Viele Berufspendler trotz Pandemie / „Teurer Wohnraum mitverantwortlich“
20.200 Menschen pendeln zum Arbeiten von außerhalb nach Speyer
Wenn
Lebenszeit im Stau verloren geht: Auch in Zeiten von Lockdown und Homeoffice
bleibt die Zahl der Pendler in Speyer auf einem hohen Level. Im vergangenen
Jahr kamen rund 20.200 Menschen zum Arbeiten regelmäßig von außerhalb in die Stadt.
Darauf macht die IG Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) aufmerksam. Die Gewerkschaft
beruft sich dabei auf eine Statistik der Bundesagentur für Arbeit. Demnach sank
die Zahl der sogenannten Einpendler nach Speyer geringfügig um 0,8 Prozent
im Vergleich zum Vorjahr.
Zu den Hauptursachen
für die anhaltend großen Pendelströme zählt nach Einschätzung der IG BAU Rheinhessen-Vorderpfalz
der teure Wohnraum in den Städten. „Nach jahrelangen Mietsteigerungen können
sich viele Beschäftigte das Leben am Arbeitsort nicht mehr leisten. Ihnen
bleibt als Alternative oft nur stundenlange Fahrerei mit dem Auto oder der
Bahn“, so Bezirksvorsitzender Rüdiger Wunderlich. In der Baubranche seien weite
Anfahrtswege besonders verbreitet. Es dürfe aber nicht sein, dass Bauarbeiter,
die in den Ballungsräumen Wohnungen bauten, sich diese selbst nicht mehr
leisten könnten.
Die
IG BAU fordert deshalb mehr Anstrengungen bei der Schaffung bezahlbaren
Wohnraums. „Deutlich mehr Wohnungen, die sich in den Städten auch Gering- und
Normalverdiener leisten können, sind ein entscheidender Beitrag, um die
Pendler-Zahlen zu verringern“, sagt Wunderlich.
Dafür müsse die Politik klare Vorgaben machen, etwa indem kommunale Grundstücke
nicht an den Meistbietenden verkauft würden, sondern an Bauherren, die sich zu
bezahlbaren Mieten verpflichteten. Beim sozialen Wohnungsbau müssten die
staatlichen Fördermittel massiv aufgestockt werden und einmal gebaute
Sozialwohnungen dauerhaft preisgebunden bleiben.
Dass Menschen in der Nähe ihres Arbeitsplatzes wohnen können, sei nicht nur eine soziale, sondern auch eine ökologische Frage: „Weniger Pendelei bedeutet für die Betroffenen mehr Zeit für die Familie, Freunde und Hobbys. Gleichzeitig kann ein erheblicher Teil der CO2-Emissionen im Verkehrssektor eingespart werden“, so Wunderlich weiter. Nach Angaben der Arbeitsagentur verließen im vergangenen Jahr bundesweit vier von zehn sozialversicherungspflichtig Beschäftigten auf dem Weg zur Arbeit die Grenzen ihrer Stadt oder ihres Landkreises. Damit erreichte die Zahl der Fern-Pendler trotz Pandemie einen Höchststand von 13 Millionen.
Podiumsdiskussion zur Energiewende in Rheinland-Pfalz – mit SWS-Geschäftsführer Wolfgang Bühring
Die Landesgruppe Rheinland-Pfalz im Verband kommunaler Unternehmen (VKU) lädt zur Podiumsdiskussion zur Umsetzung der Energiewende in Rheinland-Pfalz ein. Die Kandidat*innen der im Landtag vertreten Parteien werden mit dem Vorsitzenden der VKU-Landesgruppe Rheinland-Pfalz, Wolfgang Bühring, über die Strategien zur Umsetzung der Energiewende diskutieren.
