelienschau in Pirna gewonnen.
Foto: Wilhelma Stuttgart

Das Corona-Jahr hat auch bei der Wilhelma ins Kontor geschlagen. Doch zerfällt die Bilanz des ZoologischBotanischen Gartens in Stuttgart für 2020 in zwei Gegensätze. Während sich die Zahl der Gäste aufgrund der Infektionsschutz-Maßnahmen glatt halbiert hat und die bisher weitgehende Eigenfinanzierung unmöglich machte, konnte die Wilhelma ihre inhaltliche Arbeit in Zoologie, Botanik, Parkpflege und Artenschutz fortsetzen und dabei einige Erfolge aufweisen. Statt jeweils rund 1,67 Millionen Besucherinnen und Besuchern in den beiden Vorjahren passierten 2020 exakt 805.001 Gäste die Tore. Der Bau moderner Gehege, seltene Geburten, neue Tierarten, umgestaltete Spielplätze, verstärkte Kooperationen und hoher Besuch waren die Höhepunkte im abgelaufenen Jahr. Für 2021 stehen bedeutende Neu- und Umbauten sowie die Vorbereitung der Gepardenzucht auf dem Programm. Zudem sollen neue Bären einziehen. Wann der Park nach der aktuellen Corona-Schließung wieder öffnen darf, steht noch nicht fest. Derzeit gilt die Schließung bis mindestens Ende Januar.

Im Frühling und Winter zusammen musste die Wilhelma 2020 ein Drittel des Jahres vorsorglich komplett schließen, und im Sommerhalbjahr herrschte durchgehend ein Besucherlimit. „Bei 800.000 Gästen sehe ich daher das Glas eher als halbvoll an“, sagt Wilhelma-Direktor Dr. Thomas Kölpin. „Gerne hätten wir mehr Menschen den Park zugänglich gemacht. Aber wenn durch die Beschränkungen mehr gesund geblieben sind, war das ein notwendiger Kompromiss. Zum Glück gab es kaum Ansteckungsfälle in unserer Belegschaft und wir haben keine Tiere durch COVID-19 verloren.“ Erleichtert habe es die Arbeit, dass die Wilhelma als Landesbetrieb das Land im Rücken habe, das Verluste ausgleichen könne. „Wir mussten den Betrieb ohne einen Tag Pause aufrechterhalten, um unsere exotischen Tiere und Pflanzen über die Runden zu bringen“, betont der Direktor. „Darauf, dass die Kolleginnen und Kollegen dies zur Einhaltung der Mindestabstände in kleineren Teams und Wechseldiensten so gut bewerkstelligt haben, können sie stolz sein. Ich bin ihnen sehr dankbar für den tollen zusätzlichen Einsatz über all die Monate.“

Der kleine Okapi-Bulle Laluk wurde am 7. April 2020 geboren.
Foto: Wilhelma Stuttgart

Zu den Besonderheiten gehörten 2020 die Geburten bei extrem seltenen Tierarten: Wertvolle Kälber kamen bei den Okapis, den Bongos und den Säbelantilopen zu Welt. Unter den Menschenaffen hatten die Bonobos Nachwuchs. Als Neuzugänge sind jetzt erstmals in der Geschichte der Wilhelma Yaks und Kirk-Dikdiks zu sehen. Die Grunzochsen leben auf der neuen Anlage für Asiatische Huftiere. In diesen im Juli eröffneten Gehegen leben außerdem Trampeltiere und Mesopotamische Damhirsche. Die Dikdiks gehören zu den kleinsten Antilopen der Welt und teilen sich ihr Domizil mit den großen Bongo-Antilopen, was für die Betrachter einen enormen Kontrast ergibt. Zu den Verbesserungen des vergangenen Jahres zählten auch die Erneuerung und Umgestaltung vieler Spielplätze, allen voran des Hauptspielplatzes vor dem Amazonienhaus. Auf seinen 1000 Quadratmetern hat er ein Dschungelflair erhalten und ist im Mai freigegeben worden.

Das nationale und sogar internationale Renommee der Wilhelma stärkten zusätzlich die Fachbereiche der Botanik und der Parkpflege. Im Frühjahr gewannen ihre Zierpflanzen-Gärtnerinnen und -Gärtner bei der Deutschen Kamelienblütenschau im sächsischen Pirna mit einem prachtvollen Exemplar der Sorte „Nuccio’s Pearl“ unter rund 1000 Mitbewerbern den Preis für die schönste Blüte Deutschlands. Mit ihrer im Aufbau befindlichen „Erhaltungssammlung für Kaffee-Varietäten“ war die Wilhelma auf der Fachmesse für Gastronomie INTERGASTRA ein begehrter Anlaufpunkt für Kaffeeplantagen-Besitzer und Kaffeeröster aus der ganzen Welt. Neuland hat der Zoologisch-Botanische Garten mit der Kooperation mit dem Inselstaat Palau betreten. Durch die systematische Erfassung und Nachzucht von nur dort vorkommenden Pflanzen soll der von den Effekten der Klimaerwärmung bedrohten Südsee-Flora in Stuttgart das Überleben gesichert werden.

Seit Juli 2020 leben in der Wilhelma erstmals zwei Kirk-Dikdiks.
Foto: Wilhelma Stuttgart

Die Erhaltung der heimischen Vielfalt stand im Mittelpunkt der Visite von Österreichs Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka, der im Juli bei einem viertägigen Staatsbesuch in Baden-Württemberg in der Wilhelma Station machte. Das Thema liegt dem Mitbegründer der Umweltbewegung „Natur im Garten“ besonders am Herzen. Sie hat sich der Förderung naturnaher Gärten verschrieben hat, damit der Artenreichtum auch in den vom Menschen geschaffenen Refugien bewahrt bleibt. „Gerade in Zeiten des Klimawandels und Artensterbens ist es wichtig, botanische Raritäten zu bewahren und die Vielfalt der Natur, wie hier in der Wilhelma, den Menschen zugänglich zu machen“, zeigte sich Sobotka beeindruckt.

Eine Auszeichnung im Rahmen der UN-Dekade zur Biologischen Vielfalt erhielt der Fachbereich Parkpflege der Wilhelma zusammen mit dem BUND-Kreisverband Stuttgart für den gemeinsamen Schmetterlingsschutz. Durch naturnahe Wiesenpflege schaffen die Kooperationspartner seit zehn Jahren in der Landeshauptstadt insektenfreundliche Grünflächen und kartieren die dort wachsende Artenvielfalt unter den Faltern.

Der Hauptspielplatz wurde 2020 fast komplett neu ausgerüstet und erhielt zudem eine Wasserspielfläche.
Foto: Wilhelma Stuttgart

Trotz der Herausforderungen im eigenen Betrieb konnte die Wilhelma im „Katastrophenjahr“ auch Regionen in größter Not aushelfen. Die Buschbrände in Australien und Waldbrände im brasilianischen Pantanal hatten 2020 nie dagewesene Ausmaße angenommen. Mit umgerechnet 80.000 beziehungsweise 25.000 Dollar aus ihrem Artenschutz-Budget und Spenden ihrer Gäste unterstützte die Wilhelma die Soforthilfe vor Ort. Die Gelder dienten der Rettung und Notversorgung von Tieren mit Brandverletzungen und der Beschaffung von Ausrüstung für Feuerwehrleute und Veterinäre.

