Wilhelma – Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart

Neue Tierarten in der Wilhelma

Tapire und Servale ermöglichen spannende Vergleiche

Zwei Flachland-Tapire sind auf der Südamerika-Anlage eingezogen. Foto: Wilhelma Stuttgart

Zwei zusätzliche Tierarten ergänzen neuerdings den vielseitigen Bestand der Wilhelma in Stuttgart. So sind jetzt erstmals Flachlandtapire zu beobachten, die größte Wildtierart Südamerikas. Und mit Servalen kehrt eine Kleinkatzenart nach elf Jahren Pause in den Zoologisch-Botanischen Garten zurück. „Diese Neuzugänge erlauben unseren Gästen spannende Vergleiche“, sagt Wilhelma-Direktor Dr. Thomas Kölpin. „Zum einen können sie die südamerikanischen Tapire und unsere asiatischen Schabrackentapiren mit ihrer markanten Schwarzweißfärbung im Kontrast betrachten. Und bei den Servalen zeigen sich natürliche starke Unterschiede zu unseren Großkatzen, wie Löwen und Jaguare.“

Untergekommen sind die Flachlandtapire im Südamerika-Bereich der Wilhelma in der Nähe von Brillenbären und Mähnenwölfen, Alpakas und Ameisenbären. In der Natur leben sie in der nördlichen Hälfte Südamerikas gleichermaßen in Feuchtgebieten und Sumpfwälder wie auch Savannen und Grasland. Sie erreichen bei den größeren Weibchen eine Schulterhöhe von knapp 1,20 Meter und ein Gewicht von an die 300 Kilo. Typisch ist der stark ausgeprägte Nackenkamm – und wie bei allen Tapiren der bewegliche Rüssel, der aus Nase und Oberlippe gebildet ist und zum Greifen genutzt wird. Anders als die Schabrackentapire ist ihr Fell dunkelbraun oder schwarzbraun. Nur die Kehle und der untere Teil des Gesichts sind grau. Über drei Jahrzehnte hat sich ihre Zahl um ein Drittel verringert. Daher gelten sie inzwischen als bedrohte Tierart. Die beiden Neuzugänge aus dem Zoo im ungarischen Veszprém sind der knapp 16-jährige Hermanek und seine Tochter Radir, die sieben Jahre und acht Monate alt ist.

Servale gab es zuletzt 2011 in der Wilhelma, danach ausschließlich größere Raubkatzen. Dass sie zoologisch zu den Kleinkatzen zählen, kann dabei irreführend wirken. Keine andere Katze hat im Verhältnis längere Beine. Ihr schlanker Körper kann auf eine Länge von gut 90 Zentimeter kommen: bei einer Schulterhöhe von an die 65 Zentimetern und einem Gewicht bis 15 Kilogramm. Auffällig sind die auf dem schmalen Kopf sehr hoch aufragenden Ohren. So sind Servale hervorragend an die Jagd von kleinen Nagetieren in hohem Gras angepasst. Kleine Vögel, Eidechsen, Schlangen und Frösche verschmähen sie ebenfalls nicht. So finden sie sich in fast allen Gebieten Afrikas bis in Höhen von 3000 Metern zurecht. Lediglich tropischen Regenwald und Wüste meiden sie. Südlich der Sahara sind sie weit verbreitet. Nördlich davon begrenzt sich ihr Vorkommen auf einen Streifen von Guinea an der Westküste bis Somalia im Osten.

Zur Eingewöhnung leben die neuenServale vorerst im Raubtierhaus. Foto: Wilhelma Stuttgart

Die beiden neuen Servale der Wilhelma sind noch sehr jung und erst im vergangenen Sommer geboren. Daher sind sie vorerst in benachbarten Gehegen getrennt untergebracht, damit sie sich zum vorsichtigen Kennenlernen zunächst nur sehen, riechen und hören können. Für den Anfang sind der Kater Nio aus dem Zoo Osnabrück und die Katze Duma aus Dvůr Králové in Tschechien in der Zeile der Raubtiere zwischen den Revieren der Löwen und Jaguaren anzutreffen. Im Laufe des Jahres entsteht für sie ein eigenes Gehege im Bereich der afrikanischen Arten in der Nähe von den Gorillas, Bonobos und Somali-Wildeseln.

Text: Wilhelma – Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart Foto: Wilhelma Stuttgart
29.04.2022

Doppelter Spaß für die Jüngsten

Tobender Tiernachwuchs und neuer Wasserspielplatz für Kinder

Toben will der Nachwuchs: ob bei Mensch oder Tier. Aktuell bietet die Wilhelma in Stuttgart beides mit vielen Geburten auf dem Schaubauernhof und einer Erweiterung des Amazonienspielplatzes. In den Osterferien ist das Streichelgehege einer der wichtigsten Anlaufpunkte für Familien. Denn rund um die Feiertage kamen bei den Kamerunschafen, Skudden und Afrikanischen Zwergziegen gleich 19 Jungtiere zur Welt. Vielleicht werden die zwei Dutzend noch voll, denn weitere Mutterschafe und Geißen sind trächtig.

Eine Besonderheit in diesem Jahr ist das allererste Lamm bei den Border-Leicester-Schafen. Die ulkig anzusehende Rasse mit den senkrecht aufragenden Ohren ist erst seit gut einem Jahr im Bestand des Zoologisch-Botanischen Gartens. Auch für das junge Muttertier ist es ein Erstling. Da das Kleine nicht bei ihr trinkt, müssen die Pflegerinnen und Pfleger es mit der Flasche aufziehen. Mit etwas krummen Beinen springt es noch nicht so sicher umher wie die anderen Sprösslinge, die ihre Kräfte testen und miteinander messen, aber es wird immer kräftiger.

Kinder können nicht nur den Lämmern und Zicklein beim Herumtollen zusehen, sondern haben jetzt eine zusätzliche Möglichkeit, sich selbst auszutoben. Passend zu der sonnigen Jahreszeit hat die Wilhelma auf dem Hauptspielplatz vor dem Amazonienhaus den Wasserspielbereich erweitert. Auf den 1000 Quadratmetern warten neben Kletteranlage, Rutschen, Schaukeln und Labyrinth nun neue Spielgeräte für die Wasserratten unter den Mädchen und Jungen. Mit einer Archimedischen Spirale können sie Wasser nach oben kurbeln und herabfließen lassen. Wassertische mit Staustufen und Weichen laden zum Experimentieren ein und Pumpen sorgen für ein spritziges Vergnügen und auch Abkühlung an heißen Tagen. Die Kinder haben hier die Möglichkeit, die in dem nahgelegenen Amazonienhaus gewonnenen Eindrücke gemeinsam in tatkräftige Energie umzuwandeln und ihre Fantasie so weiter zu beflügeln. Dabei steht in dem neuen Wasserbereich das Miteinander im Vordergrund. Während die einen kurbeln und pumpen, öffnen oder schließen andere zum Beispiel eine Schleuse. Das geht am besten gemeinsam.

Text: Wilhelma – Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart Foto: Wilhelma Stuttgart
22.04.2022

Wilhelma – Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart

Ruhestand nach 47 Jahren Wilhelma / Überraschung zum Abschied

„Crocodile Harry“ hinterlässt großen Eindruck

Harry Aberle bringt mit Frederick, das größte Krokodil Deutschlands, zum Springen.
Foto: Harald Löffler / Eye-of-the-Tiger

„Jeder Tag kann mein letzter sein“, ist das Credo von Harry Aberle, dem Spezialisten in der Wilhelma für die gefährlichsten Krokodile mit einer Beißkraft von einer Tonne und die größte Giftspritze unter den Schlangen, die Gabunviper. An Ostern ist nun sein letzter Tag gekommen im Zoologisch-Botanischen Garten in Stuttgart: nach 47 Jahren. Dass der 64-Jährige den Ruhestand überhaupt erreicht, verdankt er seinem umsichtigen Umgang mit den ihm anvertrauten Tieren aller Arten. „Routine ist Segen und Fluch zugleich“, weiß er. Bei gefährlichen Tiere entscheiden Kleinigkeiten: Jeder Griff muss sitzen, tausend Mal, ohne gedankenlos zu werden. Seine zupackende Art war Triebfeder und Lebensversicherung einer außergewöhnlichen Laufbahn.

International bekannt ist er dafür, dass er Tong, dem weißen Leistenkrokodil, in jahrelangem Training das Springen beigebracht hat. In der Natur schnappen sich die Panzerechsen so Vögel, Reptilien oder Säugetiere, die auf Ästen über dem Fluss sitzen. Eine öffentliche Fütterung dieser Art gibt es in Europa kein zweites Mal.