Termin:
Mittwoch, 24. Februar 2021
18:00 – 19:30 Uhr
Teilnehmer*innen:
Christian Baldauf (Spitzenkandidat CDU)
Roger Lewentz (SPD)
Anne Spiegel (Spitzenkandidatin Bündnis 90/Die Grünen)
Daniela Schmitt (Spitzenkandidatin FDP)
Michael Frisch (Spitzenkandidat AfD)
Wolfgang Bühring (Stadtwerke Speyer GmbH und VKU-Landesgruppenvorsitzender)
IG BAU will Rechte von Arbeitnehmervertretern stärken
Wettbewerb: In Speyer werden Vorzeige-Betriebsräte gesucht
Engagierte
Betriebsräte gesucht: Arbeitnehmervertreter, die sich in Speyer während der
Coronakrise besonders um die Belange von Beschäftigten verdient machen, sind
preisverdächtig. Noch bis Ende April können sie sich um den Deutschen
Betriebsräte-Preis 2021 bewerben. Dazu hat die IG Bauen-Agrar-Umwelt
(IG BAU) aufgerufen. „Von der Aufstockung des Kurzarbeitergeldes über
einen wirksamen Gesundheitsschutz im Job bis hin zum Umgang mit einer drohenden
Insolvenz – die Arbeit von Betriebsräten ist wichtiger denn je“, sagt IG BAU-Bezirksvorsitzender
Rüdiger Wunderlich.
Die
Gewerkschaft appelliert zugleich an Beschäftigte in der Stadt, eine
Arbeitnehmervertretung zu gründen, wo es bislang keine gibt. „Gerade in der
Baubranche mit vielen kleinen Handwerksunternehmen ist in puncto Mitbestimmung
noch viel Luft nach oben. Beschäftigte sollten sich aus Angst vor dem Chef aber
nicht um ihr Recht bringen lassen und eine Vertretung wählen“, so Wunderlich.
Ein Betriebsrat kann bereits in Firmen ab fünf Mitarbeiterinnen und
Mitarbeitern gegründet werden und bringt nicht nur Beschäftigten, sondern auch
Unternehmen viele Vorteile.
Nach Angaben
des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) wurden zuletzt 41 Prozent
der Beschäftigten in Westdeutschland von einem Betriebsrat vertreten. In der
Bauwirtschaft liegt die Quote bei lediglich 15 Prozent.
Außerdem ruft die IG BAU Rheinhessen-Vorderpfalz die
Bundestagsabgeordneten aus der Region dazu auf, das von Arbeitsminister
Hubertus Heil (SPD) vorgelegte „Betriebsrätestärkungsgesetz“ zu unterstützen.
Der Entwurf sieht vor, dass Beschäftigte, die eine Betriebsratswahl
vorbereiten, schwerer kündbar sind. Nach Beobachtung der IG BAU werden Initiativen
zur Gründung von Betriebsräten häufig mit allen Mitteln blockiert – mit zum
Teil harten persönlichen Folgen für die engagierten Beschäftigten, die um ihren
Arbeitsplatz fürchten müssten.
Laut Gesetzentwurf sollen
Arbeitnehmervertreter zudem bei Themen wie dem mobilen Arbeiten und Künstlicher
Intelligenz mehr Mitsprache erhalten. Obwohl das Vorhaben im Berliner
Koalitionsvertrag vereinbart worden war, stieß es zuletzt auf den Widerstand
der Union.
Der Deutsche Betriebsräte-Preis steht unter der Schirmherrschaft des Bundesarbeitsministeriums und ist eine Initiative der Fachzeitschrift „Arbeitsrecht im Betrieb“. Die Auszeichnung wird seit 2009 verliehen und zeichnet engagierte Interessenvertretungen unabhängig von Branche und Betriebsgröße aus. Bewerbungsschluss für den Preis ist in diesem Jahr der 30. April. Weitere Infos online unter: www.betriebsraetepreis.de.
Lohnuntergrenze für Dachdecker in Speyer gestiegen
Mehr Geld im Handwerk:
Für die Dachdecker aus Speyer gilt eine neue tarifliche Lohnuntergrenze.
Gelernte Kräfte haben seit 1. Januar Anspruch auf einen Mindestverdienst
von 14,10 Euro pro Stunde – 3,7 Prozent mehr als bisher. Das teilt die IG
BAU Rheinhessen-Vorderpfalz mit – und
ruft Beschäftigte in der Region zum Lohn-Check auf. „Auf der aktuellen
Lohnabrechnung muss das Plus auftauchen. Wer leer ausgeht, sollte sich an die
Gewerkschaft wenden“, so Bezirksvorsitzender
Rüdiger Wunderlich.
