Eindrücke von einer Reise zur Regenbogennation

Geschrieben von Matthias Schneider am 16. April 2020.

Im März 2020 hatte ich zum wiederholten Male Gelegenheit Südafrika zu bereisen, wobei es mir glücklicherweise gelang kurz vor den Corona-bedingten Quarantänebeschränkungen die Heimreise anzutreten, ohne auf Mitwirkung und Wohlwollen des Außenminister-Darstellers Heiko M. angewiesen zu sein.

In Kürze einige Schlaglichter.

1. Der Duft der großen weiten Welt

Vom deutschen Konsulat, wo wir uns über mögliche Restriktionen bei der Rückreise nach Deutschland erkundigten, sind es zu Fuß etwa 15 Minuten bis ins touristische Zentrum Kapstadts, zur Long Street, City Hall oder dem Castle of Good Hope.

Auf dem Weg dorthin folgten wir, ortsunkundig und ohne Karte, grob unserem Orientierungssinn, wohl wissend, daß Kapstadt neben Johannesburg weltweit ganz oben rangiert und zwar auf der Skala der gefährlichsten Städte bei Mord und Totschlag. https://www.spiegel.de/politik/ausland/suedafrika-warum-kapstadt-eine-der-gefaehrlichsten-staedte-der-welt-ist-a-1281263.html

So führte uns der Zufall im Zentrum dieser glanzvollen Metropole durch Straßenzüge, entlang derer die Ärmsten der Armen auf dem Bürgersteig, leer stehenden Grundstücken oder Einfahrten in Zelten oder Pappschachtelbehausungen campieren. Der stechende Uringestank, welcher uns begleitete ließ darauf schließen, daß dies kein Ausnahme, sondern ein Dauerzustand ist.

2. Die Vielfalt der Verbotsschilder

Homogene Gesellschaften haben den erfreulichen Nebeneffekt, daß es allgemeingültige, ungeschriebene Regeln gibt, an die sich fast jeder hält, ohne daß es großer Umstände bedürfte. Im Verlauf der Erziehung in Schule und Elternhaus wird dem Heranwachsenden vermittelt was sich gehört und was nicht.

In den von Vielfalt geprägten multikulturellen Gesellschaften, die vom linksgrünen Establishment als fortschrittlich und zukunftsweisend angepriesen werden, ist es mit dieser stillschweigenden Übereinkunft vorbei. Daraus machen deren Apologeten keinen Hehl.

Schon 2015 wurden wir von der damaligen Integrationsbeauftragten A. Özoguz (SPD) belehrt, daß in einer vielfältigen Gesellschaft das Zusammenleben täglich neu ausgehandelt werden müsse. Da es aber äußerst ermüdend und unproduktiv ist, täglich aufs Neue, wegen jeder Angelegenheit mit Gott und der Welt in zähen Verhandlungen eine Übereinkunft zu finden, greift die Obrigkeit zu anderen Methoden, um den Minimalkonsens des Erlaubten einzufordern. Z.B. durch Verbotsschilder mit eindeutigen Hinweisen in bildhafter Darstellung, weil verbreiteter Analphabetismus auch ein Merkmal der multikulturellen Fortschrittsgesellschaft ist.

Zur Verdeutlichung sehen sie einige Schilder, denen wir in Kapstadt und Johannesburg begegneten.

3. Besser planmäßiger Lastabwurf als kompletter Blackout

Wer geglaubt hat mit Abschaffung der Apartheid und dem viel gepriesenen Übergang in ein multikulturelles Utopia, genannt „Regenbogennation“, wird sich alles zum Besseren wenden, wird durch die Realitäten enttäuscht, vorausgesetzt man ist bereit diese zu akzeptieren. Die Apartheid existiert nach wie vor, nur in anderer Form. In Verwaltung und Wirtschaft werden per Gesetz rigoros Zwangsquoten umgesetzt, wobei die Hautfarbe mehr zählt als die Eignung und naturgemäß die Weißen benachteiligt sind. Die Folge ist flächendeckende Ineffizienz in Verwaltung und Wirtschaft, einhergehend mit dauerhafter Notstandsverwaltung bei wichtigen Versorgungseinrichtungen, wie z.B. der Energieversorgung. In Kapstadt und im richtigen Leben sieht das konkret so aus, daß es täglich zu Lastabwürfen (load shedding) kommt. Dabei werden ganze Stadtteile planmäßig stundenlang vom Netz genommen, um einen Zusammenbruch des gesamten Stromnetzes (Blackout) zu vermeiden. In den 70er und 80er Jahren war Südafrika eine prosperierende Industrienation, heute ist eine Metropolregion wie Kapstadt nicht in der Lage dauerhaft seine Stromversorgung sicher zu stellen.