Aberle leitet das Tierpflege-Team im Terrarium, das rund 100 Arten von Reptilien und Amphibien hütet: von Krokodilen und Schlangen über verschiedenste Echsen und Schildkröten bis zu Fröschen. Zum Abschied hat er eine Überraschung parat: „Freddy. Freddy, komm!“ Sein lautes Kommando verhallt. Wenn der Revierleiter ruft, springt kein Azubi. Dafür kommt im Wasser Bewegung auf. Gut getarnt, wie aus dem Nichts, gleitet Frederick heran: das größte Krokodil Deutschlands. Aufs Wort wuchtet der Koloss ohne jeden Anlauf seine 520 Kilo bis zu den Hinterbeinen aus dem Wasser und schnappt mit seinen 64 Zähnen nach dem Huhn in der Hand des Pflegers hoch über ihm. Doch während das mehr als 4,30 Meter lange Leistenkrokodil wieder ins Wasser kracht, klatscht niemand. Diese Fütterung von Frederick vor Publikum zu probieren, wäre selbst „Crocodile Harry“ zu heikel. Sein jüngster Erfolg als Krokodilflüsterer, den er mit dem riesigen Bullen anfangs nicht für möglich hielt, erfüllt ihn mit Stolz, doch ein Hasardeur ist er nicht. So ließ der angehende Ruheständler die rekordverdächtige Aktion kurz vor seinem Ausscheiden zunächst nur von der Kamera für die Nachwelt festhalten.

„Die Wilhelma hat rund 100 Tierpflegerinnen und -pfleger, die eine super Arbeit machen, aber Harry Aberle ist ein Unikat“, sagt Direktor Dr. Thomas Kölpin. „Er hat nicht nur mit großer Energie über Jahrzehnte an der Weiterentwicklung des Terrariums mitgearbeitet. Als Dienst an der Allgemeinheit hat er sein Fachwissen auch nach außen getragen, um Polizei und Feuerwehr zu schulen, wie sie richtig reagieren, falls sie bei einem Einsatz unerwartet auf potenziell gefährliche Reptilien oder Spinnen stoßen.“ Im Zweifel ist er auf Anruf der Blaulicht-Fraktion zu jeder Tages- oder Nachtzeit selbst ausgerückt, um in Amtshilfe Tiere mit null bis acht Beinen sicher einzufangen oder deren Art zu bestimmen.

„Nicht zuletzt durch seine unterhaltsame Art hat Harry Aberle einen enormen Wiedererkennungswert gewonnen“, meint Kölpin. „Über die Zoo-Dokuserien im Fernsehen ist er zu einem Markenzeichen der Wilhelma geworden, das frei Schnauze spricht. Eine große Klappe soll ihm als Krokodilpfleger gestattet sein.“

In und für die Wilhelma gelebt, hat der Vaihinger gefühlt eigentlich schon immer. Denn als der kleine Harry Laufen lernte, machte er seine ersten eigenen Schritte in der Wilhelma „vor den Flamingos“, so berichteten ihm seine Eltern. In der Schule antwortete er auf die Frage, was er einmal werden möchte, schon damals: Pfleger in der Wilhelma. Sein Lehrer erwiderte wenig pädagogisch: „Auf Dich haben die gerade noch gewartet.“ Obwohl die Stellen in der Zootierpflege äußerst begehrt sind und die Wilhelma teilweise hundert Mal mehr Bewerbungen erhält als sie Ausbildungsplätze hat, machte Aberle seinen Weg. Nach einem Schulpraktikum 1972 begann er 1975 seine Lehre, und arbeitete danach bis 1989 im Aquarium, bevor er zu seinen geliebten Reptilien gewechselt ist. Seit 2015 ist er Revierleiter im Terrarium.

Harry Aberle war über Jahrzehnte der Wilhelma-Spezialist für Giftschlangen, wie diese als Brillenschlange bekannte Kobra.
Foto: Harald Löffler / Eye-of-the-Tiger

„Eine hemmungslose Begeisterung für das Terrarium und die Wilhelma als Ganzes“, attestiert ihm Isabel Koch, die zoologische Kuratorin für den Bereich. „Tiere können ihn nicht aus der Ruhe bringen, aber es regt ihn auf, wenn irgendwo auf dem Gelände etwas nicht in Ordnung ist.“ So zeichnet ihn der Wille aus, immer noch etwas zu verbessern. Neben der Betreuung der Tiere bewies er ein Händchen für die Gestaltung der Gehege und Freude am Detail. „Auf seinen privaten Reisen durch die Weltgeschichte hat er sein gutes Auge für Landschaften und Proportionen geschult“, sagt Koch. „Zusammen mit seinem handwerklichen Geschick ist er für mich darin unerreicht, wenn es darum geht, große Landschaften und auch kleine Terrarien optisch ansprechend und artgerecht auszustatten.“ So hat er etwa im Taggecko-Gehege den Teil eines Gummibaums einer Kautschuk-Plantage nachgebaut. Dass ihm das täuschend echt gelungen ist, macht ihm heute noch eine diebische Freude: „Manche Besucher warten wirklich davor, ob der Milchsaft tropft“, erzählt Aberle.

Ein legendäres Tier, das er gepflegt hatte, war der „Große Weiße“: ein mächtiger Krokodilbulle, der nach seinem Tod im Jahr 2000 vom benachbarten Naturkundemuseum präpariert wurde. Die Wilhelma erhielt als Anschauungsmaterial für Schulklassen den Abguss eines seiner Hinterfüße. Typisch Aberle: Bei dem großen Umbau der Krokodilhalle 2006 war er es, der damit noch schnell in den frisch modellierten Boden Spuren prägte. So schuf er einen natürlicheren Anblick der Uferlandschaft und verewigte den „Großen Weißen“. Aberle hinterlässt selbst große Fußstapfen, wenn er an Ostern einen der wohl spektakulärsten Arbeitsplätze in Deutschland freimacht. Diesen neu zu besetzen, fällt nicht leicht. Bis 5. Mai läuft die Bewerbungsfrist.

Text: Wilhelma – Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart Foto: Harald Löffler / Eye-of-the-Tiger
12.04.2022

Erster Nachwuchs bei Trampeltieren seit 2009

Wintereinbruch: Kaltstart ins Leben für kleines Kamelfohlen

Ein Ereignis mit doppeltem Seltenheitswert für Stuttgart: Erstmals seit 13 Jahren haben die Trampeltiere in der Wilhelma Nachwuchs. Das Fohlen der auf Hitze und Trockenheit spezialisierten Wüstenbewohner kam ausgerechnet während des späten Wintereinbruchs Anfang April mit Frost und Schnee zur Welt. Mit der Geburt schließt sich ein Kreis im Zoologisch-Botanischen Garten. Die Stute Chiara war 2009 das letzte Trampeltier gewesen, das in der Wilhelma geboren wurde. Nun ist sie selbst die Mutter des ersten Jungtiers nach der längeren Pause.

Die neue Anlage für Asiatische Huftiere, die 2020 eröffnet wurde, bietet gute Voraussetzung für die Aufzucht. Anders als bei der früheren Koppel am Schaubauernhof, lassen sich hier Muttertier und Fohlen von dem Kamelhengst, aber auch den neuen Mitbewohnern, den Hausyaks, abtrennen, um damit sie in den ersten Tagen in Ruhe ihre Beziehung aufbauen können. Das ist bei Trampeltieren besonders wichtig, damit die Stute ihr Jungtier annimmt und säugt.

„Die ersten Stunden sind entscheidend, bis das Neugeborene bei der Mutter trinkt“, sagt Revierleiter Stephan Paspalaris. „Sonst versiegt die Milchproduktion.“ Als der kleine Hengst, der am 1. April gegen 7 Uhr geboren wurde, nach einigen Stunden noch etwas unbeholfen auf den Beinen stand, haben ihn die Tierpflegerinnen und -pfleger deshalb ans Euter geführt und angesetzt. „Zwei Portionen Milchersatz haben wir am Anfang zugefüttert, damit er schnell zu Kräften kommt“, berichtet Paspalaris. Seither klappt es und Chiara versorgt ihren Erstling selbstständig. Bei Kamelen ist die Muttermilch ein rechter Powerdrink, der sehr nahrhaft ist und viel Vitamin C enthält. Bereits nach drei Monaten haben sich so bei den Jungtieren die Fettspeicher in den beiden für Trampeltiere typischen Höckern auf dem Rücken gefüllt und aufgerichtet. Auch wenn sie rund ein dreiviertel Jahr gesäugt werden, nehmen die Fohlen schon nach wenigen Wochen auch festes Futter auf.

Hauskamele sind als widerstandsfähige Nutztiere, die Hitze wie Kälte trotzen und Trockenheit lange erdulden, in Grasländern, Halbwüsten und winterkalten Wüsten von Kleinasien bis in die Mandschurei sehr beliebt. Sie dienen seit rund 4500 Jahren als Reit- und Lasttiere und liefern Fleisch, Milch, Wolle, Leder und Dung als Brennstoff. Wildkamele sind hingegen sehr selten geworden. Derzeit geht man von einem Restbestand von weniger als 1000 Tieren aus, die noch in China und der Mongolei anzutreffen sind. Daher gilt das Wildkamel als vom Aussterben bedroht.