Die IG BAU appelliert
zugleich an Fachkräfte, auf dem deutlich höheren Tariflohn zu bestehen. Dieser
liegt bei 19,12 Euro pro Stunde. „Trotz Pandemie laufen die Arbeiten im
Dachdeckerhandwerk auf Hochtouren. Hier sollte sich niemand unter Wert
verkaufen“, sagt Wunderlich. Anspruch auf
die tarifliche Bezahlung haben Gewerkschaftsmitglieder, deren Firma Mitglied in
der Dachdeckerinnung ist.
Außerdem bleibt die
tarifliche Altersvorsorge in der Branche bestehen. „Die Unternehmen wollten bei
der Zusatzrente sparen. Die Folgen für Dachdecker, die wegen der harten körperlichen
Arbeit nur selten bis zum gesetzlichen Rentenalter durchhalten und nur auf
geringe Altersbezüge kommen, wären fatal gewesen. Jetzt müssen Arbeitgeber
sogar einen höheren Rentenbeitrag zahlen“, erklärt IG BAU-Bundesvorstandsmitglied
Carsten Burckhardt. Für Beschäftigte sei damit die tarifliche Extra-Rente von
94 Euro pro Monat gesichert.
Auch die Vergütungen für Azubis sind zum Januar gestiegen. Sie kommen jetzt auf 780 Euro im ersten, 940 Euro im zweiten und 1.200 Euro im dritten Ausbildungsjahr.
Dramatische Lage im Gastgewerbe: Großteil der Beschäftigten in Speyer in Kurzarbeit
Angesichts weiterhin geschlossener Restaurants, Cafés und Hotels in Speyer macht die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) auf die wachsende Notlage der Beschäftigten aufmerksam – und fordert die Einführung eines Mindest-Kurzarbeitergeldes von 1.200 Euro im Monat. Die NGG geht davon aus, dass die Kurzarbeit aktuell erneut die Ausmaße des Lockdowns vom Frühjahr vergangenen Jahres angenommen hat. Damals meldeten 101 gastgewerbliche Betriebe in Speyer Kurzarbeit an – das sind 74 Prozent aller Betriebe der Branche in der Stadt.
Die Zahl der Köchinnen, Kellner und
Hotelfachleute in Kurzarbeit stieg im April 2020 auf 580. Dies geht aus einer Sonderauswertung der Bundesagentur für
Arbeit hervor. Nach Angaben des Ifo-Instituts waren im Januar 2021 bundesweit
56 Prozent aller Beschäftigten des Gastgewerbes in Kurzarbeit. Zum Vergleich:
In der Gesamtwirtschaft lag die Quote bei lediglich 7,8 Prozent.
„Im Unterschied zu anderen Branchen dauert
der derzeitige Lockdown für die Gastronomie und Hotellerie immerhin schon seit Anfang
November. Die Beschäftigten wissen nicht mehr, wie sie noch ihre Miete bezahlen
sollen. Ihre letzten Reserven sind längst aufgebraucht. Und es könnten noch
Monate vergehen, bis Hotels und Gaststätten wieder öffnen“, sagt Holger Winkow, Geschäftsführer
der NGG-Region Pfalz. „Wegen
ohnehin niedriger Löhne und fehlender Trinkgelder spitzt sich die Lage der
Beschäftigten auch in Speyer dramatisch zu. Ohne schnelle und
unbürokratische Hilfe drohen den Menschen existentielle Probleme“, betont Winkow.
Zusammen mit der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) hat die NGG deshalb Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Koalitionsspitzen in einem offenen Brief aufgefordert, ein branchenübergreifendes Mindest-Kurzarbeitergeld in Höhe von 1.200 Euro pro Monat einzuführen. Am 11. Februar debattiert auch der Deutsche Bundestag über das Thema. Außerdem haben ver.di und die NGG eine Online-Petition zum Mindest-Kurzarbeitergeld gestartet. Weitere Infos unter: https://www.ngg.net/mindest-kug „Wenn die Politik Unternehmen mit enormen Steuermitteln unterstützt, um eine Pleitewelle zu verhindern, dann muss auch genug Geld für die da sein, die jetzt jeden Cent zweimal umdrehen müssen“, sagt Holger Winkow. Gerade in kleineren Pensionen und Gaststätten in der Region verdienten viele Beschäftigte kaum mehr als den gesetzlichen Mindestlohn. Eine Kellnerin, die in Vollzeit zum Mindestlohn arbeitet, kommt im ersten Bezugsmonat auf nur 728 Euro Kurzarbeitergeld (ledig, ohne Kinder, Kirchensteuer), so die NGG. Selbst nach der Erhöhung auf 80 Prozent des Einkommens, wie sie nach sieben Monaten Kurzarbeit greift, bleiben nur 971 Euro im Monat.