4. Apartheid heute

Während der Tage in Johannesburg traten gerade die ersten Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie in Kraft, weshalb fast alle Angebote des touristischen Zeitvertreibs verboten wurden. Auch die Museen wurden geschlossen und somit ein Besuch des Apartheidmuseums unmöglich.

Wir buchten daher eine mehrstündige Stadtrundfahrt, die uns einen bleibenden Eindruck von den Ausprägungen der Apartheid der Gegenwart vermitteln sollte. Apartheid heute, nicht als die organisierte Trennung von Rassen, sondern als die offensichtliche Trennung zwischen superreich und bettelarm.

Alexandra, laut unserem Führer vom Stamme der Zulu, das ärmste Viertel der Region, darf ohne Übertreibung als Slum bezeichnet werden. Dreck, Elend und ein Gewimmel schwarzer Jammergestalten wohin man blickt. Immerhin gab es einen großen Supermarkt, aber auf meine Frage, ob ich als Weißer dort etwas einkaufen könnte, riet unser Führer entschieden ab: „Man wir dich verfolgen und ausrauben, wenn du Pech hast kommst du nicht lebend raus.“

Szenen-bzw. Stadtteilwechsel: Um nach Melrose zu gelangen, muß man einen Wachposten passieren. Gated Communities, d.h. in sich abgeschlossene, größere Wohnanlagen mit Pförtnerhäuschen kannte ich schon seit meinen USA-Besuchen aus den 80er Jahren. Das hier war etwas Neues, etwas ganz Anderes. Nämlich ein Gated Towndistrict, ein rundum eingegrenztes und gesichertes Stadtviertel.

Hier wohnen die Schönen, die Reichen und die ganz schön Reichen, rund um die Uhr bewacht. Wohin das Auge blickt, blitzblanke, saubere Straßen, Nobelrestaurants, Prunk und Protz, Luxusgeschäfte und Nobelvillen hinter hohen Mauern und großen, schmiedeeisernen Toren.

5. Eine Wachstumsbranche

Wohlhabende Bevölkerungsschichten findet man in Südafrika fast überall und weil sich die Polizei den Ruf erworben hat ebenso korrupt wie unzuverlässig zu sein, gibt es einen Wirtschaftszweig, der seit Ende der Apartheid atemberaubende Wachstumszahlen vorzuweisen hat. Die Rede ist vom privaten Sicherheitsgewerbe. Wenn der Staat nur noch in begrenztem Umfang in der Lage ist die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten, öffnet sich ein Markt für Sicherheitsunternehmen, um Dienstleistungen und technische Ausstattung zur Absicherung privater und gewerblicher Immobilien anzubieten.

Abseits der Slums, wo die Bessergestellten, die sog. Mittelschicht wohnt, ist fast jedes Haus mit einer hohen Mauer, Elektrozaun und Alarmanlage ausgestattet.

In ihrer Vielfalt (da ist es wieder das glückselig machende Modewort) schier unüberschaubar, sind die zahlreichen Sicherheitsdienste, deren Schilder an den Häusern hängen, gleichwohl als Werbung, insbesondere aber zur Abschreckung krimineller Einbrecherbanden.

„Armed Response“, zu Deutsch „Bewaffnete Reaktion“ ist der Kern des Leistungsversprechens.
Statt Polizeistreifen fahren private Sicherheitsdienste Patrouillen und wenn ein Alarm ausgelöst wird, kommen keine zittrigen Rentner von der Wach-und Schließgesellschaft, sondern bewaffnete, hartgesottene Haudraufs, die im Zweifelsfall zuerst schießen und erst dann Fragen stellen, wenn die Betroffenen keine Antwort mehr geben können.