Einen unverhofft schönen Abschluss fand das schwierige Jahr mit der Geburt von „Glücksschweinchen“ bei den Schwäbisch-Hällischen Landschweinen auf dem Schaubauernhof. Rechtzeitig zum Jahreswechsel brachte Hedda am zweiten Weihnachtstag überraschend sechs Ferkel der seltenen heimischen Rasse zur Welt. Die Zuchtsauen Hedda und Arielle hatten lange nicht mehr geworfen. Alle Versuche, sie und Eber Porsche zu verpaaren, waren fehlgeschlagen. Bei einer üblichen Tragzeit von drei Monaten, drei Wochen und drei Tagen könnten sie dreimal im Jahr werfen. Doch seit 2018 war Stille im Stall. „Wir hatten unsere Anstrengungen schon eingestellt und nicht mehr damit gerechnet“, sagt Revierleiter Stephan Paspalaris. „Weil bei Schweinen Ultraschalluntersuchungen oft keine eindeutigen Ergebnisse liefern, waren wir jetzt völlig überrascht.“

Sechs Ferkel sind zum Jahreswechsel bei den Schwäbisch-Hällischen Landschweinen überraschend auf die Welt gekommen (eines der Ferkel ist auf dem Bild verdeckt).
Foto: Wilhelma Stuttgart

Direktor Kölpin freut sich über den lebhaften Zuwachs: „Den Symbolcharakter der Glücksferkel nehme ich gern als gutes Omen auf, schließlich wir können im neuen Jahr positive Nachrichten gebrauchen“, sagt er. Denn die Wilhelma hat 2021 eine Menge vor. Als Erstes wird bereits Ende Januar auf der umgebauten ehemaligen Eisbärenanlage die Ankunft einer Gepardin aus dem Zoo Salzburg erwartet. Mit ihr und den beiden Wilhelma-Katern Zawadi und Haraka soll die Zucht der bedrohten Raubkatzen beginnen. Nachdem Brillenbär Ambrose im November altersschwach gestorben ist, sollen ebenfalls im Frühjahr neue Artgenossen einziehen. Große Vorfreude herrscht auf die Fertigstellung des KVI: Das Kürzel steht als Arbeitstitel für ein neues, sehr vielfältiges Haus, in dem viele kleine Säugetiere, Vögel und Insektivoren (also Fleischfressende Pflanzen) zu sehen sein werden. Das Gebäude hinter dem Wintergarten soll im Sommer öffnen.

Yaks und Trampeltiere teilen sich einen Bereich der 2020 eröffneten Asiatischen Huftieranlage in der Wilhelma in Stuttgart.
Foto: Wilhelma Stuttgart

Zu den Bauvorhaben gehört auch Phase zwei der neuen Asienanlagen im oberen Parkbereich. Gegenüber der Huftieranlage soll im Laufe des Jahres ein asiatischer Bauernhof entstehen. Und ganz ambitioniert sei schon ein Blick auf das Ende des gerade begonnenen Jahres erlaubt: Das Großprojekt Terra Australis steht in den Startlöchern. Das frühere Menschenaffenhaus ist dafür bereits entkernt. Sobald die Baugenehmigung vorliegt, geht es an den Innenausbau, damit bei gutem Baufortschritt Ende 2021/Anfang 2022 charismatische Botschafter vom Fünften Kontinent einziehen können: wie Koala, Baumkänguru und Quoll.

Wilhelma Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart
17.01.2021

Wilhelma – Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart

Ausblick auf Dezember / Foto-Rückblick auf November

Wie geht es mit der Wilhelma im Dezember weiter?

Herbstleuchten im Wintergarten durch das gelbe Laub des Ginkgo-Baums vor dem Gewächshaus.
Foto: Wilhelma Stuttgart

Mit der Adventszeit rückt oft für Familien auch die Wilhelma in den Blick: Viele planen traditionell einen gemeinsamen Besuch über den Jahreswechsel ein, andere verschenken zum Fest Eintrittskarten für den Zoologisch-Botanischen Garten in Stuttgart. So häufen sich in der Wilhelma derzeit die Anfragen, was unter Corona-Vorzeichen überhaupt möglich ist. Fest steht durch die Fortschreibung der Infektionsschutz-Maßnahmen, die Bund und Länder jetzt beschlossen haben, dass die Wilhelma, wie alle Freizeitangebote in Baden-Württemberg, bis mindestens 10. Januar vorsorglich geschlossen bleibt. Wann eine Möglichkeit besteht, den Park wieder zu öffnen und mit welchen Vorkehrungen, hängt von der Entwicklung der Infektionszahlen in den kommenden Wochen ab.

Die alte Eisbären-Anlage erhält beim Umbau zum Geparden-Gehege Rollrasen.
Foto: Wilhelma Stuttgart

Gutscheine für Tages- oder Jahreskarten sind jedoch jederzeit online erhältlich und bleiben über Jahre gültig. „Wer Wilhelma-Gutscheine verschenkt, stärkt uns aktuell den Rücken in schwierigen Zeiten und schafft bei den Beschenkten Vorfreude auf bessere Tage“, sagt Direktor Dr. Thomas Kölpin. „Denn wie es weitergeht, bleibt für uns genauso wie für unsere Besucherinnen und Besucher vorerst ungewiss.“ Die im November gültigen Restriktionen hätten nicht gereicht, um die zweite Ansteckungswelle zum Abebben zu bringen. „Daher sind weiter Geduld und Selbstbeschränkung gefragt“, so Kölpin. „Nicht zuletzt gilt es, auf diese Weise auch unsere eigene Belegschaft und die Tiere zu schützen.“ Mit einer ausführlichen Fotogalerie lässt die Wilhelma in der Zwischenzeit auf ihrer Internetseite die verhinderten Gäste Anteil nehmen, was sich hinter den geschlossenen Toren ereignet. Sie ist als kommentierte Bilderserie unter www.wilhelma.de unter „FotoImpressionen“ abzurufen.

Fasziniert betrachten die Alpakas ungewohnte Zaungäste: je ein Dülmener und Shetland-Pony vom Bauernhof.
Foto: Wilhelma Stuttgart

Die Wilhelma trifft die erneute Komplettschließung gleichwohl hart, da sie dadurch über Wochen und Monate keine Einnahmen hat, jedoch die Betriebskosten unverändert hoch bleiben. „Um die große Schar unserer seltenen Tiere und exotischen Pflanzen über die Runden zu bringen, dürfen wir keinen Tag in der Hege und Pflege nachlassen“, betont der Direktor. „Zum Glück fehlt es uns nicht an engagiertem Personal und auch das Futter für die 11.000 Tiere geht uns nicht aus. Aber wir verbrauchen rasch die Rücklagen, die für Investitionen in die Sanierung und Verbesserung der Anlagen benötigt werden.“

Ein Dschelada sitzt warm auf einem Mähnenspringer und krault ihn zwischen den Hörnern.
Foto: Wilhelma Stuttgart

Wer die Wilhelma unterstützen möchte, kann auf die Zukunft setzen und Gutscheine für Eintrittskarten unter den Weihnachtsbaum legen. Einen Boom erleben zudem Patenschaften für Tiere oder Pflanzen. Ihre Zahl ist in diesem Jahr um rund ein Drittel gestiegen. Kombiniert mit einer Jahreskarte lässt sich das Lieblingstier beliebig oft besuchen. Die Patenurkunde zur guten Tat macht sich ebenfalls gut als Präsent. Die Laufzeit der Jahreskarte startet nicht vor dem ersten Besuch und verlängert sich um die Dauer jeder Corona-Schließung.