In der Wilhelma ist vermutlich auch die Stute Faya trächtig. Allerdings hat sie noch kein Euter gebildet. Es kann also bei ihr mit dem Nachwuchs noch dauern. Trampeltiere haben eine Tragzeit von 13 Monaten.

Wilhelma – Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart
08.04.2022

Wilhelma – Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart

Neubau für Kleinsäuger, Vögel und Insektivoren ist fertig

  • Finanzstaatssekretärin Gisela Splett: „Der Neubau bereichert die Artenvielfalt der Wilhelma um eine ganze Reihe von außergewöhnlichen Tier- und Pflanzenarten“
  • Wilhelma-Direktor Dr. Thomas Kölpin: „Wer glaubt, in der Wilhelma schon alles gesehen zu haben, wird hier viele weitere Facetten der Tier- und Pflanzenwelt entdecken“

Der Neubau für Kleinsäuger, Vögel und Insektivoren ist fertig gestellt. Finanzstaatssekretärin Gisela Splett hat am Mittwoch (13. April) den Neubau gemeinsam mit Wilhelma-Direktor Dr. Thomas Kölpin eröffnet.

Finanzstaatssekretärin Gisela Splett:
„Der Neubau bereichert die Artenvielfalt des Zoologisch-Botanischen Gartens in Stuttgart um eine ganze Reihe von außergewöhnlichen Tier- und Pflanzenarten. Die Gehege und Volieren sehen aus wie ein Ausschnitt der Natur in der Heimat der Tiere. Sie enthalten auch die Vegetation aus der jeweiligen Region. Das gibt den Tieren ein möglichst natürliches Umfeld. Und für die Gäste ist das Erlebnis umso einprägsamer.“

Direktor der Wilhelma Dr. Thomas Kölpin:
„Wer glaubt, in der Wilhelma schon alles gesehen zu haben, wird hier viele weitere Facetten der Tier- und Pflanzenwelt entdecken, die es lohnt, genauer zu beobachten.“

Anzutreffen sind zum Beispiel die Tamanduas, die mit ihren langen Krallen und einem Greifschwanz in den Bäumen klettern. Der Wegekuckuck, bekannt aus Comicfilmen als „Roadrunner“, erlegt seine Beute im Laufschritt und nimmt es selbst mit Schlangen und Vogelspinnen auf. Unterirdisch leben die unbehaarten Nacktmulle. Für die Wissenschaft sind sie zudem spannend, weil sie zum Beispiel ein extrem geringes Schmerzempfinden haben und nie an Krebs erkranken.

„Das zeigt, dass wir Menschen unglaublich viel von der Tier- und Pflanzenwelt lernen können, deren Fähigkeiten wir immer noch nicht ganz durchschauen“, betont Kölpin. „Umso wichtiger ist es, diese Artenvielfalt sichtbar zu machen, um mehr Unterstützung für ihren Schutz weltweit zu gewinnen.“

Im Neubau gibt es noch weitere Arten im Miniaturformat: etwa den Kleinkantschil, ein Zwerghirsch. Oder die Afrikanischen Zwergfalken, die kleinsten Falken der Welt. Für diese unterschiedlichen Tierarten haben die Gärtnerinnen und Gärtner das 620 Quadratmeter große Gebäude in zwei Zonen aufgeteilt: Die eine Hälfte ist als Regenwald bepflanzt, die andere als Savannenlandschaft. Die größte Besonderheit aus botanischer Sicht sind die Schaubeete für Insektivoren, die so genannten fleischfressenden Pflanzen. Bisher waren diese nur im Sommer auf den Subtropenterrassen zu sehen. Passend klimatisiert können sie nun erstmals das ganze Jahr über gezeigt werden.

Die verschiedensten Bedürfnisse an den Lebensraum unter einem Dach zu erfüllen, war für die Architekten eine Herausforderung. Es galt, eine Kombination aus Massivbauweise, und luftig-heller Gewächshaus-Konstruktion zu schaffen. Da sich die Innenluft an Scheiben stärker als an Wänden abkühlt, entsteht darin ein größeres Temperaturgefälle als in geschlossenen Häusern. Damit dadurch kein Luftzug entsteht, wirken dem Ventilatoren entgegen.

Die Gesamtkosten beliefen sich auf 3,2 Millionen Euro. Der Förderverein steuerte 200.000 Euro für die Gestaltung der Volieren bei. Die Gesellschaft für Fleischfressende Pflanzen im deutschsprachigen Raum brachte 10.000 Euro für die Insektivoren-Sammlung auf.

Sehen Sie hier einen Rundgang durch den Neubau:

Sehen Sie hier das Video zur Eröffnung:

Sehen Sie hier das Fotoalbum zum Neubau und der Eröffnung:

Sehen Sie hier Impressionen aus der Wilhelma Stuttgart:

Text: Gemeinsame Pressemeldung des Finanzministeriums Baden-Württemberg und Wilhelma Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart Foto: Speyer 24/7 News, jek & dak Video: Speyer 24/7 News, dak
13.04.2022

Wilhelma / Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart

Zwei Brillenbären aus Zoo Frankfurt in Wilhelma eingezogen

Große Klettermaxe füllen verwaiste Bärenanlage mit viel Leben

Nach der Quarantäne durften die Brillenbären, hier Cashu, auf die Außenanlage.
Foto: Wilhelma

Ruhig geworden war es auf der Bärenanlage der Wilhelma in Stuttgart. Schlagartig ist das jetzt anders: Zwei Neuankömmlinge aus dem Zoo Frankfurt haben die zuletzt während einer Renovierung verwaiste Landschaft in Besitz genommen. Im Moment beschnüffeln und beäugen die beiden Brillenbären jeden Zentimeter. Nach ihrer Ankunft Ende April mussten Cashu und ihre Tochter Suyana standardmäßig zunächst zur Quarantäne in den Innenställen bleiben und sich eingehenden Gesundheitschecks unterziehen.

Neugierig nahm Cashu die Außenanlage in Augenschein.
Foto: Wilhelma Stuttgart

Die Eingewöhnungsphase ist vorüber. Wandern und Klettern, Baden und Fischen sind jetzt angesagt. So viel Aktivität war auf dem Bärenhügel lange nicht mehr zu beobachten. Denn die bisherigen Bewohner waren die Erstbezieher von 1991, als die Anlage eröffnet wurde. Zuletzt hatten diese Senioren ihren Lebensabend sehr geruhsam verbracht haben. Neugierig und aktiv erkunden dagegen nun Cashu und Suyana jede Ecke und jeden Winkel der für die Brillenbären größer gewordenen Anlage.

Besonderes Interesse von Cashu fanden die Fische im Wasserbecken.
Foto: Wilhelma Stuttgart

„Es macht Spaß zu sehen, wie aktiv sie das Gelände nutzen“, sagt Wilhelma-Direktor Dr. Thomas Kölpin. „Das ist spannend für die Tiere und für die Besucher attraktiv.“ Bisher war die Gesamtanlage aus drei Gehegen aufgeteilt für Brillenbären und Syrische Braunbären. Nachdem der letzte Bewohner im November in hohem Alter gestorben war, hat die Wilhelma das ganze Terrain den Brillenbären zugeschlagen. „Weil sie im Bestand bedroht sind, möchten wir die Brillenbären stärker fördern“, erklärt Kölpin. „Im Zuge unserer Artenschutz-Maßnahmen unterstützen wir zudem ein Projekt zum Erhalt der Lebensräume in Südamerika.“ Braunbären gibt es im Verhältnis dazu noch recht zahlreich.

Das Brillenbär-Weibchen Cashu inspizierte auch eine riesige Hängematte.
Foto: Wilhelma Stuttgart

Bei Neulingen in der Wilhelma ist es anfangs ungewiss, wie sie ihr Domizil annehmen. Von den beiden Bärendamen zeigte die erfahrene 18-jährige Cashu gleich Forscherdrang und maß das Gelände Pfote um Pfote aus. Die dreijährige Tochter Suyana schaute dagegen zunächst lieber aus sicherer Warte im Durchgang zwischen Innen- und Außengehege zu, wie ihre Mutter als Pfadfinderin „Neuland“ betrat. Inzwischen folgt sie deren Beispiel, wenn auch nach dem Motto „lieber vorsichtig als vorwitzig“.

