Wilhelma – Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart

Neue Gepardin bezieht umgebaute Anlage – Start in Programme für Zucht und Schutz der Tierart

Wilhelma und Förderverein fördern das Überleben der Geparden

Neuzugang Niara startet ihren allerersten Ausflug in die für sie komplett umgebaute Außenanlage des zusätzlichen Gepardengeheges.
Foto: Wilhelma Stuttgart

Noch setzt Neuzugang Niara ihre Pfoten im eigens für sie in der Wilhelma komplett umgebauten Außengehege vorsichtig voreinander. Doch markiert dies den Startschuss, dass der Zoologisch-Botanische Garten in das Rennen gegen das Aussterben der Geparden einsteigt. Gemeinsam mit seinem Förderverein strengt sich die Wilhelma an, in Stuttgart eine erfolgreiche Zucht der zusehends bedrohten Art aufzubauen und sich zugleich für bessere Lebensbedingungen in deren afrikanischen Herkunftsregion einzusetzen. „Für viele ist es schwer vorstellbar, dass selbst das schnellste Landsäugetier der Welt dem Schicksal des Aussterbens offenbar nicht entkommen kann“, sagt Wilhelma-Direktor Dr. Thomas Kölpin. „Doch die hochspezialisierten Katzen ziehen ohne unsere Hilfe im Konflikt zwischen Mensch und Tier um die gemeinsamen Lebensräume den Kürzeren. Weil Geparden gelegentlich Vieh reißen, stehen sie bei den Hirten auf der Abschussliste.“ Seit Anfang des 20. Jahrhunderts ist ihr Bestand auf gerade einmal ein Siebtel zusammengebrochen. Mit geschätzt weniger als 7500 Tieren sind die Geparden inzwischen stärker gefährdet als Löwen oder Leoparden in Afrika.

Für das Gesamtprojekt der Wilhelma hat der Verein der Freunde und Förderer zum einen 180.000 Euro in die Neugestaltung der früheren Eisbärenanlage investiert und damit einen großen Teil der Umbaukosten von 300.000 Euro getragen. Zum anderen gibt er zusätzlich 25.000 Euro für das Schutzprogramm des Cheetah Conservation Funds (CCF) in Namibia und möchte diese Summe bei gutem Erfolg jährlich aufbringen. Seit 25 Jahren züchtet der CCF in Namibia Herdenschutzhunde, die Hirten helfen, Angriffe von Geparden auf Zuchtvieh abzuwehren. Der Auswertung zufolge verzeichnen mehr als 90 Prozent der Viehhalter dadurch höchstens noch ein Fünftel der Viehverluste, manche gar keine mehr. Deshalb machen sie weniger Jagd auf die Raubtiere. Jeder Hirte, der einen Schutzhund erhält, verpflichtet sich im Gegenzug, bei Konflikten den Gepard zu verschonen, die Artenschützer zu informieren und ihnen die Umsiedlung der Katze zu ermöglichen. Mit den Beiträgen der Wilhelmafreunde kann der CCF die Ausbildung deutlich ausbauen und die Wartezeit auf einen solchen Wachhund voraussichtlich von vier auf zwei Jahre halbieren.

Nach dem obligatorischen Gesundheitscheck und ein paar Tagen zur Eingewöhnungsphase durfte Gepardin Niara das erste Mal das Außengehege erkunden.
Foto: Wilhelma Stuttgart

„Der Artenschutz in den Zoos und vor Ort gehört zusammen“, sagt der Vereinsvorsitzende Prof. Georg Fundel. „Wir wollen die Wilhelma darin unterstützen, beide Ziele parallel verfolgen zu können: den Bestand in Afrika zu sichern und in den Zoos eine Reservepopulation von Geparden aufzubauen, die sich selbst erhalten kann. Dafür sind die Fördergelder hier und dort ein guter Beitrag.“ Mit mehr als 32.000 Mitgliedern ist der größte Förderverein eines Zoos in Europa ein konstanter Rückhalt für die Wilhelma und ihre Weiterentwicklung.

Der Investitionszuschuss half der Wilhelma dabei, optimale Zuchtbedingungen zu schaffen und die frühere Eisbärenanlage zu einer zweiten Landschaft für Geparden zu gestalten. Das angestammte Gehege an dem Aussichtspavillon Belvedere bleibt erhalten. Denn die Zoologen haben beobachtet, dass sich Nachwuchs am ehesten einstellt, wenn man – außer zur Paarung – die Katze räumlich getrennt von den Katern hält. „In der Natur sind Gepardinnen einzelgängerisch, die Männchen leben dagegen häufig in Gruppen mit einem oder mehreren anderen Katern zusammen – häufig handelt es sich um Brüder“, erklärt die Raubkatzen-Kuratorin Dr. Ulrike Rademacher. „Hält man beide Geschlechter ständig zusammen, verlieren sie das Interesse aneinander, wie man heute weiß.“ So ist zu verstehen, dass es bislang in der Wilhelma nie Geparden Nachwuchs gab.

Als potenzielle Eltern bekommt zudem eine neue Generation eine Chance. Ihre Vorgänger, Twist und Tana, waren 2019 innerhalb eines halben Jahres in fortgeschrittenem Alter mit 14 beziehungsweise 16,5 Jahren kinderlos gestorben. Auf Empfehlung des Europäischen Erhaltungszuchtprogramms (EEP) kamen Ende 2019 die beiden Brüder Haraka und Zawadi aus dem Zoo La Boissière du Doré bei Nantes nach Stuttgart. Sie residieren am Belvedere. Aktuell ist nun die von dem Zuchtkoordinator als optimale Partnerin ausgewählte Gepardin Niara aus dem Zoo Salzburg eingetroffen. Nach einem obligatorischen Gesundheitscheck durfte die knapp Dreijährige jetzt erstmals ihr neues Reich betreten.

Nun soll sich Niara zunächst in Ruhe eingewöhnen und erst später im Jahr Herrenbesuch empfangen. Bis dahin sind auch die letzten Maßnahmen abgeschlossen, die sich über den Winter nicht fertigstellen ließen. So soll die neue Gepardenanlage als Highlight einen eigenen Aussichtspunkt erhalten. Gesichert durch ein Netz, das derzeit installiert wird, kann Niara dann vom Dach des Innengeheges über die Bärenfelsen und die historischen Gebäude der Wilhelma blicken. Ihre künftigen Partner Haraka und Zawadi am Belvedere wird sie dagegen von dort nicht erspähen können. Schließlich ist die Trennung gewollt.

Wilhelma – Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart
24.02.2021

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