Das Gegenlicht zeigt, wie der feuchte Atem der Netzgiraffe an der kalten Herbstluft kondensiert.
Foto: Wilhelma Stuttgart

Der Betrieb des Zoologisch-Botanischen Gartens geht natürlich weiter – auch wenn manches dabei ohne Publikum ungewöhnlich erscheint. Was sich im November getan hat, zeigt der Monatsrückblick in Bildern auf der Webseite: „Es ist schade, dass an diesen goldenen Herbsttagen keine Gäste dabei sein konnten“, sagt Kölpin. „Denn es waren besondere Stimmungen und zum Teil kuriose Szenen, die in dieser ruhigen Phase zu erleben waren. Manche Tiere beschäftigten sich ungenierter miteinander, andere gingen vorwitziger als sonst auf die wenigen Passanten an ihrem Gehege zu, wenn einmal Wilhelma-Mitarbeiter vorbeikamen.“

Wilhelma – Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart
28.12.2020

Wilhelma – Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart

Neue Kooperation mit Inselstaat Palau zum Überleben der Pflanzenwelt

Wilhelma holt schützenswerte Südsee-Flora nach Stuttgart

Jasmin Langhammer hat auf Palau Früchte des Elaeocarpus joga Merr gesammelt, die eine seltene blau-metallische Farbe auszeichnet.
Foto: Wilhelma Stuttgart

Mit einer außergewöhnlichen Kooperation macht sich die Wilhelma daran, der einmaligen Pflanzenwelt eines Inselstaats in der Südsee das Überleben zu sichern. Der Zoologisch-Botanische Garten schlägt mit dem neuen Projekt einen weiten Bogen, der 12.000 Kilometer überspannt, um eine einst enge persönliche Verbindung auf Forscherebene von Bad Cannstatt zu Palau nach über 100 Jahren wieder mit Leben zu füllen. Fachkräfte der Wilhelma assistieren vor Ort bei der Katalogisierung von nur dort wachsenden Pflanzenarten und züchten in Stuttgart diese exotischen Gewächse aus Samen nach, die sie für die Kooperation mit Sondergenehmigung exportieren dürfen. „Die Mehrschichtigkeit spiegelt exakt den typischen Ansatz der Wilhelma“, sagt Direktor Dr. Thomas Kölpin. „Die seltenen Pflanzen werden nicht nur spannend anzusehen sein für die Besucherinnen und Besucher. Sie sind auch umweltpädagogisch wertvoll für die Wilhelma als außerschulischer Lernort. Und in einer Erhaltungssammlung können wir den einmaligen Ausschnitt der Flora für die Welt lebend bewahren.“

Das Pikieren von Orchideen: Für die Anzucht vereinzelt Jasmin Langhammer deren Keimlinge und pflanzt sie auf Kokosschalen.
Foto: Wilhelma Stuttgart

Das ist ein entscheidender Fortschritt gegenüber dem Ursprung des Stuttgarter Bezugs zu Palau. Da ging es ausschließlich um die Beschreibung der Pflanzen und so genannte Herbar-Belege, also getrocknete Samen sowie gepresste Blüten und Blätter, die das Naturkundemuseum archiviert hat. Augustin Krämer, Sohn einer alteingesessenen Cannstatter Familie, die hier die Stadtmühle betrieben hatte, gilt als der größte Gelehrte, was die Inselgruppe in Mikronesien betrifft. Sie besteht aus 356 Inseln, hat jedoch mit 18.000 Einwohnern nur ein Viertel der Bevölkerung des Stuttgarter Stadtteils. Ab 1889 hatte Krämer als Marinearzt die Welt bereist und eine Leidenschaft für Zoologie, Botanik und Ethnologie entwickelt. Später als Leiter des LindenMuseums für Völkerkunde in Stuttgart und Gründer eines ethnologischen Instituts an der Universität Tübingen dokumentierte er Land und Leute, Tiere und Pflanzen Palaus für die Nachwelt, weil ihn das zunehmende Verschwinden der Inselkulturen sorgte. Er liegt auf dem Uffkirchhof in Bad Cannstatt begraben.

Im Botanischen Garten von Palau hilft Jasmin Langhammer beim Auslichten.
Foto: Wilhelma Stuttgart

Für Dr. Björn Schäfer, Leiter des Fachbereichs Botanik, hat das Projekt ein besonderes Gewicht: „Wir können mit Palau die Problematik des globalen Klimawandels veranschaulichen anhand eines einzelnen konkreten Orts, der nicht nur die Auswirkungen spürt, wie verstärkte Wetterextreme, sondern im Wortsinne vom Untergang gefährdet ist. Und wir übernehmen dabei auch selbst Verantwortung, um den Totalverlust der endemischen Pflanzen, die auf der ganzen Welt nur dort heimisch sind, zu vermeiden.“ Die Eilande sind meist aus Korallenriffen entstanden, die Kontinentalbewegungen wenige Meter aus dem Wasser gehoben haben. Durch steigende Meeresspiegel drohen sie wieder zu versinken.

134 solcher endemischen Arten sind auf Palau bisher bekannt. Es gibt noch etliche namenlose Arten, die Ann Hillmann Kitalong, Kuratorin des Fachbereichs für Naturkunde im Nationalmuseum Belau, bisher dokumentierte und die auf ihre wissenschaftliche Beschreibung warten. Sie leitet dort auch einen Botanischen Garten. Ihr Sohn Dr. Chris Kitalong analysiert in der Forschungsabteilung des Palau CommunityColleges derweil die in der traditionellen Inselmedizin genutzten Pflanzen. Mit Nationalmuseum und College hat die Wilhelma die dauerhafte Partnerschaft abgeschlossen.

Zur Dokumentation stellen die Botaniker von jeder Pflanzenart Herbar-Belege her. Dafür sammeln und konservieren sie markante Teile der Pflanzen.
Foto: Wilhelma Stuttgart

Gärtnerin Jasmin Langhammer, die in der Wilhelma die Sammlung aufbaut, hat bei einem dreimonatigen Forschungsaufenthalt Anfang 2020, den ihr die „Stiftung internationaler Gärtnertausch“ ermöglicht hatte, bereits von über 90 der Palau-Raritäten Samen zusammentragen können. „Inzwischen habe ich 20 Arten davon zum Keimen gebracht“, sagt sie. „Die Quote geht, ohne die Original-Klimabedingungen zu haben, in Ordnung. Es bedeutet aber sicher sechs bis acht Jahre Arbeit, bis die Sammlung steht.“ Die 27-Jährige aus Weinstadt bringt dafür Begeisterung und Geduld mit. „Das beidseitige Engagement motiviert mich“, sagt Langhammer. „Palau ist vor allem bei Touristen für sein aquamarines Leben bekannt: Meer und Tiere stehen immer im Blickpunkt. Als wir von außen kommend jetzt auf einmal Interesse an der Pflanzenwelt zeigten, waren die Einheimischen sehr angetan und kooperationsbereit.“

In traumhafter Umgebung bleibt der Beruf Arbeit an einem Ort, wo andere Urlaub machen. „Darin ist es aber mit der Wilhelma vergleichbar“, sagt die Gärtnerin, die im Alltag hier unter anderem die Bepflanzung im Menschenaffenhaus pflegt. „Beruflich ist für mich spannend, was es für eine Vegetation auf Palau gibt – und nur dort: zum Beispiel auf den vorgelagerten Rock Islands den Strauch Bikkia palauensis mit trompetenförmigen Blüten, die ganz fein duften.“ Aufschlussreich sei zudem, wie die Menschen mit dem Ökosystem umgehen und es nutzen. „Bei gesundheitlichen Beschwerden wissen sie genau, wo sie das passende Kraut finden, welches ihnen Linderung verschafft. Nur wenige Pflanzen werden wie in einem Kräutergarten unter riesigen Bäumen gezielt angepflanzt. Die größte Apotheke ist aber die Natur.“

Atemberaubend schön sind die so genannten Seventy Islands, die streng geschützt sind und nicht betreten werden dürfen.
Foto: Wilhelma Stuttgart

In der Natur an den geeigneten Ort zu kommen, ist aber nicht immer leicht. Ist man erst einmal nacheinander mit dem Jeep, dem Boot und zu Fuß an die unwegsame Fundstelle gelangt, braucht es noch Geschick, um „ernten“ zu können. „Manchmal ging das mit Teleskopscheren, manchmal mussten wir mit Stöcken nach den Früchten werfen“, erzählt Langhammer. „Aber ich musste auch mal per Räuberleiter den Kollegen auf die Schulter klettern, um hoch genug zu kommen, wie beim Calophyllum-Baum.“ Im Gegenzug hat sie in dem rund vier Hektar großen Botanischen Garten Palaus mitgearbeitet und das Konzept der Wilhelma für die Gestaltung von Pflanzenschauen als attraktive Landschaften vermittelt, um mehr Interesse der Besucher zu wecken. Dieses Wissen soll auch in Stuttgart die Anzuchten aus Palau zur Geltung bringen, wenn sie eine ansehnliche Größe erreicht haben und künftig die Südseelandschaft im Aquarium prägen oder eine eigene Schau bekommen.