Cashu nahm ausgiebig die Witterung in alle Richtungen auf.
Foto: Wilhelma Stuttgart

Nach dem Tod des fast 31-jährigen Brillenbären Ambrose im November hatte der Zoologisch-Botanische Garten die Zeit ohne Tierbesatz genutzt, Leitungen zu erneuern, den Pflanzenbestand zu pflegen und viele  Extras für die künftigen Bewohnerinnen einzurichten. Denn während Braunbären sehr bodenständig leben, lieben Brillenbären es, zu klettern und in der Höhe zu schlafen. So entstanden verschiedene Kletterareale mit mehreren hohen Bäumen. Unterstände wurden gebaut, so dass die Bären aussuchen können, ob sie auf deren Dächern in der Sonne liegen möchten oder sich darunter im Schatten ausruhen. Stabile Hängematten laden die Tiere zu einem Nickerchen ein. Als Sonderkonstruktion ist ein „Rüttelbaum“ hinzugekommen: An einer flexiblen Stange hängt ein Korb mit Leckereien, wie Nüssen oder Früchten. Sie ist zu dünn zum Hochklettern. Die Bären müssen herausfinden, dass die Leckereien durch die Maschen des Korbs herabfallen, wenn sie daran rütteln. „Mich freut, dass die vielen Möglichkeiten bei Cashu und Suyana super ankommen“, sagt die Raubtier-Kuratorin Dr. Ulrike Rademacher. Wasser, Land und Höhe sind gleichermaßen beliebt. „Wir haben beobachtet, wie sie schon versuchen, Fische zu fangen, und in die Spitze des zehn Meter hohen Kletterbaums kraxeln“, berichtet Rademacher.

Das erfahrene Brillenbär-Weibchen Cashu erkundete gleich beim ersten Ausgang die Außenanlage und nutzte die Klettermöglichkeiten.
Foto: Wilhelma Stuttgart

In der Wilhelma sind sie neben anderen Klettertieren zu erleben: den Steinböcken aus den Alpen und einer Schneeziege aus den Rocky Mountains in Nordamerika. Bergbewohner sind also auf dieser Seite des Hangs unter sich. Der Brillenbär wird auch Andenbär genannt. Denn ursprünglich lebt dieses größte Raubtier Südamerikas in dem Gebirgszug von Venezuela bis Argentinien auf Höhen zwischen 200 und 4000 Metern Höhe. Er mag die Nebelwälder dort. Geschickt klettert er trotz seiner behäbigen Gestalt die Stämme hinauf zu den Bromelien, die auf Astgabeln siedeln. Der Allesfresser bevorzugt Triebe und Früchte solcher Aufsitzer-Pflanzen. Aber auch Nüsse und Samen, Insekten und Kleintiere sowie Eier und Aas füllen seinen Magen.

Das junge Brillenbär-Weibchen Suyana war zunächst zögerlich, als das erste Mal das Tor zur Außenanlage aufging. Vom Durchgang zum Innenstall beobachtete sie, wie ihre Mutter Cashu das Gelände erkundete.
Foto: Wilhelma Stuttgart

In der Natur geht der Bestand der Brillenbären beständig zurück. Ihr Lebensraum zerfällt in immer kleinere Parzellen, weil besonders der Landbedarf für die Rinderhaltung zu immer weiteren Waldrodungen führt. Deshalb fördert die Wilhelma seit 2020 eine Artenschutz-Organisation in Ecuador, um dort das Habitat der Brillenbären zu erhalten. Mit Geldern aus ihrem Artenschutz-Budget und Spenden der Besucherinnen und Besucher konnte die Wilhelma der Naturschutzorganisation „Jocotoco“ bereits dreimal dabei helfen, die Schutzgebiete „Tapichalaca“ und „Narupa“ durch den Ankauf von Land um insgesamt mehr als 320 Hektar zu erweitern. In beiden Reservaten werden regelmäßig Brillenbären beobachtet, die dort auch Nachwuchs bekommen.

Wilhelma, Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart
20.05.2021

Wilhelma, Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart

Kein Aprilscherz: Wilhelma hält jetzt Border-Leicester-Schafe

Ohren gespitzt: Wunderliche Neuzugänge auf Schaubauernhof

Die neu in die Wilhelma aufgenommenen Border-Leicester-Schafe haben durch ihre markanten weißen Gesichter und die Stehohren ein unverwechselbares Aussehen. Ihr Kopf erinnert allerdings viele an Osterhasen.
Foto: Wilhelma Stuttgart

Zu Ostern ist die Wilhelma immer für etwas Neues gut. Die ersten Lämmchen stellen sich bei den Kamerunschafen ein. Weitere Jungtiere werden bald folgen. Daneben wartet der Schaubauernhof des Zoologisch-Botanischen Gartens in Stuttgart aber auch mit einer neuen Attraktion auf: Wie ein leibhaftiger Aprilscherz zeigen sich im ehemaligen Gehege der Trampeltiere die während des winterlichen Lockdowns dort eingezogenen Neuzugänge. Als wären Osterlamm und Osterhase eine denkwürdige Liaison eingegangen, schaut aus dem wolligen Schafsfell ein markantes weißes Gesicht hervor, von dem lange Ohren wie Hasenlöffel senkrecht nach oben stehen.

Die neu in die Wilhelma in Stuttgart aufgenommenen Border-Leicester-Schafe haben durch ihre markanten weißen Gesichter und die Stehohren ein unverwechselbares Aussehen. Ihr Kopf erinnert allerdings viele an Osterhasen.

Ihre Lauscher stellen die sogenannten Border-Leicester-Schafe schon seit dem 18. Jahrhundert auf. Die Rasse wurde in der englischen Grafschaft Northumberland an der Grenze (englisch: border) zu Schottland erzüchtet und 1767 anerkannt. Sie war aus Kreuzungen mit Schafen aus Leicestershire entstanden. Ziel war es, ein fleischbetontes Schaf zu züchten, dessen Wolle zugleich noch gut zu verarbeiten war. Das Haustier mit doppeltem Nutzen wurde jedoch nicht in großer Zahl gehalten, sondern diente in erster Linie dazu, durch Einkreuzen die damals auf der britischen Insel verbreiteten Herden von einfachen Landschafen ertragreicher zu machen. Zu diesem Zweck wurde die Rasse auch exportiert. Deshalb gibt es sie mittlerweile in rund 60 Ländern, aber nirgendwo ist sie häufig zu finden. Zu den prominentesten Züchtern der Anfangszeit gehörte George Washington. Von 1789 bis 1797 erster Präsident der gerade gegründeten Vereinigten Staaten von Amerika, legte er sich für seinen Landsitz Mount Vernon südlich der Hauptstadt eine kleine, aber damals viel bewunderte Border-Leicester-Herde zu.

Die neu in die Wilhelma in Stuttgart aufgenommenen Border-Leicester-Schafe haben durch ihre markanten weißen Gesichter und die Stehohren ein unverwechselbares Aussehen. Ihr Kopf erinnert allerdings viele an Osterhasen.

Mit bis zu 150 Kilo bei den Böcken gehört die Border-Leicester-Rasse zu den größten Kalibern unter den Schafen. Auch ihr welliges und glänzendes Haar macht sie beliebt. Das skurrile Aussehen durch die originellen Stehohren und die Ramsnase mit der nach außen gewölbten Stirn-Nasen-Partie stellte dagegen nur einen zufälligen Effekt dar. Bei der Nutztierzucht fand dieser anfangs kaum Beachtung. Erst in der modernen Hobbyzucht haben Liebhaber dieses Merkmal stärker betont. Die vier Tiere der Wilhelma kamen alle 2020 bei einem deutschen Züchter auf die Welt. Untergebracht ist das Quartett aus einem Bock und drei Weibchen auf dem ehemaligen Kamel-Gehege vor dem Bauernhof. Die Trampeltiere sind vergangenen Sommer von dort auf die neue Anlage für Asiatische Huftiere umgezogen, wo sie jetzt zusammen mit Yaks zu sehen sind.

Wilhelma, Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart
03.04.2021

Stuttgart übersteigt Corona-Inzidenzwert von 100

Die Wilhelma muss wieder schließen

Der Eingang der Wilhelma wird vorerst geschlossen bleiben.
Foto: Wilhelma Stuttgart

Diese Nachricht kommt nicht ganz überraschend: Die Wilhelma musste ihre Tore zum Mittwoch, 31. März, wieder schließen. Grund hierfür sind die stetig steigenden Corona-Zahlen in der Landeshauptstadt Stuttgart. Am 24. März überschritt der Inzidenzwert die kritische Schwelle von 100. Bleibt dieser Wert für insgesamt drei aufeinanderfolgende Tage auf diesem hohen Niveau, greifen laut Corona-Verordnung des Landes Baden-Württemberg wieder die Regeln, die bis Anfang März galten. Damit muss auf Anordnung der Stadt Stuttgart auch der Zoologisch-Botanische Garten Stuttgart ab Mittwoch, 31. März, wieder schließen. Alle, die bereits Karten für diesen Tag online gekauft hatten, erhalten den Kaufpreis automatisch erstattet. Bei aktuellen Jahreskarten verlängert sich deren Gültigkeit automatisch um die Dauer der Komplettschließung.

„Immerhin konnten in den letzten Wochen rund 50.000 Menschen unseren Park besuchen“, freut sich Dr. Thomas Kölpin, Direktor der Wilhelma. „Trotzdem schmerzt dieser Schritt mit den bevorstehenden Osterfeiertagen sehr. Denn jetzt beginnt die schönste Jahreszeit: Die Magnolien stehen kurz vor dem Aufblühen und bei vielen Tieren machen sich Frühlingsgefühle breit.“ Über all die Attraktionen, die hinter verschlossenen Türen stattfinden, berichtet die Wilhelma aber ab sofort auch auf Instagram unter wilhelma_stuttgart.

