Welt-Nashorn-Tag am 22. September
Wilhelma-Aktion: Für das Sumatra-Nashorn wird es höchste Zeit
Als am 22. September wieder der Welt-Nashorn-Tag begangen wurde, war das kein Grund zum Feiern, sondern ein untrügliches Zeichen, dass die Tage der Nashörner gezählt sind. „Wenn sich nicht grundlegend etwas ändert und das schnell, wird es in naher Zukunft keine Nashörner mehr geben“, sagt Wilhelma-Direktor Dr. Thomas Kölpin. Der Zoologisch-Botanische Garten in Stuttgart informierte am Mittwoch über die dramatische Situation der Rhinozerosse und darüber, was zu ihrem Überleben getan werden kann.
Die Wilhelma engagiert sich seit 2019 als offizieller Strategischer Partner der Allianz zur Rettung des Sumatra-Nashorns. Bereits seit 2005 kooperiert sie mit der internationalen Organisation „Save the Rhino”. Mittlerweile konnte die Wilhelma rund 175.000 Euro in Projekte zugunsten dieser seltenen Huftiere investieren. Dank der Spenden der Besucherinnen und Besucher, die mit ihrer Eintrittskarte über den Artenschutz-Euro einen Beitrag leisten, ließ sich der Einsatz zuletzt deutlich erhöhen. Und das ist dringend erforderlich.
Das Nördliche Breitmaulnashorn gilt bereits als praktisch ausgestorben, weil weltweit nur noch zwei Kühe leben, die zudem keine Jungtiere mehr austragen können. Hier ruht die letzte Hoffnung auf künstlicher Befruchtung mit den eingefrorenen Spermien bereits gestorbener Bullen und einer „Leihmutterschaft“ von eng verwandten Südlichen Breitmaulnashörnern. Etwas besser, wenn auch nur ein wenig, sieht es bei den Sumatra-Nashörner aus, weil bei diesen die natürliche Vermehrung noch möglich ist, jedoch inzwischen unter erschwerten Bedingungen. Denn von dieser kleinsten der fünf heute noch existierenden Nashorn-Arten wird ein Restbestand von weniger als 80 Tieren vermutet, die versprengt auf verschiedenen Inseln Indonesiens leben und daher die wenigsten von ihnen zueinander kommen können. Das von der Wilhelma unterstützte Rettungsprogramm „Sumatran Rhino Rescue“ zielt darauf ab, die verbliebenen Tiere in drei naturnahen Reservaten zu konzentrieren, wo sie geschützt unter guten Bedingungen in intakten Lebensräumen zusammenfinden und Kälber aufziehen können.
Am Welt-Nashorn-Tag empfingen die Biologinnen und Biologen der Wilhelmaschule Jung und Alt vor dem Gehege von Panzernashorn Bruno zwischen 11 und 16 Uhr. Die Pädagoginnen und Pädagogen zeigten Anschauungsmaterial, wie Modelle des Nasenhorns, das die Tiere berühmt macht (aber auch wegen des Aberglaubens an seine Wunderwirkung gefährdet). Aufnahmen von Nashornstimmen sind zu hören. Spiele wie ein Quiz und Memory gaben die Möglichkeit, das eigene Wissen zu testen und kleine Preise zu gewinnen. Um einen persönlichen Eindruck von den Dimensionen zu bekommen, stand ein lebensgroßes Foto-Banner eines Sumatra-Nashorns bereit. Das bot auch die Chance für ein Erinnerungsfoto als bleibende Motivation, sich zu engagieren, damit das Nashorn künftig nicht nur noch in der Erinnerung existiert.
Wilhelma – Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart
28.09.2021
Botanische Sonderausstellung im Wintergarten
Chilis entscheiden durch ihre Schärfe selbst, wer sie frisst
Sind sie Gemüse, Gewürz oder Gefahrgut? An Chilis scheiden sich die Geister. Doch der Vergleich fällt auch schwer. Innerhalb der Pflanzengattung Capsicum könnten die Extreme nicht größer sein: von aromatisch-mild über würzig-pikant bis feurig-scharf – was noch untertrieben ist, aber für die Hochzüchtungen fehlen passende Worte. Die Wilhelma in Stuttgart zeigt in ihrer Chilipflanzenschau ab sofort bis zum 24. Oktober zirka 100 verschiedene Sorten. Rings um das große Oval im historischen Wintergarten stechen aus dem üppig-grünen Ambiente überall kräftige Farbtupfer hervor, die sich nicht an das Ampelschema Rot-Gelb-Grün des bekanntesten Vertreters, der süßlichen Gemüsepaprika, halten. Wer genauer hinguckt, findet sogar violette und schwarze Früchte. Dabei darf man nicht nur nach der klassischen Zipfelform Ausschau halten. Runde Beeren, lange Schnürsenkel oder kleine Glöckchen: Chilis gibt es längst genauso in kurioser Gestalt.