NGG-Region Pfalz 15.02.2021
Deutsche Rentenversicherung Rheinland-Pfalz
Bis 31. März: Freiwillige Beiträge für 2020 zahlen
Freiwillige Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung für
2020 können noch bis zum 31. März gezahlt werden. Die Höhe des freiwilligen
Beitrags kann jeder selbst wählen zwischen dem Mindestbeitrag von monatlich
83,70 Euro und dem Höchstbeitrag von monatlich 1 283,40 Euro. Auf der
Überweisung sind die Versicherungsnummer, der Vor- und Zuname sowie der
Zeitraum, für den die Beiträge bestimmt sind, anzugeben.
Warum es sich lohnen
kann
Wegen des günstigen Beitragssatzes in der gesetzlichen
Rentenversicherung kann es für Selbstständige, Hausfrauen und Personen, die
nicht rentenversicherungspflichtig sind, interessant sein, freiwillige Beiträge
zu zahlen. Denn diese werden auf Mindestversicherungszeiten angerechnet und können
die spätere Rente erhöhen. Auch können sie steuerlich absetzbar sein.
Weitere Auskünfte gibt es bei der Deutschen Rentenversicherung Rheinland-Pfalz, über das kostenfreie Servicetelefon unter 0800 1000 480 16 und im Internet unter www.drv-rlp.de.
Deutsche Rentenversicherung Rheinland-Pfalz 15.02.2021
Generation Ü65 wächst in Speyer bis 2035 um 27 Prozent
Immer
mehr Senioren – aber auch genug altersgerechter Wohnraum? In Speyer
könnte die Zahl der Menschen, die älter als 65 sind, bis zum Jahr 2035 auf 14.300 anwachsen
– das sind 27 Prozent mehr als noch im Jahr 2017. Ihr Anteil an der
Bevölkerung läge dann bei 29 Prozent
(2017: 22 Prozent). Darauf hat die IG Bauen-Agrar-Umwelt
(IG BAU) hingewiesen. Die Gewerkschaft beruft sich hierbei auf eine
Demografie-Prognose des CIMA Instituts für Regionalwirtschaft – und fordert
mehr Anstrengungen bei der Schaffung seniorengerechter Wohnungen: „Lift statt
Treppe, breitere Türen für Rollator und Rollstuhl, barrierefreie Duschen – nur
ein kleiner Teil der Wohnungen in der Stadt ist für die rasant wachsende
Generation Ü65 geeignet. Das muss sich ändern“, sagt Rüdiger Wunderlich.
Der Bezirksvorsitzende der IG BAU Rheinhessen-Vorderpfalz spricht von einer
„demografischen Notwendigkeit“. Es müssten nicht nur zusätzliche
Seniorenwohnungen neu gebaut werden. Auch bei der altersgerechten Sanierung
bestehender Wohnungen sei der Nachholbedarf groß. „Wenn die Rentner-Generation
nicht stärker berücksichtigt wird, droht vielerorts schon in einigen Jahren
eine graue Wohnungsnot“, betont Wunderlich.
Dieses Problem werde bereits jetzt durch die Corona-Pandemie verschärft, weil
gerade ältere Menschen einen Großteil des Tages zuhause verbringen müssten.
Die staatliche Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) biete mit ihrem Programm „Altersgerecht Umbauen“ zwar Zuschüsse und Kredite. Das Fördervolumen von 150 Millionen Euro in diesem Jahr reiche aber nicht aus, kritisiert die IG BAU. Der Bund müsse die Förderung mindestens verdoppeln, um das Senioren-Wohnen voranzubringen. Danach sieht es derzeit allerdings nicht aus: Laut Haushaltsplan stehen für die altersgerechten Sanierung im nächsten Jahr nur noch 130 Millionen Euro zur Verfügung. Am Ende stehe die Lebensqualität Tausender Menschen in Speyer auf dem Spiel. „Es kann nicht sein, dass ein Rentner nur deshalb ins teure Pflegeheim muss, weil eine ambulante Betreuung an der seniorengerechten Ausstattung der eigenen Wohnung scheitert“, macht Wunderlich deutlich.