„Nun bleibt nur zu hoffen, dass die Zahlen in Stuttgart rasch wieder sinken“, betont Kölpin. „ Denn wenn die Inzidenz an fünf aufeinanderfolgenden Tagen stabil unter 100 bleibt, dürfen wir aller Voraussicht nach wieder öffnen.“ Dies kann nur erreicht werden, wenn alle mithelfen, die Verbreitung des Corona-Virus zu verhindern.

Die Wilhelma auf Instagram: wilhelma_stuttgart (www.instagram.com/wilhelma_stuttgart).

Wilhelma, Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart
03.04.2021

Emus sind bei Roten Riesenkängurus eingezogen

Sprinter und Springer teilen sich jetzt das Australien-Gehege

Von den Emus leben jetzt Hahn (links) und Henne in der Wilhelma.
Foto: Wilhelma Stuttgart

Verdutzte Blicke auf allen Seiten: Auf der Känguru-Anlage der Wilhelma sind seit kurzem erstmals auch zwei Emus zu Hause. Zwar sind in diesem Gehege Australier unter sich. Doch hatten die Roten Riesenkängurus des Zoologisch-Botanischen Gartens in Stuttgart in ihrem Leben zuvor noch keine Emus gesehen. Deshalb halten sich die sprunghaften Beuteltiere bisher noch sehr im Hintergrund. Derweil haben sich die beiden Vogelarten in dieser Wohngemeinschaft schon arrangiert. „Die großen Emus und die viel kleineren, aber streitbaren Hühnergänse haben begriffen, dass es durchaus unangenehm werden kann, sich mit dem anderen anzulegen“, berichtet der Kurator Dr. Günther Schleussner.

Von den Emus leben jetzt Hahn (links) und Henne in der Wilhelma.
Foto: Wilhelma Stuttgart

Emus haben eine imposante Statur: Von einer Körperhöhe von 1,00 bis 1,30 Meter ragen ihre Köpfe an den langen Hälsen bis knapp zwei Meter hoch. Bei den 30 bis 45 Kilo schweren Laufvögeln sind die Weibchen meist etwas größer, schwerer und dunkler gefärbt als die Männchen. Der Emu ist von Natur aus flugunfähig, kann aber sehr schnell rennen. Für einen Zweibeiner erreicht er das bemerkenswerte Tempo von 50 Kilometer pro Stunde. Zum Vergleich: Der schnellste Mensch, Usain Bolt, kam bei seinem Weltrekord über 100 Meter in der Spitze „nur“ auf eine Geschwindigkeit von 44,72 Kilometern pro Stunde. Der Emu schafft dies mit einer sehr kräftigen Beckenmuskulatur. Deren Anteil an seiner gesamten Muskelmasse ist etwa so groß wie bei flugfähigen Vögeln die Flugmuskulatur.

Neugierig beäugen die Emus ihre Zaungäste, die seit der Wiedereröffnung der Wilhelma an ihr Gehege kommen.
Foto: Wilhelma Stuttgart

Schneller läuft nur der noch größere Strauß, der auf Tempo 70 kommen kann. Die großen Laufvögel sind übrigens nicht näher miteinander verwandt. Der Emu in Australien, der Strauß in Afrika und der Nandu in Südamerika haben getrennt voneinander einen ähnlichen Körperbau entwickelt. Vom Emu, der mit den Kasuaren verwandt ist, gab es drei Unterarten. Von ihnen sind zwei nach der Ankunft der europäischen Siedler auf dem Fünften Kontinent ausgestorben. Der Emu lebt in fast ganz Australien und kommt mit landwirtschaftlichen Strukturen so gut klar, dass es heute vermutlich mehr dieser Vögel gibt als vor der Besiedlung durch die Europäer.  Auf der Insel Tasmanien wurde die dort vorkommende Unterart jedoch im 19. Jahrhundert ausgerottet.

Neugierig beäugen die Emus ihre Zaungäste, die seit der Wiedereröffnung der Wilhelma an ihr Gehege kommen.
Foto: Wilhelma Stuttgart

Seit wenigen Tagen schauen die beiden 2018 geschlüpften Emus mit ihren großen Augen wieder verwundert. Für sie bedeutet die Wiedereröffnung der Wilhelma, dass erstmals Gäste vor ihrem Gehege stehen. Der Hahn und die Henne kommen neugierig bis an den Zaun. Der ist vorerst auf Brusthöhe blickdicht verhängt, damit die Emus leichter ihre Grenzen kennen lernen. Die Besucherinnen und Besucher können sie gut beobachten, sollten aber ihre Finger und jede Nahrung bei sich behalten, um nicht Bekanntschaft mit den Schnäbeln zu machen. Während ältere Emus weitgehend Vegetarier sind und vor allem Gräser, Kräuter, Samen sowie Früchte fressen, stärken sich jüngere Emus zusätzlich auch mit Raupen, Insekten und kleinen Wirbeltieren.

Neugierig beäugen die Emus ihre Zaungäste, die seit der Wiedereröffnung der Wilhelma an ihr Gehege kommen.
Foto: Wilhelma Stuttgart

Wilhelma, Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart
03.04.2021

Wilhelma – Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart

Auswertung der Treffer in Online-Fotoportal / Wilhelma hat jetzt eigenen Auftritt gestartet

Die Königin der Herzen unter den deutschen Zoos bei Instagram

Die Kamelien entfalten ihre Pracht dieses Jahr ohne Publikum.
Foto: Wilhelma Stuttgart

Die Wilhelma in Stuttgart ist als Fotomotiv mit Abstand der beliebteste Zoo in Deutschland. Das hat das Internet-Portal für Kurzreisen kurz-mal-weg.de anhand der auf Instagram gezeigten Aufnahmen jetzt ermittelt. Dafür hat die Agentur erhoben, wie viele Bilder aus den Zoos auf der aktuell populärsten Social Media-Plattform eingestellt wurden und über ein entsprechendes Schlagwort zu finden sind. Bei Instagram ist die Wilhelma demnach die absolute Nummer Eins – und das nicht einmal knapp. Mit 92.594 Einträgen verweist sie die anderen Publikumslieblinge auf die Plätze: Der Zoo Leipzig kommt auf 80.782 Treffer, der Zoologische Garten Berlin auf 78.259. Zu den großen Vier zählt noch der Tierpark Hagenbeck in Hamburg mit 76.323. Danach fällt die Zahl der Nennungen rapide ab. Spannender Fakt dabei: Die Wilhelma hat ihren eigenen Instagram-Auftritt erst in der vergangenen Woche unter wilhelma_stuttgart gestartet. Eigene Veröffentlichungen des Zoologisch-Botanischen Gartens haben den Wert im Ranking also nicht angehoben.

Den Zwillingsnachwuchs der Zwergseidenäffchen können die Gäste wegen der coronabedingten Häuserschließung vorerst nur im Internet sehen.
Foto: Wilhelma Stuttgart

„Als Maß der Beliebtheit ist dieser Spitzenrang für uns ein großartiges Lob“, sagt der Wilhelma-Direktor Dr. Thomas Kölpin. „Die Wilhelma hat natürlich den Vorteil, dass sie als einzige Einrichtung zugleich Zoo und Botanischer Garten ist und das in einer historischen Anlage. Das macht sie äußerst fotogen.“ Daher biete der Park viele Gelegenheiten, außer der Tierwelt auch exotische Botanik und außergewöhnliche Architektur abzulichten. Kaum ein Gast geht ohne eine Fotoserie als Souvenir nach Hause: Viele Besucherinnen und Besucher zücken ihr Handy für Schnappschüsse, manche Amateurfotografen gehen mit professioneller Kamera-Ausrüstung auf Fotosafari und verharren teilweise stundenlang vor einem Gehege, um den besten Augenblick festzuhalten.

Die Knospen der Magnolien im Maurischen Garten beginnen, sich zu öffnen.
Foto: Wilhelma Stuttgart

„Die Menschen halten so ihre schönen Erinnerungen an den Besuch fest und teilen sie gerne mit Freunden“, sagt Kölpin. „In Corona-Zeiten lassen sich die Erlebnisse leider nicht in gleicher Form vor Ort auffrischen. Die Zahl der Gäste ist begrenzt und die Häuser müssen geschlossen bleiben. Deshalb haben wir zum Beginn unserer Hauptsaison einen eigenen Instagram-Auftritt gestartet, um unsere Freundinnen und Freunde auf dem Laufenden zu halten.“ Fotos, Videos und Kurzinfos aus dem Alltag zeigen dort in loser Folge, was sich in der Wilhelma tut, und geben gelegentlich auch Einblicke in aus Infektionsschutz-Gründen derzeit geschlossene Bereiche. So gibt es zum Beispiel Impressionen von der Kamelienblüte, die im Wechselschauhaus dieses Jahr ohne Publikum verstreichen muss. Zu sehen sind erste Aufnahmen von Jungtieren oder Neuzugängen, die während der Komplettschließung hinzukamen. Und wer sich für die bevorstehende Magnolienblüte interessiert, kann sich über die Entwicklung der Knospen informieren.