Ihre Vielfalt ist gewaltig und trügerisch. „Die Schärfe einer Chili ist weder an ihrer Farbe noch Form abzulesen“, sagt Fenja Baumgärtner, die im Zoologisch-Botanischen Garten die Chili-Sammlung betreut. Sicher ist nur, dass jede Frucht an ihrer Spitze weniger scharf ist als an ihrem Ansatz. „Die Schärfe konzentriert sich nicht, wie oft vermutet, in den Samen, sondern in der Plazenta und den weißlichen Scheidewänden, an denen die Samen sitzen“, erklärt die Zierpflanzengärtnerin. Jede ausgestellte Pflanze ist mit ihrem Schärfegrad ausgeschildert. Doch sprengen die Rekordhalter die klassische Zehnerskala. Für alles darüber hinaus bleibt nur ein ungewisses „10+“. Dagegen veranschaulicht das Maß in Scoville-Einheiten die Relation. Tabasco galt lange als ein Inbegriff für scharfe Würze. Cayenne-Pfeffer ist schon etwa zehn Mal schärfer, doch ist an der Weltspitze der „Carolina Reaper“ noch 44 Mal stärker als Cayenne-Pfeffer, gemessen am Capsaicin-Gehalt, der Substanz, die das brennende Gefühl von Hitze auslöst – zumindest bei Säugetieren, die sich die Pflanzen damit vom Leib halten.
Was es damit auf sich hat, zeigt ein Blick auf die aus Südamerika stammenden Wildformen. An diesen weniger auffälligen Pflanzen ist in der Schau gut zu sehen, dass die ursprünglichen Früchte klein bleiben, aufrecht nach oben wachsen und sich leicht vom Kelch lösen. So sind sie für Vögel gut abzupicken. Vögel spüren die Schärfe nicht, zermalen die Samen nicht im Schnabel und zersetzen diese nicht im Magen. Anders als Säugetiere scheiden sie so die Samen unverdaut andernorts wieder aus und verbreiten sie zum Vorteil der Pflanze. Erst die Menschen haben durch Züchtungen und Kreuzungen eine riesige Vielfalt daraus hervorgebracht, die mit fleischigen Früchten von den zierlichen Pflanzen baumeln. Die meisten Ausstellungsstücke sind einjährige Pflanzen, hinzukommen für die Gestaltung als Hochstämme auch zwei- und dreijährige. „Die Mehrjährigen blühen etwas früher, sind aber nicht ganz so ertragreich“, sagt Baumgärtner.
„Bei den Züchtern hat sich die Rekordjagd etwas gelegt“, berichtet sie. Der Carolina Reaper ist seit 2013 die Nummer eins, als er den Trinidad Moruga Scorpion ablöste. Mittlerweile konzentriert sich der botanische Ehrgeiz meist mehr auf besondere Farben und Formen. Die bleistiftdünnen Früchte der Sorte „Thunder Mountain Longhorn“ gehören zum Beispiel mit mehr als 30 Zentimetern zu den längsten der Welt. Nett anzuschauen ist zudem die Sorte „Elefant“, deren Frucht wie ein Rüssel geriffelt ist. Eine überbordend bunte Palette bieten die Habaneros: außer gelb und grün auch weiß, über senf- und lachsfarben weiter bis zu einem purpurnen oder schokoladigen Teint.
Viele Erklärtafeln, eine Schauwand mit einem Sortiment an Chili-Früchten aller Art sowie eine Vitrine mit beispielhaften Produkten, die mit Chili verfeinert sind, runden die Ausstellung ab. Scharfer Senf mit Chili liegt nahe. Schokolade mit Chili ist inzwischen verbreitet. Aber an einer scharfen Zahnpasta mit Chili scheiden sich die Geister vermutlich wieder. Sie soll gut für die Durchblutung des Zahnfleischs sein.
Wilhelma – Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart
28.09.2021
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