6. Im alten Zentrum von Johannesburg

Als ich 1989 zum ersten Mal in Johannesburg weilte, wohnte ich in einem Hotel im Zentrum, mietete in der Nachbarschaft ein Auto und bewegte mich zu jeder Tages- und Nachtzeit in der Öffentlichkeit mit der gleichen Selbstverständlichkeit und einem Gefühl der Sicherheit, wie ich dies in Deutschland in jeder x-beliebigen Großstadt getan hätte. Die Zeiten sind lange vorbei und zwar endgültig. Mit dem Ende der Apartheid und der konsequenten Abschaffung der Passgesetze und Freizügigkeitsbeschränkungen, setzte eine unkontrollierte Massenmigration in die Großstädte ein, Abermillionen wanderten in die Metropolen, getrieben von der Hoffnung, dort in Kürze zu Wohlstand zu kommen. Städte wie Johannesburg wurden regelrecht überschwemmt und binnen weniger Jahre zu unkontrollierbaren Zonen. Die öffentliche Ordnung schwand im gleichen Maße dahin wie Wohnungsnot, Gewaltkriminalität und allgemeines Chaos zunahmen. Touristen und Geschäftsleute, die gewohnt waren im Zentrum von Johannesburg zu logieren, konnten ihre Hotels nicht mehr verlassen, weil das Risiko ausgeraubt zu werden oder anderweitig ein unerfreuliches, gewaltgeladenes Reiseabenteuer zu erleben, einfach zu groß war.

Das Carlton-Hotel, Teil des Carlton-Centers, mit insgesamt 800 Betten wurde schon 1997, also drei Jahre nach Beginn des glückseligen Regenbogenzeitalters geschlossen, mit einem hohem Stahlzaun gegen unbefugten Zutritt gesichert und steht seitdem leer. Nur eines von vielen, einst namhaften und großen Hotels im alten Stadtzentrum, die ohne Kundschaft nicht mehr gewinnbringend operieren konnten.

7. Der Ponte-Tower

Mitte der 70er Jahre erbaut, war er einst das höchste und modernste Wohnhaus im südlichen Afrika und Sinnbild für zukunftsweisenden Fortschritt. In dem zylindrischen Hochhaus mit 54 Stockwerken wohnten gut situierte weiße Familien. In seiner architektonischen Gestaltung war er etwas Besonderes, zylindrisch wie ein dickwandiges Rohr, mit einem runden Innenhof, der sich über die ganze Höhe erstreckte.

Im Zuge der schon erwähnten Wohnungsnot und dem sich ausbreitenden Chaos wurde der Ponte-Tower besetzt, von Gangsterbanden kontrolliert und zu einem Zentrum für Drogenhandel, Prostitution und Kriminalität jeglicher Art. Die neuen Bewohner entsorgten ihren Müll einfach zum Fenster hinaus in den Innenhof, wo er sich bis zu einer Höhe von 13 Stockwerken (ca. 39 Metern!) stapelte.

Heute ist er eine Touristenattraktion, um sich was anzuschauen?

Jo-burg von oben, ein Symbol der Regenbogennation oder das in Beton gegossene Endstadium von „Bunt und Vielfalt“, oder…? Ein jeder urteile selbst.

https://www.spiegel.de/reise/suedafrika-ponte-tower-wird-zur-touristenattraktion-a-58c04dab-d118-4a72-b17d-5875fb27b26c

Nachwort:

Im November 2018 besuchte Präsident Steinmeier Südafrika, im Gegensatz zu mir nicht auf eigene Faust, sondern wie bei Staatsbesuchen üblich, entlang roter Teppiche, diplomatischer Lobhudeleien und Programmpunkten aus dem Schatzkästchen multikultureller Lebensart.
In seiner Rede empfahl er Südafrika als ein Vorbild für Deutschland, indem er sinngemäß sagte:

„Die Regenbogennation Nelson Mandelas ist ein Traum, für den es sich zu kämpfen lohnt! EinTraum, der andere inspiriert – auch uns!“

„Reisen bildet“, so sagt eine Weisheit, die allerdings nicht für jedermann zuzutreffen scheint.

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