Die Knospen der Magnolien im Maurischen Garten beginnen, sich zu öffnen.
Foto: Wilhelma Stuttgart

Zu finden ist der offizielle Auftritt der Wilhelma unter: www.instagram.com/wilhelma_stuttgart.

Ranking der deutschen Zoos bei Instagram:

RangNameInstagram-Einträge
1Wilhelma – Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart92.594
2Zoo Leipzig80.782
3Zoologischer Garten Berlin78.259
4Tierpark Hagenbeck in Hamburg76.323
5Kölner Zoo52.477
6Tierpark Berlin42.460
7Münchner Tierpark Hellabrunn27.203
8Tiergarten Nürnberg22.082
9Zoo Osnabrück13.372
10Zoologischer Stadtgarten Karlsruhe9.820

Quelle: kurz-mal-weg.de, 19.3.2021

Link: https://www.kurz-mal-weg.de/reisemagazin/reiseziele/beliebte-zoos-in-deutschland

Wilhelma, Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart
24.03.2021

Wilhelma – Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart

Start am Mittwoch zu vergünstigtem Sondertarif mit Online-­Tickets und Maskenpflicht

Wilhelma öffnet wieder mit bewährten Schutzmaßnahmen

Die erst im Februar aus dem Zoo Salzburg eingezogene Gepardin Niara hält nach ihren allerersten Gästen in Stuttgart Ausschau. 
Foto: Wilhelma Stuttgart

Wenige Tage nach dem eigentlichen Start in die Hauptsaison darf die Wilhelma ihre Tore wieder öffnen. Am Mittwoch, 10. März, soll es losgehen. Die Lockerungen der Corona-Maßnahmen in Baden-Württemberg gestatten, dass der Zoologisch-Botanische Garten in Stuttgart Besucherinnen und Besucher einlässt, solange die Inzidenz in Stuttgart unter 100 bleibt. Liegt die Zahl der Neuinfektionen pro sieben Tage wie aktuell über 50 sind eine Begrenzung der Gäste pro Tag und eine vorige Terminbuchung für den Zugang vorgeschrieben. Anfangs können nur 4000 Personen eingelassen werden. Auf dem ganzen Gelände gilt eine Maskenpflicht. Hierfür müssen entweder Masken nach medizinischem Standard oder der FFP2-Norm getragen werden.

Wie es scheint, putzt sich der Löwe heraus für seinen Besuch.
Foto: Wilhelma Stuttgart

„Es ist eine gute Nachricht, dass wir wieder Publikum empfangen dürfen“, sagt Direktor Dr. Thomas Kölpin. „Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – und auch einige der Tierarten – haben die Gäste vermisst. Dass wir nun im März zu einem Zeitpunkt wieder öffnen dürfen, zu dem wir 2020 das erste Mal schließen mussten, ist allerdings eine besondere Verantwortung, der wir gerecht werden müssen. Wir greifen deshalb auf die Maßnahmen zurück, die sich vor einem Jahr bewährt haben.“ Das heißt, zunächst wird nur das Außengelände freigegeben, alle Tier- und Pflanzenhäuser bleiben geschlossen. Anders als beim Neustart 2020 sind jedoch die Freiflugvoliere und das Streichelgehege am Schaubauernhof zugänglich. Zusatzangebote, die viele Menschen an einem Ort dicht zusammenbringen, wie Führungen und kommentierte Fütterungen, müssen wegen des Infektionsschutzes weiterhin unterbleiben. „Der Besuch lohnt sich trotzdem, weil bei gutem Wetter viele der Tiere draußen zu erleben sind, und dass die Ende März bevorstehende Magnolienblüte diesmal nicht unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden muss, ist großartig“, sagt Kölpin. „Wegen der Einschränkungen gewähren wir den Eintritt aber zum Sondertarif.“ Erwachsene zahlen den ganzen Tag über nur den Abendtarif von 15 Euro, inklusive eines „Artenschutz-Euros“ für Schutzprojekte, die die Wilhelma in aller Welt unterstützt. Kinderkarten gibt es zu 5,50 Euro. Kinder unter sechs Jahren haben freien Eintritt.

Kurz vor der Wiedereröffnung liegt der Maurische Garten noch still dar. Gegen Ende März wird hier die große Magnolienblüte erwartet.
Foto: Wilhelma Stuttgart

Nur der Haupteingang wird geöffnet. Die Kassen müssen geschlossen bleiben. Eintrittskarten können daher wie im Vorjahr nur online unter www.wilhelma.de/tickets erworben werden. Dabei muss der Tag des Besuchs und das Zeitfenster, in dem man den Park betreten will, ausgewählt werden. Das Ende ist nur durch die Parkschließung vorgegeben: im März ist das um 18.30 Uhr. Eine solche Terminbuchung ist auch für alle mit Dauerkarte erforderlich, egal ob Jahreskarte oder Mitgliedskarte des Fördervereins. Für sie ist diese Buchung kostenlos. Die Gültigkeit der Jahreskarten verlängert sich automatisch um die während der Schließung verpassten Tage. Wer eine neue Jahreskarte online kauft, erhält einen Gutschein, mit dessen Ausdruck die Wilhelma bereits besucht werden kann. Die Umwandlung in eine Plastikkarte erfolgt erst, wenn auch die Kassen wieder öffnen dürfen. Der Vorverkauf von Tageskarten, der sofort beginnt, beschränkt sich anfangs auf einen Zeitraum von zwei Wochen. „Wir müssen abwarten, wie sich die Lockerungen in den verschiedenen Bereichen der Gesellschaft angesichts der Mutationen auswirken“, erklärt der Direktor. „Wenn alles gut geht, schalten wir jeweils die Folgewochen frei.“

Der Mammutwald zeigt Anfang März ein Bild der Idylle.
Foto: Wilhelma Stuttgart

Wilhelma – Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart
09.03.2021

Wilhelma – Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart

Geburt während der Corona-Schließung

Nachwuchs der Zweifingerfaultiere erkundet Amazonienhaus

Die ersten Wochen verbringt das kleine Faultier auf dem Bauch seiner Mutter Edeka. Vater Flash beteiligt sich nicht an der Aufzucht.
Foto: Wilhelma Stuttgart

Ungerührt von der Corona-Schließung der Wilhelma gehen die Faultiere im Zoologisch-Botanischen Garten in Stuttgart ihrem gemächlichen Leben nach. Ihre ganze Aufmerksamkeit gilt dem jüngsten Nachwuchs. Zum Jahresende waren Mutter Edeka und Vater Flash Eltern ihres zweiten Nachkommens geworden, der neuerdings immer vorwitziger aus dem langen Fell der Mutter hervorlugt. Das Kleine interessiert sich inzwischen auch für feste Kost und lässt sich von dem Trubel im Gehege um ihn herum nicht aus der Ruhe bringen. In dem kleinen Reich geht es nämlich nicht weniger quirlig zu als sonst – auch wenn derzeit keine Gäste dabei zuschauen. Die Familie der Zweifingerfaultiere teilt sich das Gehege im Amazonienhaus mit anderen südamerikanischen Tieren: Goldkopflöwenäffchen, Weißkopfsakis und Waldschildkröten.

In der Natur sind die Zweifingerfaultiere im Norden Südamerikas und in Mittelamerika beheimatet, wo sie die Baumkronen der Regenwälder selten verlassen. Pro Tag bewegen sie sich nur wenige hundert Meter, indem sie sich betont langsam von Ast zu Ast hangeln. Meist hängen sie kopfüber herab und schlafen bis zu 15 Stunden täglich. Raubtiere oder Greifvögel können sie so im dichten Laub schwer entdecken. Auch die Verdauung der Faultiere arbeitet im Zeitlupentempo: Nur einmal die Woche klettern sie vom Baum, um sich zu erleichtern. Denn sie ernähren sich vor allem von Laub und Knospen. Um aus der energiearmen Kost genug Nährstoffe zu ziehen, verwertet der Körper das Futter durch eine hohe Fermentation langsam und gründlich.

In der Wilhelma besteht der Faultier-Speiseplan hingegen vor allem aus Gemüse, wie Möhren oder Sellerie. Auch das Jungtier, das mit der Geburt ein vollständiges Gebiss hat, untersucht bereits neugierig den Inhalt der Futterschüsseln. „Schon in der ersten Woche hat es an den gekochten Kartoffeln geschnuppert, die unsere Faultiere besonders mögen“, berichtet Tierpflegerin Kerstin Beigang. „Bis es richtig mitisst, wird es aber ein wenig dauern.“ Denn im Moment bleibt die Muttermilch die Hauptnahrung für das kleine Faultier. Und ab und an probiert es vorsichtig von dem Salat, den Edeka vertilgt. So lernt es, welche Nahrung genießbar ist, und wird Schritt für Schritt auf ein selbstständiges Leben vorbereitet.