Wilhelma, Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart
17.12.2020

Wilhelma – Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart

Anhaltende Feuersbrunst in Brasilien: Großspende und Kooperation

Wilhelma stärkt Pantanal-Nothilfe und Projekt für Riesengürteltiere

Die Corona-Pandemie hält die Welt in Atem. Sonst wären dieses Jahr wohl die Flächenbrände das globale Thema Nummer Eins. Denn 2020 brennt es dauerhaft an allen Ecken und Enden. Die Buschbrände in Australien, die Waldbrände an der Westküste der USA und der brennende Regenwald in Südamerika: Die größten Hotspots haben auf mehreren Kontinenten eine Verwüstung von nie gekanntem Ausmaß erreicht und Millionen von Hektar zerstört. Die Wilhelma in Stuttgart trägt jetzt mit einer Nothilfe-Spende dazu bei, die aktuelle Umweltkatastrophe im Pantanal im Südwesten Brasiliens einzudämmen. Zudem geht sie vor Ort eine Kooperation ein, um das Überleben der Riesengürteltiere langfristig zu sichern.

Das Team der Tierklinik der Federal University of Mato Grosso zeigt einen geretteten Ameisenbären, den es gerade an seinen verbrannten Pfoten verarztet hat.
Foto: Patricia Medici

Das weltgrößte Feuchtgebiet hat eine herausragende Bedeutung für die Artenvielfalt. Doch liegt diese Region mit den Dimensionen von Großbritannien bereits zu einem Viertel in Asche – und es lodert weiter. In der stärksten Dürre seit 50 Jahren blieben die Überschwemmungsgebiete des Rio Paraguay selbst während der jüngsten Regenzeit trocken. Die Heimat von mehr als 120 Säugetier-Arten, wie Jaguar, Puma und Ozelot, aber auch des bereits vom Aussterben bedrohten Riesenotters, steht auf dem Spiel. Hinzu kommen hunderte Vogelarten sowie ungezählte Spezies von Fischen, Reptilien und Amphibien. Während die berühmten blauen Hyazinth-Aras der Feuersbrunst davonfliegen können, kommen die Bodenbewohner entweder direkt im Flammenmeer um oder verlieren ihre Lebensgrundlage. Über 2000 Pflanzenarten sind ebenso in Gefahr.

Die Wilhelma nimmt nun umgerechnet 25.000 Dollar aus ihrem Artenschutz-Budget und Spenden ihrer Gäste in die Hand, um den Kräften vor Ort in dem Naturschutzgebiet die nötigsten Arbeitsmittel zu finanzieren: persönliche Schutzausrüstung für die Brandbekämpfer, wie Feuerwehr-Helme, feuerbeständige Kleidung und Wasserrucksäcke, sowie veterinärmedizinische Ausrüstung für die Tiernotrettung. Eine Partnerin ist die Federal University of Mato Grosso, deren Tierklinik verletzte Jaguare, Tapire und Ameisenbären behandelt. Es fehlt an den absoluten Grundlagen, weil die brasilianische Umweltbehörde Ibama stark unterfinanziert ist.

Artenschützer des Giant Armadillo Conservation Projects lassen ein Gürteltier aus der Transportbox.
Foto: GACP

Als Zoologisch-Botanischer Garten ist die Wilhelma selbst ein herausragender Hort der Artenvielfalt: Sie hegt und pflegt in Stuttgart rund 1200 Tierarten sowie 8500 Pflanzenarten und -sorten. Die historische Parkanlage verfügt außerdem über 160 Baumarten. „Unser Anspruch ist es, nicht nur die Vielfalt bei uns durch die Erhaltungszucht zu bewahren und unseren Gästen Umweltthemen nahezubringen“, sagt Direktor Dr. Thomas Kölpin, „sondern wir wollen gemeinsam mit unseren Unterstützerinnen und Unterstützern auch vor Ort die ursprünglichen Lebensräume der Tiere und Pflanzen schützen. Wir hoffen auf Mitstreitende, denn alleine kann das niemand leisten. Das ist eine große Gemeinschaftsaufgabe.“ Dazu gehört es auch, die lokalen Konflikte zwischen Mensch und Tier zu mindern. So töten Imker in Brasilien Riesengürteltiere, weil diese sich unter anderem von ihren Bienenvölkern ernähren. Die Wilhelma startet deshalb jetzt eine Zusammenarbeit mit dem gemeinnützigen Giant Armadillo Conservation Project (GACP). Das Programm hilft den Imkern, ihre Bienen vor den Übergriffen des Gürteltiers zu schützen. Überdies ist geplant, den Honig zu zertifizieren und international zu vermarkten, um der einheimischen Bevölkerung so einen auskömmlichen Lebensunterhalt zu ermöglichen, der die Natur nicht ausbeutet. So soll auch die Brandrodung eingedämmt werden, mit der sich die Bauern langfristig ihrer eigenen Existenzgrundlage berauben.

Text: Wilhelma – Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart Foto: (1) pixabay.com; (2) Patricia Medici; (3) GACP
16.11.2020

Wilhelma Stuttgart

Hoffnungsträger für stark bedrohte Art

Zuchterfolg im Doppelpack: Jungtiere bei den Säbelantilopen

Bereits zum dritten Mal gab es zweifachen Nachwuchs bei den Säbelantilopen. Seit kurzem sind die Jungtiere gemeinsam mit Grévy-Zebras und Dorcas-Gazellen auf der Außenanalage unterwegs.
Foto: Wilhelma Stuttgart

Entspannt auf dem warmen Sandboden liegen und gemeinsam im Galopp herumtoben: Seit dieser Woche zeigen sich die beiden kleinen Säbelantilopen, die im Juli und August in der Wilhelma in Stuttgart zur Welt kamen, auf der Außenanlage. Gut behütet von ihren Müttern Isis und Mahedi wachsen die jungen Kühe im Zoologisch-Botanischen Garten zu stattlichen Hornträgern heran. Diese Möglichkeit war ihren wildlebenden Artgenossen in der Vergangenheit nicht vergönnt. Denn die Säbelantilopen gelten seit dem Jahr 2000 in der Natur als ausgestorben.

Die großen Herden, die einst die Randgebiete der Sahara und die Sahelzone bevölkerten, fielen im Lauf des 20. Jahrhunderts nach und nach dem Menschen zum Opfer. Fleisch und Fell dieser Oryx-Antilopen waren begehrt und die beeindruckenden Hörner als Trophäen beliebt: Bis zu 1,20 Meter misst der säbelartig gebogene Stirnschmuck bei ausgewachsenen Tieren. Zu Wilderei kamen außerdem längere Dürreperioden, Bürgerkrieg und Lebensraumverlust durch die zunehmende Viehhaltung von Schafen und Ziegen. Nur weil es auch einen kleinen Oryx-Bestand in Zoos gab, konnte die Art überleben und ihre Population in menschlicher Obhut wieder anwachsen. Einige Säbelantilopen wurden sogar in ihren früheren Heimatgebieten im Tschad wieder angesiedelt. Auch der Zoologisch-Botanische Garten ist mit seiner kleinen Herde Teil des Erhaltungszuchtprogramms der Europäischen Zoos – und das mit Erfolg. Denn Isis und Mahedi leben erst seit 2016 in der Wilhelma, hatten nun aber bereits zum dritten Mal Nachwuchs.