Auch das Klettern muss es erst noch meistern. Im Alter von etwa acht Wochen verlässt ein junges Faultier zum ersten Mal den Logenplatz auf dem Bauch der kopfüber hängenden Mutter und versucht, sich an Ästen entlang zu hangeln. „Wir müssen dann ein wenig darauf achten, dass Edeka ihren Nachwuchs nicht verliert“, erzählt Beigang. „Bei ihrem ersten Jungtier Espa war sie unerfahren und hat es anfangs manchmal bei ihren Ausflügen allein hängen lassen. Erst auf dem Rückweg hat sie es wieder eingesammelt.“ Bis zu zehn Monate genießt der Nachwuchs den Schutz der Mutter und kehrt immer wieder zu seinem Platz auf ihrem Bauch zurück. Wenn er selbstständig wird, geht er eigene Wege. So konnte die Wilhelma Espa im Juli mit 15 Monaten an den Zoo Rostock abgeben. Während Edeka sich fürsorglich zeigt, kümmert sich Vater Flash naturgemäß wenig um den Sprössling. Da Zweifinger-Faultiere Einzelgänger sind und vorwiegend zur Paarung zusammenfinden, beteiligt er sich nicht an der Aufzucht. Das Geschlecht des Jungtiers ist mit bloßem Auge nicht festzustellen. Erst wenn die Gen-Analyse einer Haarprobe Klarheit schafft, erhält es einen Namen.

Der Nachwuchs wird zwar noch einige Zeit lang gesäugt, versucht sich aber gelegentlich schon an einem Salatblatt.
Foto: Wilhelma Stuttgart

Wilhelma – Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart
28.01.2021

Wilhelma – Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart

Rückblick 2020 und Ausblick 2021

Wilhelma startet mit Glücksferkeln und Hoffnung ins neue Jahr

Mit einer Blüte der Sorte „Nuccio‘s Pearl“, hier in ihrer Kameliensammlung zu sehen, hat die Wilhelma 2020 den Siegerpokal der 17. Deutschen Kamelienschau in Pirna gewonnen.
Foto: Wilhelma Stuttgart

Das Corona-Jahr hat auch bei der Wilhelma ins Kontor geschlagen. Doch zerfällt die Bilanz des ZoologischBotanischen Gartens in Stuttgart für 2020 in zwei Gegensätze. Während sich die Zahl der Gäste aufgrund der Infektionsschutz-Maßnahmen glatt halbiert hat und die bisher weitgehende Eigenfinanzierung unmöglich machte, konnte die Wilhelma ihre inhaltliche Arbeit in Zoologie, Botanik, Parkpflege und Artenschutz fortsetzen und dabei einige Erfolge aufweisen. Statt jeweils rund 1,67 Millionen Besucherinnen und Besuchern in den beiden Vorjahren passierten 2020 exakt 805.001 Gäste die Tore. Der Bau moderner Gehege, seltene Geburten, neue Tierarten, umgestaltete Spielplätze, verstärkte Kooperationen und hoher Besuch waren die Höhepunkte im abgelaufenen Jahr. Für 2021 stehen bedeutende Neu- und Umbauten sowie die Vorbereitung der Gepardenzucht auf dem Programm. Zudem sollen neue Bären einziehen. Wann der Park nach der aktuellen Corona-Schließung wieder öffnen darf, steht noch nicht fest. Derzeit gilt die Schließung bis mindestens Ende Januar.

Im Frühling und Winter zusammen musste die Wilhelma 2020 ein Drittel des Jahres vorsorglich komplett schließen, und im Sommerhalbjahr herrschte durchgehend ein Besucherlimit. „Bei 800.000 Gästen sehe ich daher das Glas eher als halbvoll an“, sagt Wilhelma-Direktor Dr. Thomas Kölpin. „Gerne hätten wir mehr Menschen den Park zugänglich gemacht. Aber wenn durch die Beschränkungen mehr gesund geblieben sind, war das ein notwendiger Kompromiss. Zum Glück gab es kaum Ansteckungsfälle in unserer Belegschaft und wir haben keine Tiere durch COVID-19 verloren.“ Erleichtert habe es die Arbeit, dass die Wilhelma als Landesbetrieb das Land im Rücken habe, das Verluste ausgleichen könne. „Wir mussten den Betrieb ohne einen Tag Pause aufrechterhalten, um unsere exotischen Tiere und Pflanzen über die Runden zu bringen“, betont der Direktor. „Darauf, dass die Kolleginnen und Kollegen dies zur Einhaltung der Mindestabstände in kleineren Teams und Wechseldiensten so gut bewerkstelligt haben, können sie stolz sein. Ich bin ihnen sehr dankbar für den tollen zusätzlichen Einsatz über all die Monate.“

Der kleine Okapi-Bulle Laluk wurde am 7. April 2020 geboren.
Foto: Wilhelma Stuttgart

Zu den Besonderheiten gehörten 2020 die Geburten bei extrem seltenen Tierarten: Wertvolle Kälber kamen bei den Okapis, den Bongos und den Säbelantilopen zu Welt. Unter den Menschenaffen hatten die Bonobos Nachwuchs. Als Neuzugänge sind jetzt erstmals in der Geschichte der Wilhelma Yaks und Kirk-Dikdiks zu sehen. Die Grunzochsen leben auf der neuen Anlage für Asiatische Huftiere. In diesen im Juli eröffneten Gehegen leben außerdem Trampeltiere und Mesopotamische Damhirsche. Die Dikdiks gehören zu den kleinsten Antilopen der Welt und teilen sich ihr Domizil mit den großen Bongo-Antilopen, was für die Betrachter einen enormen Kontrast ergibt. Zu den Verbesserungen des vergangenen Jahres zählten auch die Erneuerung und Umgestaltung vieler Spielplätze, allen voran des Hauptspielplatzes vor dem Amazonienhaus. Auf seinen 1000 Quadratmetern hat er ein Dschungelflair erhalten und ist im Mai freigegeben worden.

Das nationale und sogar internationale Renommee der Wilhelma stärkten zusätzlich die Fachbereiche der Botanik und der Parkpflege. Im Frühjahr gewannen ihre Zierpflanzen-Gärtnerinnen und -Gärtner bei der Deutschen Kamelienblütenschau im sächsischen Pirna mit einem prachtvollen Exemplar der Sorte „Nuccio’s Pearl“ unter rund 1000 Mitbewerbern den Preis für die schönste Blüte Deutschlands. Mit ihrer im Aufbau befindlichen „Erhaltungssammlung für Kaffee-Varietäten“ war die Wilhelma auf der Fachmesse für Gastronomie INTERGASTRA ein begehrter Anlaufpunkt für Kaffeeplantagen-Besitzer und Kaffeeröster aus der ganzen Welt. Neuland hat der Zoologisch-Botanische Garten mit der Kooperation mit dem Inselstaat Palau betreten. Durch die systematische Erfassung und Nachzucht von nur dort vorkommenden Pflanzen soll der von den Effekten der Klimaerwärmung bedrohten Südsee-Flora in Stuttgart das Überleben gesichert werden.

Seit Juli 2020 leben in der Wilhelma erstmals zwei Kirk-Dikdiks.
Foto: Wilhelma Stuttgart

Die Erhaltung der heimischen Vielfalt stand im Mittelpunkt der Visite von Österreichs Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka, der im Juli bei einem viertägigen Staatsbesuch in Baden-Württemberg in der Wilhelma Station machte. Das Thema liegt dem Mitbegründer der Umweltbewegung „Natur im Garten“ besonders am Herzen. Sie hat sich der Förderung naturnaher Gärten verschrieben hat, damit der Artenreichtum auch in den vom Menschen geschaffenen Refugien bewahrt bleibt. „Gerade in Zeiten des Klimawandels und Artensterbens ist es wichtig, botanische Raritäten zu bewahren und die Vielfalt der Natur, wie hier in der Wilhelma, den Menschen zugänglich zu machen“, zeigte sich Sobotka beeindruckt.

Eine Auszeichnung im Rahmen der UN-Dekade zur Biologischen Vielfalt erhielt der Fachbereich Parkpflege der Wilhelma zusammen mit dem BUND-Kreisverband Stuttgart für den gemeinsamen Schmetterlingsschutz. Durch naturnahe Wiesenpflege schaffen die Kooperationspartner seit zehn Jahren in der Landeshauptstadt insektenfreundliche Grünflächen und kartieren die dort wachsende Artenvielfalt unter den Faltern.

Der Hauptspielplatz wurde 2020 fast komplett neu ausgerüstet und erhielt zudem eine Wasserspielfläche.
Foto: Wilhelma Stuttgart

Trotz der Herausforderungen im eigenen Betrieb konnte die Wilhelma im „Katastrophenjahr“ auch Regionen in größter Not aushelfen. Die Buschbrände in Australien und Waldbrände im brasilianischen Pantanal hatten 2020 nie dagewesene Ausmaße angenommen. Mit umgerechnet 80.000 beziehungsweise 25.000 Dollar aus ihrem Artenschutz-Budget und Spenden ihrer Gäste unterstützte die Wilhelma die Soforthilfe vor Ort. Die Gelder dienten der Rettung und Notversorgung von Tieren mit Brandverletzungen und der Beschaffung von Ausrüstung für Feuerwehrleute und Veterinäre.

Einen unverhofft schönen Abschluss fand das schwierige Jahr mit der Geburt von „Glücksschweinchen“ bei den Schwäbisch-Hällischen Landschweinen auf dem Schaubauernhof. Rechtzeitig zum Jahreswechsel brachte Hedda am zweiten Weihnachtstag überraschend sechs Ferkel der seltenen heimischen Rasse zur Welt. Die Zuchtsauen Hedda und Arielle hatten lange nicht mehr geworfen. Alle Versuche, sie und Eber Porsche zu verpaaren, waren fehlgeschlagen. Bei einer üblichen Tragzeit von drei Monaten, drei Wochen und drei Tagen könnten sie dreimal im Jahr werfen. Doch seit 2018 war Stille im Stall. „Wir hatten unsere Anstrengungen schon eingestellt und nicht mehr damit gerechnet“, sagt Revierleiter Stephan Paspalaris. „Weil bei Schweinen Ultraschalluntersuchungen oft keine eindeutigen Ergebnisse liefern, waren wir jetzt völlig überrascht.“

Sechs Ferkel sind zum Jahreswechsel bei den Schwäbisch-Hällischen Landschweinen überraschend auf die Welt gekommen (eines der Ferkel ist auf dem Bild verdeckt).
Foto: Wilhelma Stuttgart

Direktor Kölpin freut sich über den lebhaften Zuwachs: „Den Symbolcharakter der Glücksferkel nehme ich gern als gutes Omen auf, schließlich wir können im neuen Jahr positive Nachrichten gebrauchen“, sagt er. Denn die Wilhelma hat 2021 eine Menge vor. Als Erstes wird bereits Ende Januar auf der umgebauten ehemaligen Eisbärenanlage die Ankunft einer Gepardin aus dem Zoo Salzburg erwartet. Mit ihr und den beiden Wilhelma-Katern Zawadi und Haraka soll die Zucht der bedrohten Raubkatzen beginnen. Nachdem Brillenbär Ambrose im November altersschwach gestorben ist, sollen ebenfalls im Frühjahr neue Artgenossen einziehen. Große Vorfreude herrscht auf die Fertigstellung des KVI: Das Kürzel steht als Arbeitstitel für ein neues, sehr vielfältiges Haus, in dem viele kleine Säugetiere, Vögel und Insektivoren (also Fleischfressende Pflanzen) zu sehen sein werden. Das Gebäude hinter dem Wintergarten soll im Sommer öffnen.

Yaks und Trampeltiere teilen sich einen Bereich der 2020 eröffneten Asiatischen Huftieranlage in der Wilhelma in Stuttgart.
Foto: Wilhelma Stuttgart

Zu den Bauvorhaben gehört auch Phase zwei der neuen Asienanlagen im oberen Parkbereich. Gegenüber der Huftieranlage soll im Laufe des Jahres ein asiatischer Bauernhof entstehen. Und ganz ambitioniert sei schon ein Blick auf das Ende des gerade begonnenen Jahres erlaubt: Das Großprojekt Terra Australis steht in den Startlöchern. Das frühere Menschenaffenhaus ist dafür bereits entkernt. Sobald die Baugenehmigung vorliegt, geht es an den Innenausbau, damit bei gutem Baufortschritt Ende 2021/Anfang 2022 charismatische Botschafter vom Fünften Kontinent einziehen können: wie Koala, Baumkänguru und Quoll.

Wilhelma Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart
17.01.2021

Wilhelma – Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart

Ausblick auf Dezember / Foto-Rückblick auf November

Wie geht es mit der Wilhelma im Dezember weiter?

Herbstleuchten im Wintergarten durch das gelbe Laub des Ginkgo-Baums vor dem Gewächshaus.
Foto: Wilhelma Stuttgart

Mit der Adventszeit rückt oft für Familien auch die Wilhelma in den Blick: Viele planen traditionell einen gemeinsamen Besuch über den Jahreswechsel ein, andere verschenken zum Fest Eintrittskarten für den Zoologisch-Botanischen Garten in Stuttgart. So häufen sich in der Wilhelma derzeit die Anfragen, was unter Corona-Vorzeichen überhaupt möglich ist. Fest steht durch die Fortschreibung der Infektionsschutz-Maßnahmen, die Bund und Länder jetzt beschlossen haben, dass die Wilhelma, wie alle Freizeitangebote in Baden-Württemberg, bis mindestens 10. Januar vorsorglich geschlossen bleibt. Wann eine Möglichkeit besteht, den Park wieder zu öffnen und mit welchen Vorkehrungen, hängt von der Entwicklung der Infektionszahlen in den kommenden Wochen ab.

Die alte Eisbären-Anlage erhält beim Umbau zum Geparden-Gehege Rollrasen.
Foto: Wilhelma Stuttgart

Gutscheine für Tages- oder Jahreskarten sind jedoch jederzeit online erhältlich und bleiben über Jahre gültig. „Wer Wilhelma-Gutscheine verschenkt, stärkt uns aktuell den Rücken in schwierigen Zeiten und schafft bei den Beschenkten Vorfreude auf bessere Tage“, sagt Direktor Dr. Thomas Kölpin. „Denn wie es weitergeht, bleibt für uns genauso wie für unsere Besucherinnen und Besucher vorerst ungewiss.“ Die im November gültigen Restriktionen hätten nicht gereicht, um die zweite Ansteckungswelle zum Abebben zu bringen. „Daher sind weiter Geduld und Selbstbeschränkung gefragt“, so Kölpin. „Nicht zuletzt gilt es, auf diese Weise auch unsere eigene Belegschaft und die Tiere zu schützen.“ Mit einer ausführlichen Fotogalerie lässt die Wilhelma in der Zwischenzeit auf ihrer Internetseite die verhinderten Gäste Anteil nehmen, was sich hinter den geschlossenen Toren ereignet. Sie ist als kommentierte Bilderserie unter www.wilhelma.de unter „FotoImpressionen“ abzurufen.

Fasziniert betrachten die Alpakas ungewohnte Zaungäste: je ein Dülmener und Shetland-Pony vom Bauernhof.
Foto: Wilhelma Stuttgart

Die Wilhelma trifft die erneute Komplettschließung gleichwohl hart, da sie dadurch über Wochen und Monate keine Einnahmen hat, jedoch die Betriebskosten unverändert hoch bleiben. „Um die große Schar unserer seltenen Tiere und exotischen Pflanzen über die Runden zu bringen, dürfen wir keinen Tag in der Hege und Pflege nachlassen“, betont der Direktor. „Zum Glück fehlt es uns nicht an engagiertem Personal und auch das Futter für die 11.000 Tiere geht uns nicht aus. Aber wir verbrauchen rasch die Rücklagen, die für Investitionen in die Sanierung und Verbesserung der Anlagen benötigt werden.“

Ein Dschelada sitzt warm auf einem Mähnenspringer und krault ihn zwischen den Hörnern.
Foto: Wilhelma Stuttgart

Wer die Wilhelma unterstützen möchte, kann auf die Zukunft setzen und Gutscheine für Eintrittskarten unter den Weihnachtsbaum legen. Einen Boom erleben zudem Patenschaften für Tiere oder Pflanzen. Ihre Zahl ist in diesem Jahr um rund ein Drittel gestiegen. Kombiniert mit einer Jahreskarte lässt sich das Lieblingstier beliebig oft besuchen. Die Patenurkunde zur guten Tat macht sich ebenfalls gut als Präsent. Die Laufzeit der Jahreskarte startet nicht vor dem ersten Besuch und verlängert sich um die Dauer jeder Corona-Schließung.

Das Gegenlicht zeigt, wie der feuchte Atem der Netzgiraffe an der kalten Herbstluft kondensiert.
Foto: Wilhelma Stuttgart

Der Betrieb des Zoologisch-Botanischen Gartens geht natürlich weiter – auch wenn manches dabei ohne Publikum ungewöhnlich erscheint. Was sich im November getan hat, zeigt der Monatsrückblick in Bildern auf der Webseite: „Es ist schade, dass an diesen goldenen Herbsttagen keine Gäste dabei sein konnten“, sagt Kölpin. „Denn es waren besondere Stimmungen und zum Teil kuriose Szenen, die in dieser ruhigen Phase zu erleben waren. Manche Tiere beschäftigten sich ungenierter miteinander, andere gingen vorwitziger als sonst auf die wenigen Passanten an ihrem Gehege zu, wenn einmal Wilhelma-Mitarbeiter vorbeikamen.“

Wilhelma – Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart
28.12.2020