Zu einer gelungenen Aufzucht gehört dabei auch immer eine gute Planung. Einmal im Jahr steht für die beiden Damen ein Besuch bei Säbelantilopen-Bock Amadi an. Er lebt auf dem Tennhof, der nicht öffentlichen Außenstelle der Wilhelma. „Immer im Herbst bringen wir die beiden Kühe für einige Wochen zu unserem Bock“, berichtet Revierleiter Daniel Wenning. „Wenn er erfolgreich deckt, kommt der Nachwuchs nach etwa acht Monaten im Frühjahr oder Sommer zur Welt. Dann haben die Weibchen ausreichend frisches Grünfutter und für die Kleinen sind die Temperaturen angenehm.“

Die erste Zeit nach der Geburt verbringen die Tiere aber erst einmal im rückwärtigen Bereich. Denn als Ablieger bleiben die Neugeborenen zunächst an einem geschützten Ort und folgen erst nach etwa vier Wochen der Herde. Sobald die Kleinen flink auf den Hufen sind, werden sie schrittweise mit den anderen Savannenbewohnern zusammengeführt. „Die Antilopen kommen anfangs alleine ins Außengehege, damit die Kälber die Verstecke kennenlernen“, erzählt Daniel Wenning. „Unsere Grévy-Zebras scheuchen den Nachwuchs schon mal über die Anlage. Dann müssen die Jungtiere wissen, wohin sie sich zurückziehen können.“ Die umsichtige Vorbereitung hat sich ausgezahlt, denn wie in den Jahren zuvor lief die Vergesellschaftung mit den erfahrenen Zebrastuten und den DorcasGazellen sehr gut. So können die beiden jungen Säbelantilopen nun jeden Tag beim Sonnenbaden und Heranwachsen beobachtet werden.

Text: Wilhelma – Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart Foto: Wilhelma Stuttgart
28.09.2020

Elise Berger: „Mein Leben mit Alwin Berger“

Buch über den vergessenen Leiter der Wilhelma vorgestellt

Familie Berger in der Wilhelma: Alwin Berger (rechts) und seine Frau Elise mit ihren beiden Kindern.
Archivfoto: Alwin-Berger-Archiv Möschlitz

Nicht alle Kapitel der langen Wilhelma-Geschichte sind heute so bekannt wie die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg. Bei genauerer Betrachtung tun sich erstaunliche Lücken auf. So wird der letzte Hofgartendirektor des Königshauses Württemberg mit fast keinem Wort in den Geschichtsbüchern über den ZoologischBotanischen Garten Stuttgart genannt. Obwohl Alwin Berger ein international anerkannter Botaniker und vor allem Experte für Kakteen und Sukkulenten war, taucht er in der Liste der Leiter der Wilhelma bis heute nicht auf. Mit dem Erscheinen der Lebensgeschichte Alwin Bergers im Eugen Ulmer Verlag kann zumindest teilweise eine Lücke in der Wilhelma-Historie geschlossen werden.

Die Buchpräsentation übernahmen (von links) Wilhelma-Direktor Dr. Thomas Kölpin, Herausgeber Rainer Redies und Volker Hühn, Programmleiter beim Eugen Ulmer Verlag.
Foto: Wilhelma Stuttgart

Berger, 1871 im thüringischen Möschlitz (heute zu Schleiz gehörig) geboren, arbeitete sich rasch vom Gärtner zu einem angesehenen Botaniker auf. Nach Lehr- und Wanderjahren in Botanischen Gärten zwischen Dresden und Frankfurt, Freiburg und Greifswald folgte die Berufung an den Hanbury-Garten La Mortola in Italien. Seinen Dienst für den König von Württemberg trat er 1915 an und war ab diesem Zeitpunkt auch für die Geschicke der Wilhelma verantwortlich. Nach dem Ersten Weltkrieg war er es, der die Idee eines Botanischen Gartens in den Mauern der Wilhelma öffentlich machte. Leider gab es im damals zuständigen Finanzministerium des Landes Württemberg einen erbitterten Widersacher, der Berger das Leben schwer machte. Der Botaniker wurde degradiert und gab 1922 auf. Er legte sein Amt nieder und arbeitete von nun an in den USA, wo er allerdings nicht glücklich wurde. Einem Ruf ans württembergische Naturalienkabinett, dem heutigen Staatlichen Museum für Naturkunde Stuttgart, folgte er daher und baute dort die botanische Sammlung aus. Hier war er auch bis zu seinem Tod 1931 tätig.

Die Spuren Alwin Bergers finden sich noch heute in der Wilhelma. Das Kakteenhaus, welches direkt am Haupteingang zu finden ist, wurde von ihm maßgeblich gestaltet. Durch seine hervorragenden Kontakte zu vielen Botanischen Gärten konnte der Pflanzenbestand des Königsgartens durch viele seltene Exemplare erweitert werden.

Das Buch „Mein Leben mit Alwin Berger“ erzählt die Lebensgeschichte des ehemaligen Wilhelma-Leiters.
Foto: Wilhelma Stuttgart

Die Aufzeichnungen, die seine Frau Elise Berger für ihre Kinder handschriftlich und anekdotenreich festgehalten hat, waren lange Zeit im Familienbesitz. Dank des Entgegenkommens des Alwin-Berger-Archivs und der Recherchen von Rainer Redies gelangten sie an die Öffentlichkeit. Sie geben Einblick in eine erstaunliche Karriere und zeigen Alwin Berger zudem als Genie freundschaftlicher und kollegialer Beziehungspflege. Von seinem überreichen Arbeitsleben zeugen nicht zuletzt weit über 700 erst beschriebene Pflanzenarten und rund 300 Publikationen. Elise Berger lebte nach dem Tod ihres Mannes weiterhin in Bad Cannstatt, war aber als Jüdin den Repressalien und Schikanen des Nazi-Regimes ausgesetzt und wurde 1944 nach Theresienstadt deportiert, wo sie kurze Zeit später verstarb. Heute erinnert ein Stolperstein vor dem Haus in der Heidelberger Straße 44 an Frau Berger.

Text: Wilhelma – Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart Foto: Wilhelma Stuttgart
28.09.2020

10 Jahre Schmetterlingsschutz in Stuttgart

UN-Dekade zur Biologischen Vielfalt: BUND und Wilhelma erhalten Auszeichnung

Die Auszeichnung für das Schmetterlingsprojekt übergab Insektenkundler Prof. Dr. Lars Krogmann an Jutta Schneider-Rapp und Dr. Thomas Kölpin.
Foto: Wilhelma Stuttgart

Bunte Inseln statt grüne Wüsten. Seit zehn Jahren engagieren sich der BUND-Kreisverband Stuttgart und die Wilhelma für den Schmetterlingsschutz. Zusammen schaffen sie auf mittlerweile 13 ausgewählten Wiesen in Stuttgart bunte Oasen für Schmetterlinge. Das Engagement und der Einsatz zahlen sich aus. Passend zum zehnjährigen Jubiläum wurden BUND und Wilhelma am Montag (21.9.) im Rahmen der UN-Dekade zur Biologischen Vielfalt ausgezeichnet. Damit bekommt der Schutz von Schmetterlingen und mit ihnen von vielen anderen Tieren und Pflanzen besonderes Gewicht. Zudem wurde der Einsatz von Ehrenamtlichen Schmetterlings-Kartierer*innen und den Wilhelma-Gärtner*innen gewürdigt.

„Blühende Wiesen in Großstädten sind wahre Oasen für viele Insekten“, betonte deswegen auch Prof. Dr. Lars Krogmann, Entomologe des Staatlichen Museums für Naturkunde Stuttgart, in seiner Laudatio. „Der Schwund der Vielfalt und vor allem der Anzahl an Insekten hat mittlerweile besorgniserregende Ausmaße angenommen. Deswegen ist es wichtig, dass Schmetterlinge gezielt unterstützt werden.“ Im Zentrum der Schutzmaßnahmen steht die besondere Pflege von ausgewählten Flächen. So werden mittlerweile 13 Stücke mit insgesamt fast sechs Hektar insektenfreundlich bewirtschaftet. Dazu gehört, dass sie nur noch maximal zweimal im Jahr gemäht werden. Zudem wurden an ausgewählten Stellen Wildkräuter gezielt angesät. Neben Schwalbenschwanz, Kleinem Fuchs und Admiral profitieren auch viele andere Insekten von diesen Maßnahmen. „Wir zeichnen verantwortlich für die Grünpflege aller Flächen, die dem Land BadenWürttemberg in Stuttgart gehören. An der Grabkappelle, im Rosensteinpark oder in der Wilhelma selbst zeigen wir, was eine insektenfreundliche Pflege auszeichnet“, berichtete Dr. Thomas Kölpin, Direktor der Wilhelma. „Damit kommen wir unserem Auftrag als Artenschutzinstitution auch bei uns vor der Haustür nach. Nicht nur Nashorn und Gorilla sind bedroht, sondern auch den Insekten in unseren Breiten geht es schlecht. Und hier zeigen wir gemeinsam, wie erfolgreicher Naturschutz funktioniert“, so Kölpin weiter.

„Trotz Parks, Grünstreifen oder Gärten gibt es für Schmetterlinge, Bienen und andere Insekten viel zu wenig geeignete Lebensräume in der Stadt“, sagte Berthold Frieß, Mitinitiator des Kooperationsprojekts und ehemaliger Landesgeschäftsführer des BUND Baden-Württemberg. „Als vor zehn Jahren der Startschuss für das Kooperationsprojekt fiel, wollten wir Lösungen anbieten und ganz konkret aufzeigen, wie naturnahe und insektenfreundliche Grünflächenpflege aussehen kann. Inzwischen gibt es 13 Schmetterlingswiesen in Stuttgart. Die Kooperation von Wilhelma und BUND und die Zusammenarbeit zwischen der Parkpflege der Wilhelma und den BUND-Ehrenamtlichen haben sich ausgezahlt. Auf den Wiesen summt und brummt es wieder.“ Seit Projektstart vor zehn Jahren haben die ehrenamtlichen BUND-Kartierer*innen 52 verschiedene Falter gezählt. Die Artenvielfalt auf den so gepflegten Flächen ist somit deutlich größer als auf Vergleichsflächen, bei denen die Nutzung nicht angepasst wurde. Das zeigt: Die naturnahe Wiesenpflege zahlt sich für die Artenvielfalt auf Stuttgarts Wiesen aus. Mit Himmelblauer-Bläuling und MalvenDickkopffalter leben hier auch zwei Falter, die in Baden-Württemberg gefährdet sind. Der Segelfalter ist im Südwesten sogar stark gefährdet.

„Dass sich die Zusammenarbeit so gut entwickelt hat, stimmt mich zuversichtlich und freut mich sehr. Es ist großartig, dass immer mehr Wiesen seit Projektstart hinzugekommen sind. Auch, dass sich das Kooperationsprojekt zu einer dauerhaften Zusammenarbeit mit Aktiven und tollen Umweltbildungsprojekten mit Schmetterlingsspaziergängen und Seminaren für alle Bürger*innen gemausert hat“, so der ehemalige BUND-Landesgeschäftsführer Berthold Frieß.

Herz und Hand des Schmetterlingsprojektes sind der Fachbereich Parkpflege der Wilhelma, der das naturnahe Pflegekonzept umsetzt, und die BUND-Aktiven. Freiwillige Kartierer*innen beobachten alle zwei Wochen im Sommerhalbjahr die Falter auf den Schmetterlingswiesen, so wie Jutta Schneider-Rapp. Mit sieben weiteren Aktiven beobachtet, zählt und dokumentiert sie Schmetterlinge. „Wir laufen immer denselben, 200 Meter langen Zickzack-Kurs durch die Wiese und schauen links und rechts nach Faltern. Der BUND Stuttgart freut sich sehr über die Auszeichnung. Wir hoffen, dass BUND und Wilhelma ihre fruchtbare Kooperation weiter ausbauen. Außerdem wünschen wir uns mehr Grün in der Stadt und naturnahe Privatgärten: viel mehr Blüten, wilde Ecken für Schmetterlinge und andere Insekten“, sagte die 56-Jährige. „Möge uns die UN-Dekade beflügeln.“

Informationen zur UN-Dekade Biologische Vielfalt

Die Vereinten Nationen haben den Zeitraum von 2011 bis 2020 als UN-Dekade Biologische Vielfalt ausgerufen, um dem weltweiten Rückgang der Naturvielfalt entgegenzuwirken. Ein breit verankertes Bewusstsein in unserer Gesellschaft für den großen Wert der Biodiversität ist eine wichtige Voraussetzung. Die UN-Dekade Biologische Vielfalt in Deutschland lenkt mit der Auszeichnung vorbildlicher Projekte den Blick auf den Wert der Naturvielfalt und die Chancen, die sie uns bietet. Gleichzeitig zeigen diese Modellprojekte, wie konkrete Maßnahmen zum Erhalt biologischer Vielfalt, ihrer nachhaltigen Nutzung oder der Vermittlung praktisch aussehen können.

Der Begriff „biologische Vielfalt“ umfasst die Vielzahl der Tier- und Pflanzenarten sowie die Vielfalt der Mikroorganismen und Pilze. Einbezogen wird auch die genetische Vielfalt innerhalb der Arten, die sich bei Pflanzen in den verschiedenen Sorten und bei Tieren in den Rassen wiederspiegelt. Aber auch die verschiedenen Lebensräume und komplexen ökologische Wechselwirkungen sind Teil der biologischen Vielfalt. Die Biodiversität ist Voraussetzung für die Funktion der Ökosysteme mit ihren verschiedenen Ökosystemleistungen.

Text: Wilhelma – Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart Foto: Wilhelma Stuttgart
28.09.2020

Wilhelma – Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart

Sonderausstellung im Wintergarten

Einblick in die Welt der Chilis: Scharfe Früchte unter Palmen

Chili-Schau im Zoologisch-Botanischen Garten: Wilhelma-Gärtner Jonathan Bartocha mit der Sorte „Tabasco“, nach der auch die bekannte Sauce benannt ist.

Ob als feurige Note im süßen Kakao oder belebendes Aroma im knackigen Salat: Als Gewürz ist der Chili in der Küche ein beliebter Begleiter für zahlreiche Gerichte. Dass die bunten Früchte aber auch mit Formenund Farbenreichtum beeindrucken können, beweist die aktuelle Sonderschau der Wilhelma in Stuttgart. Glockenförmig oder erbsengroß, von Schneeweiß bis Schokoladenbraun präsentieren sich die etwa 100 verschiedenen Arten und Sorten zwischen Palmen und Moosfarn im historischen Wintergarten.

Chilis unter Palmen: Bis Mitte Oktober zeigt die Wilhelma 100 Arten und Sorten im historischen Wintergarten.

Dabei können nicht alle Vertreter dieser Nachtschattengewächse mit einem pikanten Geschmackserlebnis aufwarten. Denn wie der Schärferekordhalter „Carolina Reaper“ gehört auch die süßliche Gemüsepaprika zu der Pflanzengattung Capsicum. Deren Wildformen stammen aus Süd- und Mittelamerika und besitzen kleine, nach oben gerichtete Früchte, die kaum von Laub verdeckt werden. Dadurch landen die Chilis gezielt in Vogelmägen, die Samen werden ausgeschieden und somit weiter verbreitet. Erst durch sorgfältige Auswahl und Kreuzung entstand die heutige Varianz der Chilis, die sich vor allem in Größe und Gewicht, Farbenspektrum und Schärfegraf der Früchte zeigt. Während die bekannte Sorte „Tabasco“ beispielsweise mit tiefroten, länglichen Schoten glänzt, entwickeln sich aus den Blüten der „Nu Mex Centennial“ runde, lilafarbene Beeren, die sich erst während der Reife über Gelb und Orange zu Rot färben. Durch eine charakteristisch gefurchte Tropfenform zeichnet sich dagegen die „Habanero“ aus, die gleich in unterschiedlichen Schattierungen von Sattgrün bis Senfbraun vorkommt.

Chili-Schau in der Stuttgarter Wilhelma: Bei dem Zierchili „Nu Mex Centennial“ nehmen Früchte je nach Reifegrad einen anderen Farbton an.

Um diese Exoten jeden Spätsommer in ihrer ganzen Vielfalt zeigen zu können, beginnen die Vorbereitungen im Zoologisch-Botanischen Garten in Stuttgart schon am Jahresanfang. Bereits Ende Januar werden die ersten Sorten ausgesät und hinter den Kulissen im geschützten Gewächshaus zu Jungpflanzen herangezogen. Capsicum liebt warme Temperaturen um 20 Grad und muss gleichmäßig feucht gehalten werden. Anfang Mai geht es für die Gewächse dann langsam nach draußen in die Sonne, damit sie unter intensivem UV-Licht größer und kräftiger werden können. Je nach Sorte bilden die Chilis ab Juni die ersten Früchte aus und zeigen sich somit pünktlich zum Umzug in den Wintergarten in voller Pracht.

Chili-Schau in der Stuttgarter Wilhelma: Zu den schärfsten Sorten gehört die „Habanero“, die es in ganz unterschiedlichen Farbschlägen gibt

Was für die kundigen Gärtnerinnen und Gärtner eigentlich Routine ist, geriet diesmal allerdings zu einer kleinen Herausforderung. Denn im vergangenen Jahr hatte sich gezeigt, dass die bisherige Chili-Sammlung von einer Viruserkrankung befallen war. Wie auch bei Menschen und Tieren können Viren lange unerkannt in Pflanzen schlummern, ohne dass äußere Anzeichen zu sehen sind. Kommt es dann zum Ausbruch, weil die Gewächse schwächeln, sind sie meist nicht mehr zu retten. Da eine Übertragung über das Saatgut, das von befallenen Chilis stammt, nicht ausgeschlossen werden kann, mussten die Bestände komplett neu aufgebaut werden. Die Samen dafür kommen im Tausch von anderen botanischen Gärten oder werden zugekauft. Diese Mühe hat sich gelohnt: Etwa 300 Pflanzen konnten erfolgreich aufgezogen werden, die nun die Basis für die nächste Generation Wilhelma-Chilis bilden.

Wilhelma – Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart
17.09.2020

Wasserscheue Gänse mit eigenwilligen Brutzeiten

Kinderstube bei den australischen Hühnergänsen

Fünf Küken ziehen die australischen Hühnergänse der Wilhelma in Stuttgart in diesem Jahr auf.
Foto: Wilhelma Stuttgart

Aufgeregtes Geschnatter schallt derzeit regelmäßig über die Australien-Anlage der Wilhelma in Stuttgart: Vor nicht einmal zwei Wochen sind fünf junge Hühnergänse geschlüpft. Begleitet von ihren wachsamen Eltern durfte die kleine Gänseschar in dieser Woche ihren Stall verlassen und lässt sich nun täglich bei ihren Ausflügen ins Grüne beobachten.

Nachwuchs bei den Hühnergänsen in der Stuttgarter Wilhelma: Typisch für diese Art ist die schwarzweiße Zeichnung des Dunenkleides.
Foto: Wilhelma Stuttgart

Die Zucht dieser Entenvögel ist im Zoologisch-Botanischen Garten bereits mehrfach gelungen. Mit dem Spätsommer hat das Paar in diesem Jahr allerdings einen ungewöhnlichen Zeitpunkt für ihre Kinderstube gewählt, denn die Hühnergänse sind eigentlich Winterbrüter. Ihre Heimat liegt im Süden Australiens und auf der Insel Tasmanien, wo sie an Küstenstreifen und auf kleinen Eilanden leben. Dort legen die Hühnergänse ihre Eier im Mai ab, wenn sich auf der Südhalbkugel der Winter ankündigt. „Für die Tiere ist dabei die Länge des Tageslichts ausschlaggebend“, erklärt Revierleiter Mario Rehmann. „Erst wenn diese unter acht Stunden liegt, beginnt die Brutsaison. Aufgrund der Niederschläge wächst dann das Gras am stärksten, das für die Vögel die wichtigste Nahrungsquelle ist.“ An diesem natürlichen Rhythmus orientieren sich die Hühnergänse auch, wenn sie in unseren Breitengraden gehalten werden und widmen sich in der Regel erst ab Oktober der Jungtieraufzucht. Weil das winterliche Futterangebot auf der Wilhelma-Anlage eher karg ausfällt, bekommen die Küken in dieser Zeit gekeimten Weizen zugefüttert und sind im beheizten Innengehege untergebracht. Aktuell fühlt sich die Gänsefamilie in der milden Spätsommersonne aber auch draußen gut aufgehoben, während regelmäßige Niederschläge für ausreichend Grün auf der Wiesenfläche sorgen.

Nachwuchs bei den Hühnergänsen in der Stuttgarter Wilhelma: Typisch für diese Art ist die schwarzweiße Zeichnung des Dunenkleides.
Foto: Wilhelma Stuttgart

Wasser hat dagegen für die Hühnergänse im Gegensatz zu vielen ihrer Verwandten nur wenig Anziehungskraft. Mit ihren reduzierten Schwimmhäuten und langen Krallen sind sie auf ein Leben auf festem Grund angepasst und ziehen sich nur bei Gefahr in Gewässer zurück. Für ihr Gelege suchen sich die Vögel von hohen Gräsern oder Büschen geschützte Bereiche, das Nest bauen Gans und Ganter gemeinsam. Ist das erste Ei gelegt, verlässt das Weibchen den Brutplatz für die fünf Wochen bis zu Schlupf kaum noch, während das Männchen benachbarte Artgenossen und Eindringlinge mit angehobenen Flügeln und durchdringenden Rufen auf Abstand hält. Denn sowohl die Eier als auch die Jungtiere sind für Räuber leichte Beute. Während in Australien Möwen oder verwilderte Hauskatzen Jagd auf die jungen Gänse machen, können in der Wilhelma Krähen oder Füchse zu einer Gefahr für die Küken werden. Auch die friedlichen Roten Riesenkängurus, die sich die Anlage mit den Hühnergänsen teilen, müssen daher im Moment mit der einen oder anderen Attacke leben, wenn sie sich zu nah an die Schützlinge des Pärchens heranwagen. Schon in zwei bis drei Monaten wird sich die Wachsamkeit der Gänseeltern ausgezahlt haben. In dieser Zeit legen die Küken langsam ihr flauschiges, schwarzweiß gestreiftes Dunengefieder ab und wachsen zu stattlichen, hellgrauen Jungvögeln heran.

Fünf Küken ziehen die australischen Hühnergänse der Wilhelma in Stuttgart in diesem Jahr auf.
Foto: Wilhelma Stuttgart

In ihrer Heimat wurden die Hühnergänse als Konkurrenten zu Weidetieren stark bejagt, durch Lebensraumvernichtung fanden sie zudem immer weniger Brutplätze. Um 1960 stand die Art sogar kurz vor der Ausrottung. Seitdem stehen die Vögel unter Schutz, so dass sich die Bestände inzwischen erholt haben.

Wilhelma – Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart
17.09.2020

Wilhelma – Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart

Welt-Geier-Tag in der Wilhelma

Die „Gesundheitspolizei“ unter den Tieren braucht selbst Unterstützung

Am Welt-Geier-Tag konnten die Gäste der Wilhelma in Stuttgart bei der Fütterung der Aasfresser zuschauen.

Sie leben auf Feuerland und im Grand Canyon, im Himalaya und in den Alpen: Weltweit gibt es 23 Geierarten auf vier Kontinenten. Doch das Überleben wurde den Greifvögeln in den vergangenen Jahrzehnten schwer gemacht: 16 Arten sind inzwischen stark gefährdet. Zum Welt-Geier-Tag am Samstag, 5. September, standen die faszinierenden Tiere daher in der Wilhelma in Stuttgart im Mittelpunkt eines Aktionstages. Von 11 bis 16 Uhr wurde an Info-Ständen vor der Geiervoliere erklärt, warum diese Vögel häufig kahle Köpfe haben und welche wichtige Rolle sie im Ökosystem spielen. Denn indem die Aasfresser Tierkadaver beseitigen, sorgen sie für Infektionsschutz und damit eine bessere Gesundheit aller Bewohner in ihren Lebensräumen. Was die Gänsegeier im Zoologisch-Botanischen Garten fressen, konnten die Wilhelma-Gäste am Samstag eindrucksvoll in der Voliere beobachten. Dort servierten die Pflegerinnen und Pfleger zum Welt-Geier-Tag eine extra große Portion. Wie lange die Geier benötigen, um die 20 Kilo Fleisch inklusive Knochen zu verputzen, hängt von deren tagesaktuellem Appetit ab. Bei großem Hunger ist nach einer halben Stunde nichts mehr von dem meterhohen Futterhaufen zu sehen.

Fütterung der Aasfresser am Welt-Geier-Tag in der Wilhelma in Stuttgart.

Bei einem Quiz konnten Eltern wie Kinder unter der Anleitung von Pädagoginnen und Pädagogen der Wilhelmaschule an den beiden Infotischen ihr Wissen über die Aasfresser testen oder sich im Geier-MemorySpiel messen. Sie stellen außerdem das Schutzprojekt „VulPro“ (Vulture Conservation Programme) in Südafrika vor, das unter anderem die dort beheimateten Geierkolonien überwacht und verletzte Tiere aufnimmt, um sie wieder auszuwildern. Dabei ist auch die Aufklärung der Bevölkerung vor Ort wichtig. Denn Geier werden nicht nur Opfer von Wilderei, sondern sterben auch an ausgelegten Giftködern oder verfangen sich in Stromleitungen. Die Arbeit von „VulPro“ kann die Wilhelma dank ihrer Besucherinnen und Besuchern fördern, die beim Kauf der Eintrittskarte einen Artenschutz-Euro spenden. Und die können auch mithelfen, in ihrem Bekanntenkreis das Bewusstsein für die ganz eigene Schönheit der Geier zu schärfen: indem sie sich an einer Fotowand mit der beeindruckenden Flügelspannweite des Kapgeiers in Lebensgröße messen und das Foto ihren Freunden schicken.

Wilhelma / Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart
07.09.2020

Sommergäste auf den Subtropenterrassen

Insektivorenschau: Wie trickreich Pflanzen Tiere fangen

Auf den Subtropenterrassen der Wilhelma in Stuttgart sind über den Sommer verschiedenste Fleischfressende Pflanzen zu sehen. Die Sammlung des Zoologisch-Botanischen Gartens umfasst rund 300 Arten und Sorten von Insektivoren.
Foto: Wilhelma Stuttgart

Gazelle frisst Gras, Löwe frisst Gazelle: Unter den Tieren gibt es Vegetarier und Raubtiere, die eine Nahrungskette bilden. In der Hierarchie des „Fressen und Gefressen werden“ scheinen die Pflanzen immer ganz unten zu stehen. Das stimmt aber nicht. Denn auch unter den Pflanzen gibt es durchaus Fleischfresser. Die außergewöhnlichen Gewächse mit ihren verschiedenen Beute-Fangmethoden sind in der Wilhelma derzeit gut zu beobachten. Der Zoologisch-Botanische Garten in Stuttgart zeigt während der Sommermonate in den Vitrinen auf den Subtropenterrassen eine Auswahl seiner Sammlung aus rund 300 Arten und Sorten von Fleischfressenden Pflanzen.

Zierpflanzengärtner Thomas Lehnen inspiziert die Insektivoren auf den Subtropenterrassen der Wilhelma in Stuttgart. Die Sammlung des Zoologisch-Botanischen Gartens umfasst rund 300 Arten und Sorten von Insektivoren.
Foto: Wilhelma Stuttgart

Bekannt sind weltweit über 1000 Arten. In Deutschland finden sich ein Dutzend Arten meist in Mooren und Sümpfen. In den Fachkreisen heißen sie Insektivoren, weil sie sich – anders als Karnivoren – fast alle von Insekten ernähren und nur im Einzelfall von Fleisch. Auf Borneo gibt es zwar riesige Kannenpflanzen, die bis zu drei Liter fassen, und auch einmal eine Maus vertilgen. Das ist jedoch die Ausnahme. Gemeinsam haben sie, dass sie auf kargen, nährstoffarmen Böden gedeihen können, weil sie sich mit Fliegen und Mücken ein Zubrot aus der Luft verschaffen.

Die Haarige Wanzenpflanze auf den Subtropenterrassen der Wilhelma in Stuttgart hat mit ihren Klebtröpfchen eine Fliege und kleinere Insekten gefangen.
Foto: Wilhelma Stuttgart

Mangels Mobilität sind die räuberischen Pflanzen keine Jäger, sondern Fallensteller. Mit trickreichen Mechanismen gelingt es ihnen, die Insekten zu überlisten. Die Evolution hat dafür drei Hauptmethoden hervorgebracht. Bei der Venusfliegenfalle etwa schnappt das aufgespannte Fangblatt zu, wenn sich ein Insekt daraufsetzt. Kannenpflanzen dagegen bleiben passiv. Sie bilden Blätter zu bauchigen Trichtern um. Deren glatten Innenseiten sorgen dafür, dass Insekten darin nach unten rutschen. Bei Schlauchpflanzen verhindern nach unten gerichtete Widerborsten, dass sie herausklettern können. So landen die Tiere früher oder später in der sauren Verdauungsflüssigkeit am Boden dieser Fallgruben. Dem Sonnentau wiederum geben Tau-ähnliche Tröpfchen seinen Namen. Kristallklar lockt ihr Aussehen durstige Beute an, die an der klebrigen Substanz hängen bleibt.

Die Kannenpflanze in der Insektivoren-Vitrine auf den Subtropenterrassen der Wilhelma in Stuttgart hat eine Kakerlake gefangen.
Foto: Wilhelma Stuttgart

Zudem gibt es ganz außergewöhnliches Teamwork zwischen Flora und Fauna zu beobachten. Die „Haarige Wanzenpflanze“ lockt zum Beispiel Insekten an und hält sie mit Klebetropfen fest, kann die Beute aber nicht selbst verdauen. Ihr fehlen die Enzyme dafür. Stattdessen setzen sich Wanzen und Spinnen auf diesem Halbstrauch quasi „an den gedeckten Tisch“. Sie saugen die gefangenen Tiere aus und übernehmen die Verdauung. Ihre Ausscheidungen dienen dann ihrerseits als Dünger für die Pflanze. Daher zählt die „Haarige Wanzenpflanze“ als präkarnivor. In der Wilhelma müssen die Fleischfressenden Pflanzen übrigens nicht gefüttert werden. Sie fangen auch in den Vitrinen auf den Subtropenterrassen genügend Insekten.

Wilhelma / Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart
07.09.2020